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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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Schmerz?, fragt der Pfarrer. Und wann ist denn ein Leben gelungen?

    Den Rest der Woche bin ich Hubert aus dem Weg gegangen, das war einfach, wenn ich nicht zum Frühstück und nicht zum Abendessen ging. Tagsüber war ich in der Stadt, der Vater schien sich zu freuen, dass ich bei ihm war. Ich möchte ein wenig allein sein, sagte ich am Abend und blieb im Hotel, mir ist das alles grad ein bisschen zu viel, sagte ich. Du gehörst hinaus, sagte der Vater, Ilse sah mich mit gerunzelter Stirn an.
    Die Tage waren leer, die Nächte habe ich kaum ertragen. Ich wusste nicht, ob Hubert bei der Mauer wartete, vielleicht, dachte ich, vielleicht schläft er mit einer anderen, mit vielen anderen, mit den Studentinnen, mit den neuen, warum auch nicht. Es gibt da auch nichts zu verstehen, hatte er gesagt, und was ging es mich an, mit wem er schlief.
    Und warum sollte es etwas bedeuten, in jemanden hineinfallen, in jemanden hineinstoßen, ein Fieber in der Nacht und ein Begehren. Du wirst es schon noch sehen, hatte die Mutter gesagt. Wie konnte er, das quälte mich, mit Frauen schlafen, die er nicht liebte. Die Mutter lachte leise in meinem Kopf.
    Am Freitagnachmittag bin ich ins Artemision gegangen, dort bin ich eine Stunde lang unter den Olivenbäumen gesessen. Stefan und Barbara haben mir zugewinkt, Hubert kniete am östlichen Eck des Peripteros, er sah auf, er arbeitete weiter. Eine Stunde saß ich unter den Bäumen und sah den Schatten zu, die länger wurden, das Asyl der Göttin war hier gewesen, im Temenos, im heiligen Bezirk. Unter den Bäumen saß ich, eine Schar Gänse schnatterte vorbei und manchmal, wenn ich nicht hinsah, blinkte etwas in den Zweigen, im Laub, ein Glöckchen klingelte und ein Vogel schrie. Alles kann eine Votivgabe sein, hörte ich den Vater sagen. Bevor ich ging, nahm ich die Kette, die ich um den Hals trug, und flocht sie in die Zweige.
    Im Grabungshaus hat der Vater gewartet, ungeduldig. Ich hatte vergessen, dass wir nach Troja fahren wollten, über Pergamon nach Troja, ein Wochenende weg vom Grabungshaus, hatte der Vater gesagt, das wird uns guttun. Beeil dich mit Packen, sagte er, viel brauchst du ja nicht, wir sind so weit.
    Ich kann nicht, habe ich gesagt, ich fühl mich nicht so gut, das ist mir alles zu viel.
    Das ist der Lagerkoller, sagte er. Pack jetzt, du wirst sehen, sobald wir unterwegs sind, geht es dir besser.
    Ich bin in Tränen ausgebrochen, weil er mich nicht bleiben lassen wollte, da hat er mir nachgegeben, ungeduldig, enttäuscht.
    Das ist doch deiner nicht würdig, hat Ilse gesagt, als ich mit ihr allein war, weil der Vater noch schnell ins Büro gegangen war.
    Was meinst du?
    Dass du deinen Vater belügst, denkst du, das weiß ich nicht, um mit Hubert, sie verzog das Gesicht, das ist deiner nicht würdig. Und das hat dein Vater nicht verdient.
    Aber, sagte ich, das ist es nicht, und ich wusste im selben Moment, dass sie recht hatte.
    Dann war ich lange im Hof der Moschee, und als dann über der Moschee der Mond aufging, silbern, da bin ich ins Grabungshaus zurückgegangen. Ich wusste, wo Huberts Zimmer war, vielleicht ist er gar nicht da, dachte ich, das Haus war so ruhig. Er hat aber die Tür geöffnet, was machst du hier?, hat er gefragt, unfreundlich, was willst du? Ich hatte keine Antwort.
    Hör mal, hat er schließlich gesagt, wir wissen beide, dass es zu kompliziert ist, und du reibst dich auf zwischen deinem Vater und mir. Wozu soll das gut sein? Du solltest wieder gehen, sagte Hubert. Es ist das Beste, wir beenden das hier und jetzt, und in ein paar Wochen, du wirst sehen, ist es, als wäre nichts gewesen. In der Zeit, die du noch hier bist, wirst du nicht viel von mir sehen müssen, das lässt sich ja einrichten.
    Aber das ist es nicht, sagte ich.
    Wie, das ist es nicht, sagte Hubert.
    Es ist nicht wegen der Sache mit dem Vater.
    Weswegen dann?
    Ich zuckte die Schultern. Es ist wegen der Frauen, sagte ich.
    Wegen der Frauen, wiederholte Hubert.
    Ja, sagte ich. Wegen der Frauen, mit denen du schläfst, einfach so.
    Ana, sagte Hubert, ich unterbrach ihn.
    Nein, sagte ich, lass mich das jetzt sagen. Ich holte Luft. Ich will nicht, sagte ich und mein Atem brannte mir in der Kehle, ich will nicht für dich jemand sein, der dir gleichgültig ist. Ich will nicht jemand sein, den du austauschen kannst, einfach so, und weil es egal ist und keinen Wert hat.
    Hubert rührte sich nicht und sein Gesicht war mir verschlossen.
    Ich liebe dich. Vielleicht weißt du das nicht, sagte ich,

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