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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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Stadt?
    Problem?, fragte der Kommissar, no problem, sagte Hubert.
    Dann war ein Moment, in dem alles stillzustehen schien. Ana, sagte Hubert, er zog mich zu sich. Als hätte es ihm die Sprache verwirrt, stammelte er etwas. Vorsichtig tastete er über mein Gesicht, du, sagte er, ich muss mich wieder um die Göttin kümmern, ein Lachen sprang auf, es ist die Göttin, rief er. Auf dem Hügel, unter den Bäumen, stand jemand, der uns beobachtet hatte.
    Hubert küsste mich und ging zur Grube zurück, wo Arbeiter begonnen hatten, Holzplanken auszuladen. Mein Vater kam langsam den Hügel herunter. Er war auf halbem Weg, als Hubert ihn sah. Richard, rief er, das musst du sehen, Richard. Er stürzte, als wäre nie etwas zwischen ihnen gewesen, auf meinen Vater zu, er packte ihn am Arm, er zerrte ihn zur Grube und redete ununterbrochen auf ihn ein. Du wirst es nicht glauben, sagte er, doch, du schon, Richard, es gibt keinen Zweifel, es ist das Xoanon, ich bin mir sicher, es ist das Xoanon, das bei der Überschwemmung, du erinnerst dich, verloren gegangen ist. Sie liegt in der Schwemmschicht, Richard, und sie hat ein Gesicht, anders, als wir es uns gedacht haben. Du musst sie dir anschauen, sie ist wunderschön, Richard, und stell dir vor, fast hätten wir schon zugemacht, ich hab gesagt, wir machen zu, stell dir das vor, dann hat es klonk gemacht. Wir haben es alle gehört, nie werde ich das vergessen, ich habe gewusst, jetzt sind wir auf etwas gestoßen. Sieh sie dir an, Richard, sie ist wunderschön.
    Mein Vater ließ sich von Hubert zur Grube zerren, er stieg in die Grube, er hob die Folie, die den Fund bedeckte, er beugte sich über das, was schwarz aus dem Boden ragte. Dass er es hätte sein sollen, der sie ausgrub, der sie ans Licht hob, jede seiner Bewegungen sagte das. Sehr sorgsam zog er die Folie wieder über das Holz. Seine Hände zitterten, als er sich aufrichtete.
    Richard, sagte Hubert, lass uns das gemeinsam machen.
    Der Blick des Vaters glitt über ihn, über mich, du bist nicht in der Position, mir Angebote zu machen, sagte er. Du täuschst dich wieder einmal über deine Position. Und du, sagte er zu mir, was hat er aus dir gemacht? Wälzt dich in seinem Bett. Weißt du denn, wer er ist? Eine Lügnerin bist du, eine Betrügerin.
    Dann ging er und es gab nichts, das ich ihm hätte sagen können.
    Die Welt war mir weit weggerückt. Kann ich dir helfen, sagte ich zu Jan, bitte. Jetzt nicht, sagte er, das muss ich mit einem andern machen.
    Weil ich im Weg war, zog ich mich zurück. Asyl, dachte ich, ein rettender Platz, das war hier gewesen. Gaben für die Göttin, Wollbinden, weißes Leinen, weiße Wolle, die das Opfertier schmückte, weiße Fäden im Grün der Bäume, wie Haare, alles kann eine Gabe für die Göttin sein. Wie vor langer Zeit zwei Bäche durch den heiligen Bezirk geflossen waren. Ihr Wasser hatte das Blut vom Altar gewaschen.
    Wie taub war mein Körper, als wäre mir ein Vorhang vor die Augen gefallen. Ich nahm meinen Zeichenblock, die Stifte, it is a miracle, sagte der Kommissar, ich wünschte mir, es hätte nie ein Wunder gegeben.
    Hubert, der sich sehr aufrecht hielt. Manchmal kam er vorbei und verschlang einen Bissen von etwas, trank in gierigen Zügen Wasser, sie ist schön, sagte er. Wie ich, wie vermessend, Punkte fixierte, das Eck einer Mauer, die Kante einer Bodenplatte, wie ich mich zwang, einen gleichgültigen Stein, eine gleichgültige Mauer zu zeichnen, während sie drüben im gleißenden Licht daran arbeiteten, die Göttin zu heben. Die Welt war ein gleichgültiger Ort und ich wusste nicht, wie ich mich einrichten sollte in ihr.
    Am Abend, Scheinwerfer tauchten den Platz in ein Licht, setzte sich Hubert zu mir. Es dauert noch eine Weile, sagte er. Wir haben uns so weit an sie herangearbeitet, dass wir jetzt den Block abstecken können. Wenn wir sie herausheben, das ist ein kritischer Punkt. Willst du sie sehen?, fragte Hubert, sie ist schön.
    Ich weiß nicht, sagte ich.
    Es tut mir leid, sagte Hubert, was dein Vater gesagt hat.
    Das muss es nicht, ich zuckte die Schultern. Dann bin ich eben wieder ohne ihn.
    Er beruhigt sich wieder, sagte Hubert, du bist seine Tochter.
    Weißt du immer noch nicht, wie er ist. Ich stand auf. Zeig mir die Göttin, sagte ich.

    Haschen nach Wind, sagt der Pfarrer. Was für eine schöne Tätigkeit, sagt er, den Wind zu haschen, wie es Kinder tun. Einfangen, was uns entfliehen wird, das ist es, was wir tun auf Erden.
    Berufsbedingt, sagt der Pfarrer und

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