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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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so wiedersehen, würden die mir unbekannten Cousins und Cousinen das morgen sagen? Du hast ihn allein gelassen, würden sie das sagen? Er hat nie mehr von dir geredet. Nein, würde ich sagen, das war anders, und verstummen. Ich gehe in die Küche, ich hole eine Flasche Wein. Als ich zurückkomme, sehe ich, dass Friedrich angerufen hat. Ich schalte das Handy aus.

    Weißt du noch, wie es bei uns zu Hause war?
    Allein euer Vorzimmer, sagt Hubert, war größer als die Wohnung meiner Eltern, nein, sage ich, doch, sagt er, hast du denn nicht gewusst, woher ich komme?
    Wie meinst du das, woher du kommst?
    Einfachste Verhältnisse, sagt er, so hat das deine Mutter genannt, einfachste Verhältnisse. Hat das dein Vater nie erwähnt?
    Nein, sage ich, aber so etwas hat für ihn keine Rolle gespielt.
    Für deine Mutter schon, sagt Hubert. In meiner Familie gab es das nicht, Tanz, Oper, Kunst, Geschichte, es wäre auch kein Geld dagewesen für so etwas. Die Mutter ging manchmal in die Leihbibliothek. Was für dich normal war, eine Villa, Gemälde an den Wänden, Biedermeiermöbel, der riesige Park, das kannte ich aus dem Fernsehen oder aus den Romanen, die die Mutter las. Das hat mich eingeschüchtert, bis zum Schluss. Bücher, sagt Hubert. Als ich die Bücher entdeckt habe, hätte ich weinen mögen, dass es noch etwas anderes gab als das, was ich kannte. Dem Vater gefiel es nicht, dass ich anders war als die Geschwister, er versteht heute noch nicht, was ich tue. Er soll arbeiten gehen, hat er gesagt. Die Mutter hat durchgesetzt, dass ich aufs Gymnasium kam. Ich bin es ihr schuldig, das habe ich immer gewusst, dass ich das Beste aus mir mache.
    Wir gehen die Allee an der Fernstraße entlang, die zum Artemision führt. Hubert geht sehr schnell, ich muss fast laufen, um mit ihm mitzuhalten.
    Deiner Mutter habe ich Blumen mitgebracht, weil ich dachte, das muss so sein. Meiner Mutter nie, sie hätte es auch nicht gewollt.
    Ich erinnere mich an die Sträuße, die Hubert manchmal mitgenommen hat, kleine Sträuße, und wie er sie meiner Mutter gegeben hat. Sie hat sie mit einem gekräuselten Lächeln entgegengenommen, Blumen mit Papier, hat sie gesagt, kopfschüttelnd, wenn Hubert wieder weg war, hat er denn keine Kinderstube? Manchmal hat die Mutter vergessen, die Blumen in eine Vase zu geben, dann habe ich sie gefunden, in der Küche oder noch im Vorzimmer. Hubert muss es gesehen haben.
    So aufwachsen wie du, sagt Hubert und bleibt stehen. In einer Villa, unter lauter schönen Sachen, einen geistreichen Vater haben, eine Künstlerin als Mutter, verwöhnt werden, etwas Besonderes sein, wie ist das?
    Ich weiß nicht, sage ich. Dass Hubert sich sehnen könnte nach meinem Leben, daran habe ich nie gedacht. Ich weiß nicht, sage ich noch einmal. Es hat ja dann auch ein Ende gehabt.
    Ich recke Hubert mein Kinn entgegen. Er soll mich jetzt nicht fragen, aber Hubert nickt nur und wir gehen weiter die Allee entlang.
    Ich bin immer danach beurteilt worden, woher ich kam, sagt Hubert. Dein Vater war der Erste, dem das gleichgültig war. Er hat mir das Leben gerettet, weißt du das, auf mehr als eine Art. Deine Mutter, sagt Hubert, dann bricht er ab, nein, sagt er, vergiss das, entschuldige.
    Die Mutter konnte ganz schön gemein sein, sage ich zu Hubert.
    Nein, sagt Hubert, so habe ich das nicht gemeint. Ich schätze, sie hat mich nicht für voll genommen. Kein Wunder, ich hab mich schrecklich vor ihr gefürchtet.
    Gefürchtet, sage ich.
    Ja, sicher, sagt er, Tänzerin, und dann, sie war kapriziös und unglaublich schön, er lacht ein wenig verlegen. Ich hab den Mund nicht aufgekriegt, wenn sie da war.
    Hast du sie gemocht?
    Wie meinst du?, fragt Hubert. Ich weiß nicht, sagt er dann, mögen, das ist keine Kategorie für deine Mutter.
    Unglaublich schön, denke ich, er hat sie doch kaum angesehen, wenn wir bei Tisch saßen.
    Du bist mehr wie dein Vater, sagt Hubert nach einer Weile, als hätte ich ihm eine Frage gestellt.
    Also nicht so schön, sage ich.
    Hubert seufzt, er bleibt stehen. Er schiebt mich ins Licht einer Straßenlaterne. Du musst wissen, dass du schön bist, sagt er. Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, aber du bist nicht deine Mutter.
    Er dreht sich um und geht den Weg zurück. Immer noch, es muss schon nach Mitternacht sein, brausen die Autos vorbei, ihre Lichter schweifen über die Pärchen, die unter den Maulbeerbäumen sitzen. Ist das gut?, frage ich Hubert, atemlos, weil er so schnell geht. Dass ich nicht so bin, ist

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