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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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und mit Beginn der Treffen der Anonymen Alkoholiker allem Traditionellen den Krieg erklärte, gingen sie höchstens zu Weihnachten und Ostern mit den Großeltern zum Gottesdienst. Bis heute hatte Maggie der katholischen Kirche gegenüber ambivalente Gefühle: Ein gewisser Widerwille mischte sich mit Zuneigung und einem Gefühl der Geborgenheit. Genau wie ihre Gefühle der Familie gegenüber. Sie betrachtete sich als Atheistin, aber wenn sie doch mal an einer Messe teilnahm und ein vertrautes Lied erklang, sang sie mit und wurde von der Schönheit der Worte ergriffen: Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser und gib uns deinen Frieden.
    Vergangenes Weihnachten hatten die Kinder ihrer Cousine Patty die Gaben zum Altar getragen, und der kristallene Weinkelch hatte in den aufgeregten Händen vom armen Foster gewackelt. Maggie erinnerte sich vage daran, dass es ihr bei der Beerdigung ihrer Urgroßmutter ähnlich gegangen war: Alle Blicke waren auf einen gerichtet und man fürchtete die Folgen, sollte man sich das Blut Christi über die neuen weißen Schuhe schütten.
    Bevor der Priester Brot und Wein wandelte, kniete die Hälfte der Gemeinde nieder, auch Kathleen, Maggie und der Rest der Familie. Die anderen blieben stehen und Alice flüsterte abwertend: »Das sind keine Kirchgänger.«
    Die Familie betrachtete Maggie als vom Glauben abgefallen, aber an jenem Abend hatte die Zeremonie sie besonders berührt und sie hatte sich hinter ihren Cousins und Cousinen auf dem Weg zum Altar eingereiht. Sie wusste noch genau, wie man die Hand hinhält, die Hostie mit den Fingern der Linken aus der Rechten nimmt und hatte sich automatisch bekreuzigt, bevor sie zu ihrem Platz zurückkehrte. Dann kam sie sich ein bisschen albern vor und konnte sich vorstellen, was Ann Marie in dem Moment von ihr dachte.
    Später erinnerte sie sich daran, weshalb sie ursprünglich aufgehört hatte, die Kommunion zu empfangen: Mit zwölf Jahren hatte sie ihre Mutter gefragt, warum sie nicht, wie alle anderen, zur Kommunion zum Altar ging, woraufhin Kathleen ihr erklärte, dass das Geschiedenen nicht gestattet sei. Von da an blieb Maggie als Zeichen der Solidarität an den Feiertagen trotzig neben ihrer Mutter auf der Kirchenbank sitzen.
    Als sie am Morgen gegen sieben Uhr erwachte, goss es in Strömen. Es hatte durchs Fenster hereingeregnet, und unter der Heizung hatte sich eine Pfütze gebildet. Dem Geruch nach brannte draußen irgendwas. Autoreifen vielleicht. Maggie wurde schlecht.
    »Auch das noch«, sagte sie zu sich selbst.
    Dann schaute sie automatisch aufs Handy. Gabe hatte sich immer noch nicht gemeldet. Dafür sah sie einen Anruf in Abwesenheit aus Maine. Ihre Großmutter hatte natürlich nicht auf die Mailbox gesprochen. Als Alice und Daniel sich in den Achtzigern einen Anrufbeantworter anschafften, hatte ihr Großvater mit uncharakteristisch ernster Stimme eine Ansage aufgenommen: »Dies ist der Anrufbeantworter der Kellehers. Bitte hinterlassen Sie nach dem Signalton Ihren Namen, Ihre Adresse und Telefonnummer.«
    Darüber hatten sich natürlich alle lustig gemacht, woraufhin er eine neue, einfachere Ansage aufnahm, die noch witziger war. Jetzt sagte er erst trocken: »Das ist der Anrufbeantworter von Daniel und Alice. Hinterlassen Sie eine Nachricht«, gefolgt von einem nervösen »Gut so? Okay«. Erst dann kam der Ton. Alice hatte die Aufnahme nicht überspielt und es war zugleich traurig und schön, seine Stimme so viele Jahre nach seinem Tod jedes Mal zu hören, wenn sie ihre Großmutter anrief.
    Maggie machte das Fenster zu. Draußen eilten Männer in Anzügen zum U-Bahnhof High Street – ein Meer schwarzer Regenschirme. Es war Montag und ganz New York war auf dem Weg zur Arbeit. Alle außer ihr.
    Maggie ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Sie fühlte sich vom vielen Weinen ganz ausgetrocknet. Dann sah sie es mit einem Schlag: Die Herdplatte, die sie am Abend zuvor für die Nudeln angeschaltet hatte, war noch an. Das Wasser aus dem Topf war verdampft und der Boden verbrannt. Der Herd von schwarzen Metallflocken übersät. Die Autoreifen – daher kam also der Geruch.
    Sie erlaubte sich einen kindischen Gedanken und stellte sich vor, wie man Gabe die Nachricht überbrachte: »Sie ist wenige Stunden, nachdem sie deine Wohnung verlassen hatte, in einem Brand umgekommen. Gabe, sie war schwanger.« Er würde zusammenbrechen und immer wieder »Nein, nein!« schreien. Nie wieder würde er eine

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