Sommer in Maine: Roman (German Edition)
Bauch ein und beschloss, die Hose anzubehalten. »Es muss toll sein, wenn man jederzeit kurz ins Haus gehen kann, um sich was zu essen zu holen oder sich umzuziehen.«
Ann Marie nickte: »Ja, besonders mit den Enkeln ist das praktisch. Während sie im Haus ihr Schläfchen halten, kannst du dich mit dem Babyfon an den Strand legen.«
»Das nenne ich Urlaub!«
»Nicht wahr?«
Dann floss die Sonnencreme in Strömen, und die beiden Frauen rieben sich die weiße Flüssigkeit über Arme und Beine, bis nur noch eine durchsichtige, glänzende Schicht zurückblieb.
»Wie ich meine irische Haut liebe«, sagte Linda lachend.
»Wem sagst du das«, antwortete Ann Marie. »Und, was hab ich in Newton verpasst?«
»Nicht viel«, sagte Linda und griff nach der Weinflasche. »Darf ich?«
»Sicher doch«, sagte Ann Marie. Es war zwar erst elf Uhr, aber egal. Schließlich hatten sie Urlaub.
Während sie einschenkte, sagte Linda: »Es wird gemunkelt, dass Josephines Mann sie verlassen wird.«
»Ted? Nicht im Ernst!«
»Doch, doch. Aber du wirst nicht glauben, für wen.«
»Oh Schreck.«
»Die Babysitterin. Studentin an der Tufts Uni.«
»Arme Josie!«
»Oh ja. Und ich hab gleich zu Steve gesagt: Solltest du mich je so erniedrigen, werden sie deine Leiche nie finden.«
Die beiden Frauen kicherten, obwohl Ann Marie die Frage durch den Kopf schoss, ob Linda ahnte, dass sich zwischen ihr und Steve etwas anbahnte. Wollte sie Ann Marie warnen? Der Gedanke gefiel ihr.
Dann plauderten sie über die Kinder, tratschten über die Nachbarn und bemerkten, wie schnell der Sommer doch verging.
Irgendwann griffen sie nach den Zeitschriften, redeten über Promis und lasen sich gegenseitig die witzigsten Geschichten vor. So verging eine angenehme Stunde. Aber dann brach Kathleen in die Ruhe ein, als hätte sie gewittert, dass Ann Marie gerade besonders entspannt war.
Ann Marie hatte sie nicht kommen hören, aber plötzlich sagte Linda unsicher: »Oh, Hallo!«
Als Ann Marie aufblickte, stand Kathleen in kurzen Hosen und T-Shirt über ihnen. Unter ihrem Arm klemmte zusammengerollt eines der schäbigen braunen Handtücher aus dem Wäscheschrank im alten Sommerhaus. So eines würde Ann Marie nie benutzen. Sie kaufte jedes Jahr im Sommerschlussverkauf neue Handtücher für die nächste Saison in Maine.
Am liebsten hätte sie Kathleen verjagt, aber stattdessen sagte sie: »Linda, das ist meine Schwägerin Kathleen.«
»Oh!«, sagte Linda und legte die Hand aufs Herz. »Ich wusste nicht, dass Sie zur Familie gehören! Sie haben mich im ersten Augenblick ein bisschen erschreckt!«
Das Erschreckende ist ja gerade, dass sie zur Familie gehört , dachte Ann Marie.
»Was treibst du so?«, fragte sie Kathleen in gespielt fröhlichem Ton.
»Spazierengehen«, sagte Kathleen. »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich am Strand spaziere, oder? Schließlich ist jetzt Juli.«
Okay, jetzt geht’s los.
»Setzen Sie sich doch kurz zu uns!«, sagte Linda.
Kathleen hob eine Braue: »Okay.«
Sie breitete ihr Handtuch vor ihnen aus und setzte sich mit dem Rücken zum Meer vor sie hin.
»Wein?«, fragte Linda.
Ann Marie zuckte zusammen, aber Kathleen war anscheinend nicht in der Stimmung, ihnen eine Predigt zu halten.
»Für mich nicht, danke«, sagte sie höflich. Wow! Was ist denn mit der los?
»Und wo steckt Maggie?«, fragte Ann Marie und fügte zu Linda gewandt hinzu: »Meine Nichte.«
»Meine Tochter«, sagte Kathleen. »Im Neubau. Sie arbeitet. Aber ich musste da raus. Maggie hängt am Telefon und redet über Mord und Totschlag und Alice qualmt wie ein Schlot. Sagen wir einfach, es war mir ein bisschen eng. Und Sie, Linda? Woher kennen Sie meinen Bruder und Ann Marie?«
Ann Marie hatte ihr zwar schon erzählt, dass sie Nachbarn waren, aber sie sagte trotzdem noch einmal: »Wir wohnen im gleichen Block.«
»Aha, noch ein paar Newtonianer«, sagte Kathleen.
Vielleicht musste man Kathleen besser kennen, um zu wissen, dass das eine abfällige Bemerkung war, aber Linda sagte nur fröhlich: »Ganz genau. Wir sind zusammen im Lesekreis und gehören dem Damenvorstand vom Country Club an. Und einmal im Monat organisieren wir einen Wein- und Käseabend für die Hausfrauen der Gegend.«
Kathleen nahm eine Handvoll Sand und ließ die Körner durch die Finger rieseln: »Sie und Ann Marie kommen wohl ganz gerne mal von den Männern weg.«
»Das braucht doch jeder mal«, sagte Linda lächelnd. »Oder nicht?«
»Keine Ahnung. Also ich verbringe gerne
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