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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Courtney Sullivan
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Augenblick eigentlich allein in einer Pariser Wohnung vor einer Staffelei stehen sollte.
    Sie wollte schreien, doch stattdessen atmete sie tief durch und sprach ein kurzes Gebet.
    Dann bemühte sie sich um einen sanfteren Ton: »Schön stillhalten, Schatz, sonst kriegst du Seife in die Augen.«

Maggie
    M aggie stieg aus dem Bett und ging zum Schrank. Es war fast halb elf Uhr abends. Vor Sonnenaufgang würde sie bestimmt nicht mehr schlafen können.
    Sie prüfte ihr Handy und die E-Mails, aber Gabe hatte sich nicht gemeldet. Seit Maggie seine Wohnung verlassen hatte, waren acht Stunden vergangen. Maggie sehnte sich nach ihm.
    Außerdem wünschte sie sich, zu den Leuten zu gehören, die in einer Krise den Appetit verloren. Sie nahm eine Packung Nudeln vom Regal und setzte Wasser auf.
    Schließlich musst du für zwei essen , sagte sie sich zum Trost, aber bei dem Gedanken musste sie nur wieder weinen. Sie setzte sich im Wohnzimmer aufs Sofa und schaltete den Fernseher ein. Grease lief gerade. Eigentlich lief Grease immer. Hatte Grease vielleicht seinen eigenen Kanal?
    Langsam dämmerte Maggie, dass es diesmal vielleicht wirklich vorbei war. Dass sie sich das schon viele Male gesagt hatte, war wohl ein Zeichen dafür, dass es besser so war. Vielleicht. Bei der Vorstellung wurde ihr schlecht. Jeder ginge seiner Wege und lebte sein Leben unabhängig vom anderen. Oder sie blieben zusammen, aber ohne das Kind. Was, wenn das seine Bedingung wäre: Wir arbeiten an der Beziehung, aber ohne Baby? Sie wusste nicht, wie sie reagieren würde.
    Als sie noch zum College ging, hatte sie ihre Zimmergenossin nach Toledo zu einer Abtreibung begleitet. Monica Randolph war erst neunzehn Jahre alt gewesen und hatte sich bei einer unüberlegten Nummer unter Alkoholeinfluss von einem Bekannten schwängern lassen.
    Das hatte sie Maggie eines Abends flüsternd erzählt, nachdem das Licht aus war. Maggie konnte Monicas Gesicht im Dunkeln nicht erkennen, und die Situation erinnerte sie irgendwie an die Beichte: Man tritt in den Beichtstuhl und erzählt einem meist wildfremden Pfarrer von seinen schlimmsten Sünden. Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt . Als kleines Mädchen hatte ihr die Prozedur Angst gemacht.
    Bei ihrer ersten Beichte als Siebenjährige hatte sie sich so gefürchtet, dass sie sich nicht mehr der Sünden erinnern konnte, die sie hatte beichten wollen (sie hatte von Chris’ Halloweensüßigkeiten genommen und ihrer Mutter widersprochen). Also sagte sie die Zehn Todsünden auf, weil sie davon ausging, sowieso die meisten davon begangen zu haben. »Ich begehrte meines Nächsten Besitz«, sagte sie zögernd zu dem Priester, der sich wahrscheinlich zu Tode langweilte, weil er sich den ganzen Nachmittag lang die schlimmsten Sünden von fünfzig Drittklässlern anhören musste. »Ich habe Mutter und Vater nicht geehrt. Ich habe Ehebruch begangen.«
    Hinter dem Gitter sprang Pfarrer Nick vom Stuhl auf: » Was hast du getan?«
    Im Studentenwohnheim mit Monica kam es ihr vor, als sei diese erste Beichte eine Ewigkeit her. Maggie knipste das Licht an und sagte: »Das tut mir echt so leid, Monica. Was willst du jetzt tun?«
    Monica lag in ihrem Comichelden-T-Shirt und Baumwollunterhosen unter einer Blümchendecke. Sie sah aus wie eine Zehnjährige.
    »Tja, behalten kann ich es nicht«, sagte sie.
    »Nein«, stimmte Maggie zu.
    »Ich habe am Samstag einen Termin in einem Krankenhaus in Toledo«, sagte Monica, »und ich wollte fragen, ob du vielleicht mitkommen könntest.«
    Maggie sagte zu.
    »Und bitte erzähl niemandem davon«, sagte Monica.
    »Natürlich nicht.«
    Maggie tat es gern, aber sie wunderte sich ein bisschen, weil Monica und sie sich eigentlich gar nicht so gut kannten. Monica war in der College-Fußballmannschaft und hatte jede Menge Freunde. Aber vielleicht, schlussfolgerte Maggie dann, hatte Monica sie gefragt, gerade weil sie nicht so viel miteinander zu tun hatten.
    Auf dem Weg nach Toledo aßen sie Fast Food, tauschten den neuesten Collegetratsch aus und erzählten von ihren Familien. Dann sagte Monica: »Du glaubst hoffentlich nicht, dass ich dafür in die Hölle komme oder so.«
    Maggie verstand nicht recht: »Wofür?«
    Monica zeigte beschämt auf ihren Bauch: »Bist du nicht katholisch?«
    Die Nicht-Katholiken im Kenyon College schienen der Meinung zu sein, dass Katholiken ihre Freizeit fast ausschließlich damit verbrachten, Abtreibung anzuprangern, dabei hatte, zumindest in ihrer Familie, niemand das Thema

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