Sommer, Sonne, Ferienglück
Riesen-›tazzone‹ Milchkaffee aus.
Dann war ihr besser.
Vielleicht lag's auch einfach daran, daß der elende Kreisel in ihrem Kopf nicht mehr sauste, sondern sich nur noch langsam, ganz langsam drehen konnte.
Ihr Magen war so was von voll.
Und Giulietta räumte ab.
Sie setzte sich Christa gegenüber, legte die dicken Arme über Kreuz auf die Tischplatte und lächelte.
»Deine Bluse hab ich schon gebügelt. Dort drüben hängt sie.«
Ja, und wie frisch aus dem Laden. Christa konnte nichts als nicken.
Und dabei wurde ihr bewußt, daß das viel zu weite Männerhemd, das sie vorhin hastig in den Jeansbund gesteckt hatte, Saverio, Giuliettas Sohn, gehörte. Und der arbeitete sicher schon zwei Stunden im Stall. Zehn Uhr war's.
»Gefällt's dir bei uns?«
»Oh, und wie!«
»Ich meine nicht hier, im Borgo Mirtillo, ich meine Collano.«
Sie hatte die Stirn gerunzelt, und wie sie sich so nach vorne lehnte, erinnerte sie Christa an Maria, ihre kroatische Putzfrau aus Zagreb. Wenn Maria erfahren wollte, ob der Jochen Brennecke sie tatsächlich, und wenn, mit wem und wie betrogen hatte, machte sie genau das gleiche Gesicht.
Und auch die Maria war eine Seele von Mensch.
Nun, manchmal hatte Christa einfach keine Lust zu einer Antwort. Auch jetzt eigentlich nicht.
»Ist das wahr, daß ihr die Villa wieder aufmachen wollt?«
»Woher wissen Sie das, Giulietta?«
»Na, die Letizia. Die hat mich heute morgen angerufen, weil Michele noch nicht aufgetaucht war. Und Letizia ist schließlich eine Kusine zweiten Grades. Ihre Mutter war nämlich auch eine Caprara, also eine Tante von mir.«
»Ich weiß nicht.« Sie trank hastig den letzten Schluck. Der caffe latte war kalt geworden. Und sie hatte zuviel gegessen.
»Ich glaube, ich nehm jetzt meine Bluse und …«
»Ja oder nein?«
»Wie bitte?«
»Nehmt ihr die Villa oder nehmt ihr sie nicht? Du hast doch gerade mit deinem Vater gesprochen. Ich meine, die Tür war ja offen, und ich versteh' auch ein bißchen Deutsch …«
Auch das noch!
»Ich glaube, nein.« Christas Stimme klang fest.
»Da wird Michele traurig sein. Ich glaub', er würde es gerne sehen. Er ist richtig begeistert von dir, und das will bei ihm was heißen.«
»So?« Es wurde ihr langsam zuviel.
»Na ja, vielleicht sollte ich das nicht sagen, vielleicht irre ich mich ja auch, aber er hat so eine große Enttäuschung hinter sich, dort in Milano … Mit einem Mädchen. Und der Michele ist doch so etwas wie mein Sohn, und wenn er sich auch manchmal verrückt aufführt, er ist ein netter Kerl. Das merkt man manchmal nicht gleich, gerade weil er immer meint, er müsse sich verrückt aufführen.«
›La mama‹, dachte Christa. Da haben wir ja die Bescherung. Da sitzt ›la mama‹!
»… er hat seine Tricks, schon, aber welcher Mann hat die nicht? Meiner, als der noch lebte, war der beste Boccia-Spieler am ganzen Gardasee. Und weißt du, was das hieß? Ständig ist er abgehauen. Mit seinen Freunden. Von einer Boccia-Bahn zur anderen. Ich kann dir sagen, die Kühe, wir alle hätten verhungern können, bei dem gab's nur Boccia. Und weißt du, was er ins Grab haben wollte? Drei Boccia-Kugeln. Nun weißt du, was verrückt ist. Die meisten Männer sind's.«
»Da haben Sie recht.«
Christa sagte es mit Überzeugung. Die meisten? Alle! Einschließlich Theo … Na, der würde Augen machen, wenn er tatsächlich kam!
***
Es war eine Betonmischmaschine, die Theo aus dem Schlaf riß. Nie im Leben hätte er gedacht, daß das Rattern und Ächzen ihm so viel Freude bereiten, ja, als ein so köstliches Wecksignal erscheinen könnte.
Theo öffnete die Fensterläden und breitete die Arme aus.
Noch waren die Augen vorn Schlaf verschwollen, doch nun riß er sie auf. Und schon begannen sie begeistert zu leuchten.
Dieser Park! Und die Bäume … Da waren sie ja, seine geliebten Zypressen! Und daneben – Ahorn doch? Dort hinten Rhododendron und Lorbeer.
Dann die Treppen – das Unkraut mußte noch weg, aber das war eine Kleinigkeit, da konnte selbst er mitrupfen. Und überall hämmerte und ratterte es.
Und der Himmel. Und zwischen den Bäumen der See. Sein See, sein Park, seine Welt, sein Reich …
Jawohl!
Auf bloßen Füßen über diese herrlichen alten Keramikkacheln rannte, nein, hüpfte Theo ins Bad.
Und auch das funktionierte jetzt. Gestern war der Installatore da, mit zwei seiner Gesellen – nein, nicht gestern … Wann dann? Wie lange sorgte er eigentlich schon dafür, daß hier Leben in die
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