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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heim
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funktioniert, rufe ich sofort meinen Vater an. Dann erzähl' ich ihm, was hier los ist, und blase das ganze Unternehmen ab.«
    »Funktioniert aber nicht. Und weißt du, wenn ich einen Rat geben darf: Ich wäre mit meinem Urteil nicht so vorschnell.«
    »Soweit mir bekannt ist, waren wir nicht miteinander in der Schule. Wieso also duzen Sie mich ständig, Herr Rechtsanwalt?«
    »Michele. Meine Freunde nennen mich manchmal auch Mico.«
    Diesen Typ konnte wirklich nichts erschüttern. »Wieso? Ja nun, es gefällt mir. Aber das ist es eigentlich nicht, es ist eher schon eine italienische Sitte, die dir vielleicht trotz deiner Bologna-Studien entgangen ist. Bei uns duzen sich eigentlich alle, die einander nett finden. Sagen wir mal, prinzipiell …«
    Er schwenkte das Glas in der Luft herum: »Natürlich nur, wenn man so in etwa aus derselben Altersklasse und derselben Gesellschaftsschicht kommt.«
    »Ich kenne Ihre Gesellschaftsschicht nicht.«
    Es ärgerte sie, daß sie das so steif hervorbrachte, Ironie wäre besser gewesen, aber bei so viel Unverschämtheit fiel ihr nichts Ironisches ein.
    »Vielleicht hast du da nicht mal so viel versäumt«, meinte er ganz freundlich. »Jedenfalls für mich bleibst du Christa oder Christina. Du kannst mich ja gerne ›Avvocato‹ nennen, aber eigentlich sollten wir schon verhindern, daß die Leute dann glauben, ich hätte mir jetzt eine deutsche Angestellte zugelegt.«
    Er war unglaublich! Er schlug selbst Jochen Brennecke an Unverschämtheit, und das wollte etwas heißen. Und er schien dabei noch fröhlich und zufrieden.
    »Hör mal, Christina …«
    »Ich heiße Christa.«
    »Aber wenn ich Christina viel hübscher finde? Wie wäre das, willst du nicht deine Schuhe wieder anziehen? Sehen wir uns doch mal um, dazu bist du schließlich hier. Es wird dir schon gefallen. Was mich angeht: Ich liebe die Villa. Mag sein, daß sie nicht das Richtige für euch ist, aber ich, ich liebe sie über alles. Und wenn du dir alles angesehen hast, können wir uns ja noch immer über den Investitionsbetrag unterhalten.«
    Der letzte Satz war der erste vernünftige Satz, den sie von ihm zu hören bekam.
    Also zog sie ihre Schuhe wieder an, und sie marschierten los, noch immer die lächerlichen Tücher um die Schultern.
    Er ging voraus, öffnete die Türen, stieß Fenster und Läden auf, denn draußen hatte es bereits aufgehört zu regnen, und so schnell, wie das nun mal nur im Süden möglich ist, riß die Wolkendecke wieder auf und ließ blauleuchtende Himmelsornamente entstehen, durch die die tiefstehende Sonne ihre Strahlen in die Räume sandte.
    Was sie jedoch in der Villa sah, war wirklich außergewöhnlich. Und etwas befremdend. Doch Theo hatte nicht übertrieben: »Die Räume atmen den Geist der Tradition …« Dann der Garten – ja nun, der war nun mal naß und tropfte still vor sich hin, während Vögel zwischen den Zweigen hüpften und zu singen anfingen, aber beeindruckend war er schon.
    Und dann diese Räume mit ihren Schnörkelmöbeln! Alle sicher höchst elegant – vor fünfzig Jahren. Teppiche, schwere Vorhänge, ein wenig ausgebleicht, alte, knackende Korridore, Badezimmer mit bemalten Stuckgirlanden an den Decken, prächtig, prächtig, von einem eigenartigen Reiz, ähnlich … ja, wie?
    Christa konnte es nicht sagen. Neue Ecken, weitere Treppen und wieder ein Zimmer. Und sie bestaunte alles mit einer seltsamen Mischung aus Beklommenheit und Entzücken. Es war ihr, als blättere sie in einem dieser alten Modealben, die sie schon als Kind fasziniert hatten. Überhaupt, was mußte das für eine Zeit gewesen sein, als sich die Leute noch so ein Interieur leisten konnten? Wie die Abendroben von anno dunnemal. Und die Schneiderinnen nähten damals auch noch alles mit der Hand …
    Dies alles schien ihr nicht real, nein, es schien ihr wie ein Film. Ein Name fiel ihr ein: The great Gatsby! Wann hatte sie den gesehen? Das war schon lange her. The great Gatsby spielte in den zwanziger Jahren, oder waren es die dreißiger? Sie wußte es nicht mehr, aber all diese geschniegelten, feierlichen Menschen, die sich gegenseitig ihre Kultur und ihren Reichtum vorspielten, hatten sie ungemein beeindruckt. Eins war nicht zu bestreiten: Stil hatten sie schon. Und waren so was von lässig.
    Irgendwie, so schwer es ihr fiel, es einzugestehen, hatte dieser Michele d'Alessio etwas Gatsbysches …
    Wieder kamen sie an einem der großen Spiegel vorbei. Der hier hatte ein Tulpenmuster, das sich sogar

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