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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Er ignorierte ihn und kroch auf einen steinigen Überhang, wo er sich hinsetzte,die Knie anzog und einem glänzenden schwarzen Auto zusah, dass in der Ferne die Straße entlangfuhr. Man sah in dieser Zeit nicht sonderlich viele Autos, da das Benzin rationiert worden war. Nur ab und zu ein landwirtschaftliches Fahrzeug oder den Bus, öfter aber Pferd und Kutsche. Sogar die reichen Leute ließen ihre Autos daheim als Zeichen ihres Patriotismus.
    „Was siehst du da?“, fragte Jane und setzte sich neben ihn.
    Er zeigte in die Richtung. „Das Auto.“
    Der näher kommende Wagen strahlte eine gewisse Wichtigkeit aus. Er war so schwarz wie ein Leichenwagen und zog eine Staubwolke hinter sich her.
    Gemeinsam schauten sie ihm eine Weile zu. Die Sonne fing gerade mit ihrem frühnachmittäglichen Abstieg an, und die Hitze war so intensiv, dass sie zu pulsieren schien. Grillen zirpten im hohen Gras, und der grüne Geruch des Sommers lag in der sanften Brise. Bienen summten durch die Wildblumen, die diese Hangseite bedeckten. Jane saß ganz still neben ihm. Sie hatte auch einen besonderen Duft – nach der selbst gemachten Seife ihrer Mutter, die mit Immergrün parfümiert war. Ein paar Minuten lang war es so still, dass er ihren Atem hören konnte. Er ging langsam und gleichmäßig.
    Dann keuchte sie auf und erschreckte ihn so sehr, dass er beinahe von dem Überhang gefallen wäre. „Das Auto biegt auf die Straße zum Camp ab!“
    Sie sprang auf, und George gab Charles einen kurzen Befehl – Lass uns gehen! – und zum ersten Mal folgte sein kleiner Bruder ohne Widerworte.
    Die drei rannten so schnell sie konnten den Hügel hinunter. George befahl sich, nicht zu denken, keine Spekulationen anzustellen. Ein Reporter urteilte nicht und prognostizierte nicht, bis er alle Fakten beisammenhatte. George wollte sich gar nicht vorstellen, was er tun würde, wenn der Wagen Neuigkeiten von seinem Vater brächte.
    Aber das Auto rollte am Camp vorbei.
    Und in diesem Augenblick wusste George es. Er merkte, dass auch Jane es verstand, denn er hörte ihre unterdrückten Schluchzer.
    Als sie am Haus der Gordons ankamen, stand das polierte, offiziell aussehende Fahrzeug bereits auf dem Hof. Sie waren zu weit weg, um zu hören, was gesagt wurde, aber das war schlussendlich auch gar nicht wichtig. Denn sie sahen es – einen Offizier in Ausgehuniform, den Hut abgenommen und unter den Ellbogen geklemmt. Seine Haltung gerade, der andere Arm, der in einem zackigen Salut nach oben schnellte.
    Janes Mutter kam aus dem Garten; sie hatte noch ihre Schürze um.
    Es gab einen kurzen Wortwechsel. Mrs Gordon sank zu Boden, als wären ihre Knochen mit einem Mal geschmolzen. Der Offizier bemühte sich ungelenk, ihr zu helfen.
    Jane drehte sich zu Charles und George um. In ihren Augen spiegelte sich bereits das unerträgliche Wissen. „Ich muss gehen“, sagte sie. Sie sprach mit einer seltsamen Würde, die sie viel älter erscheinen ließ. Weiser. Als wenn das Mädchen, das den Hügel hinaufgegangen war, ein anderes war als das, das den Hügel hinuntergekommen war.
    „Ich muss gehen“, sagte sie erneut. „Meine Mutter braucht mich.“
    Die Neuigkeit breitete sich langsam im Camp Kioga aus: Stuart Gordon war tot. Er war in den Pazifik geschickt worden, um im Krieg zu kämpfen, und war laut dem persönlich übergebenen Telegramm mit nur achtzehn Jahren „in Erfüllung seiner Pflicht dem Vaterland gegenüber“ getötet worden.
    George sah Stuart noch vor sich, wie er eine lachende Jane herumwirbelte und sie Sonnenschein nannte. Er stellte sich vor, dass sich ähnliche Szenarien überall im Land abspielten. Familien wurden während des Abendessens gestört, mitten in der Nacht, mitten in ihrem Leben, um gesagt zu bekommen, dass ein junger, starker, geliebter Mensch tot war.
    Charles fing an, Albträume zu haben. Er warf sich wimmernd in seinem Bett herum und wachte, nach seinem Vater rufend, weinend auf.
    Jemand sagte, Mrs Gordon leide unter schrecklichen Herzschmerzen und würde zu Verwandten nach New Haven reisen, um zur Ruhe zu kommen. Ihren Sohn zu verlieren war für sie einfach zu grausam, um über eine Zukunft ohne ihn nachdenken zu können.
    Jane versuchte, es zu erklären. „Alles hier erinnert sie an ihn. Ich habe gehört, wie meine Tante Tilly sagte, das führe zu einer nervlichen Störung.“ Sie drückte ihre nackte Ferse in die staubige Erde. „Das ist ein Codewort für verrückt werden .“
    George achtete nun mehr auf die Kriegsberichte

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