Sommer in Venedig
sie nicht einfach glauben, was er ihr
gesagt hatte? Und war da nicht diese wunderschöne Zeichnung unter ihrem Bett
versteckt, die er extra für sie angefertigt hatte? Doch Rebecca war keine
Italienerin. Mit ihr gab es keine Zukunft. Emilia wohnte hier, kannte das Hotel
und offensichtlich auch seine Vorlieben. Hin und her wanderten ihre Gedanken.
Mal war sie voller Hoffnung, dann wieder voller Zweifel und Resignation. Schließlich
stand sie auf und kehrte zum Hotel zurück. Auch heute Abend war Gregorio
nirgendwo zu sehen.
Kapitel 16
An diesem Samstag stand ein Konzert auf dem
Programm. Ein venezianischer Sänger würde volkstümliche Lieder vortragen sowie
alte Schlager von Claudio Baglioni, Antonello Venditti und Lucio Dalla covern.
Zur Ablenkung machte Rebecca sich nach ihrem
Zimmerdienst bei Ariana in der Küche nützlich. Matteo hatte ihr von dem
Konzertabend berichtet. Während einer ihrer Gespräche beim gemeinsamen Essen
hatte sie ihm berichtet, dass sie bei den melancholischen Songs von Baglioni
immer weinen musste. Er hatte sie wegen ihres altmodischen Geschmacks
ausgelacht.
»Das haben meine Großeltern gemocht«, hatte er
kopfschüttelnd gesagt. Doch er hatte es sich gemerkt und wusste, dass sie sich
auf den Abend freute. Und das tat sie wirklich.
Sie half dabei, die Tischchen mit Gläsern und
Getränken auszustatten, dazu kleine Schalen mit Antipasti und Körbchen voller
noch warmer Brötchen. Noch immer war die Lounge mit den Blumen dekoriert, die
Gregorio und sie gemeinsam vom Blumenmarkt mitgebracht hatten.
Nein, sie wollte jetzt nicht traurig werden, aber
als sie vom Eingang der Küche aus zusah, wie der Sänger »Piccolo grande amore« von
Claudio Baglioni ins Mikro schluchzte, da kullerte Rebecca doch ein kleines Tränchen
die Wange hinab. Jemand nahm sie in den Arm. Sie dachte, es sei Matteo. Wusste
er doch, dass ihr dieses Lied zu schaffen machte. Doch dann nahm jemand ihr
Haar beiseite und hauchte ihr einen Kuss in den Nacken, dass sie erschauderte.
»Sono tornato in tempo, piccola. Ich bin
rechtzeitig zurückgekommen, Kleines«, flüsterte ihr eine Stimme ins Ohr, die
sie unter tausenden erkannt hätte. Gregorio war zurückgekommen. Nun flossen
noch mehr Tränen. Sie schob es auf das herzzerreißende Liebeslied.
Als das Lied zu Ende war, drehte sie sich um und
schlang ihre Arme um seinen Nacken. Er lachte und küsste ihr die Tränen fort.
»Wo bist du gewesen? Verdammt! Ich habe mir
Sorgen gemacht. Ich hatte Angst ...«, schimpfte sie.
»Mi dispiace! Es tut mir leid, aber mein Vater
hat mich gleich Dienstagmorgen in aller Frühe nach Rom geschickt. Das Flugzeug
stand schon bereit, als er es mir mitteilte. So ist er immer.«
Hilflos zuckte Gregorio mit den Achseln.
»Du hättest mich anrufen können.«
»Habe ich eine Nummer von dir?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Aber jemand hätte mich informieren können«,
insistierte sie weiter.
»Wusste jemand, dass du mich vermissen würdest?«
Sie wusste, dass er Recht hatte. Sie selbst hatte
nicht gewollt, dass irgendjemand davon erfuhr. Wie dumm von ihr.
„Dai, piccola! Komm, ich bringe dich jetzt auf
dein Zimmer. Und morgen früh, wenn wir uns beide von der anstrengenden Woche
erholt haben, dann werde ich mit dir zu den Inseln Burano und Murano übersetzen.
Ich werde das Boot vorbereiten lassen. Wusstest Du, dass es auf einer der
Inseln ein Glasmuseum gibt? Es ist die Insel der Glasbläser. Es wird dir dort
gefallen.«
Ohne lange zu überlegen, bat sie Matteo, sie bei
Ariana und den anderen für den Rest des Abends zu entschuldigen. Er zwinkerte
ihr verschwörerisch zu und ließ sie gewähren. Hand in Hand gingen sie den Flur
entlang bis zu ihrem Zimmer. Diesmal war es Rebecca egal, ob jemand sie sah.
Sollten doch alle wissen, dass sie sich gefunden hatten.
Gemeinsam quetschten sie sich unter die winzige
Dusche und erkundeten ihre Körper, bis sie es nicht mehr aushalten konnten. Flüchtig
rubbelte Gregorio sie mit dem flauschigen Laken ab, dann trug er sie auf seinen
Armen in ihr Bett.
Zwei Stunden später schlief Rebecca erschöpft und
befriedigt in Gregorios Armen ein. Nur am Rande bekam sie mit, dass er sich aus
ihrem Bett schlich, sie behutsam zudeckte und auf die Stirn küsste, bevor er
seine Sachen zusammensammelte und leise den Raum verließ.
Die Sonne war gerade aufgegangen, als er schon
wieder bei ihr war und sie mit einem Cappuccino und zwei duftenden Croissants
weckte.
»Stella mia,
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