Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
Vom Netzwerk:
sammeln.
    „Hallo“, sagte er schließlich. „Ich suche Mr Charles Bellamy. Ist er da?“
    „Ich schau mal, ob ich ihn finde“, erwiderte der Junge.
    Im gleichen Augenblick rief eine weibliche Stimme: „Max?Wer ist an der Tür?“
    „Jemand für Granddad“, rief Max über seine Schulter.
    Granddad . Genau wie Georges Enkel ihn nannten.
    Hinter dem Jungen sah Ross einen großen Garderobenständer, an dem jede Menge Hüte und Jacken hingen. Daneben standen ein Schirmständer und ein kleiner Tisch. Die Wand war voller gerahmter Fotografien lächelnder Menschen, die am See posierten oder auf einer Skipiste oder an einem undefinierbaren Ort, der für sie sehr wahrscheinlich eine große Bedeutung hatte. Das könnten Ross’ Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins sein.
    Eine orange Katze lag auf den mit Teppichboden belegten Stufen. Die Vorderpfoten hatte sie unter ihre Brust gezogen, der buschige Schwanz schweifte langsam hin und her. Eine weißhaarige Frau kam ins Foyer und wischte sich ihre Hände an einem Geschirrtuch ab. Sie schaute Ross neugierig an. „Ja?“
    „Ich geh Granddad suchen.“ Max ging den Flur hinunter.
    Ross ertappte sich dabei, eine militärische Haltung anzunehmen. „Mrs Bellamy?“, fragte er.
    „Ja?“ Sie legte ihren Kopf auf eine Seite. Das Licht spiegelte sich in ihren Brillengläsern. Er fragte sich, ob sie etwas in ihm sah. Sah er seinem Großvater ähnlich, so wie einige behaupteten?
    „Es tut mir leid, Sie zu stören, Ma’am. Mein Name ist Ross Bellamy. Ich bin George Bellamys Enkel.“
    Das Geschirrtuch glitt aus ihren Händen. Einen Moment lang wurde ihr Gesicht vor Überraschung ganz schlaff. Keiner von ihnen rührte sich, um das Handtuch aufzuheben. Sie berührte die Ecke des kleinen Flurtischchens, als müsste sie sich Halt geben. Ross hatte nicht wirklich darüber nachgedacht, welche Reaktion ihn erwarten würde, aber vermutlich wäre er sowieso nie auf diese schmerzliche Verletzlichkeit gekommen. Er sah noch etwas anderes. Angst? Aber die Frau hatte doch nichts zu befürchten.
    „Ich wollte Sie nicht erschrecken“, entschuldigte er sich.„Darf ich hineinkommen?“
    „Oh! Oh, sicher. Ich bin übrigens Jane.“ Das hatte Ross schon vermutet. „Jane Bellamy. Und ja, bitte, treten Sie ein.“
    George hatte sich gefragt, ob Charles’ Ehe gehalten hatte. Offensichtlich ja. Ross hatte sich oft gewünscht, dass die Ehe seines Großvaters besser funktioniert hätte. Er und Jacqueline – Granny Jack, wie Ross und seine Cousins und Cousinen sie genannt hatten – hatten ein ereignisreiches, glamouröses Leben geführt. Aber ihren Sohn zu verlieren schlug bei ihnen beiden eine dermaßen tiefe Wunde, dass ihre Versuche, der alles zerstörenden Trauer Herr zu werden, sie in entgegengesetzte Richtungen trieb.
    So jung er damals auch war und so erstarrt durch seine eigene Trauer, hatte Ross doch bemerkt, wie die Ehe seiner Großeltern unter der Last immer schlechter wurde. Es kam nie so weit, dass sie sich scheiden ließen, aber am Ende hatten sie komplett voneinander getrennte Leben geführt. Die Art, wie Granny Jack gemeinsam mit ihrem Liebhaber gestorben war, hatte alle schockiert – außer vielleicht George.
    „Gehen wir doch hier hinein, wo wir uns setzen können.“ Jane Bellamy zeigte mit unsicherer Hand auf einen Raum am Ende eines kleinen Flurs.
    „Danke sehr.“ Ross bückte sich, um das Geschirrhandtuch aufzuheben, und reichte es ihr.
    Sie ging voran in einen hellen Wintergarten, von dem aus man in den großen, gepflegten Garten schauen konnte. Hier war nichts mehr vom Lärm der Wii-Spieler zu hören. „Also ist George … Ist ihm etwas zugestoßen?“ Sie blieb ganz still stehen, als wenn sie sich für eine schlechte Nachricht wappnete.
    „Granddad ist hier in Avalon. Er hat ein Häuschen im Camp Kioga gemietet.“
    „Meine Güte! Ich hätte es ahnen müssen. Renée hat erwähnt, dass ein Mr Bellamy eingecheckt hat. Aber ich hielt es für einen Zufall. Niemals hätte ich gedacht, dass Georgehierher zurückkommen würde. Niemals in einer Million Jahren.“
    „Er würde gerne seinen Bruder Charles treffen“, erklärte Ross.
    „Das hätte ich niemals gedacht“, wiederholte Jane leise.
    In dem Moment trat Ross’ Großvater in den Raum. Ein paar verwirrende Sekunden lang dachte Ross wirklich, es wäre George. Groß, schlank und weltmännisch, mit dichten, weißen Haaren und blauen Augen. „Was hättest du niemals gedacht?“, fragte er seine Frau. Auch seine

Weitere Kostenlose Bücher