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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Welt stellen, sondern jemand, den nicht einmal ich im Spiegel wiedererkannte, jemand mit Namen Bailey James.
    Während der Zeit, in der ich mich von der Operation erholte, hatte ich Carol etwas besser kennen gelernt. Früher war sie auf die Partys gekommen, die Jimmy so gerne gab, doch er hatte mich immer gewarnt, dass es besser sei, sich nicht zu sehr mit Angestellten anzufreunden. Daher war ich höflich zu ihr gewesen, aber zwischen uns gab es keine Geheimnisse. Ich teilte meine Geheimnisse mit niemand anderem als mit Jimmy.
    Die Operation war in der Praxis des Arztes durchgeführt worden, ein paar Stunden später hatte man mich zu Carols und Phillips Haus zurückgefahren. In der ersten Nacht blieb eine Krankenschwester bei mir, doch in der zweiten war ich allein, als Carol an meine Tür klopfte. Als ich antwortete, kam sie auf Zehenspitzen herein und setzte sich auf den Bettrand. »Sind Sie wütend?«, fragte sie.
    »Nein, der Arzt hat seine Sache gut gemacht. Es gibt nichts, worüber ich wütend sein müsste«, gab ich zur Antwort und tat so, als wisse ich nicht, wovon sie sprach.
    Sie fiel nicht darauf herein, sondern sah mich eindringlich an.
    »Sie meinen, ob ich wütend darüber bin, dass ich sechzehn Jahre damit zugebracht habe, mein Leben einem Mann zu widmen, nur um am Ende aus seinem Testament gestrichen zu werden?«
    Carol lächelte über meinen Sarkasmus. »Männer sind Abschaum«, sagte sie. Dann lächelten wir gemeinsam, und als ich vor Schmerz an meine wunde Nase fasste, mussten wir lachen. Es war meine erste wirklich humorvolle Empfindung, seit ich das letzte Mal mit Jimmy gesprochen hatte.
    »Was werden Sie anziehen?«, fragte Carol und schlug die Beine übereinander. Sie war etwa zehn Jahre älter als ich, und ich möchte wetten, dass auch ihr das Skalpell nicht fremd war. Sie war blond und hübsch und ausgesprochen gut gepflegt. Ich wusste, was das bedeutete, denn auch ich hatte einen Großteil meiner Zeit damit verbracht, mich zu stylen. Ich mochte ja mollig gewesen, aber ich war eine gut frisierte, gut gepflegte Mollige.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich und spürte, wie mein Herz einen kleinen Sprung machte. Bitte, betete ich insgeheim, sag mir doch jemand, dass ich nicht wieder in irgendeinen Gerichtssaal gehen und mir von Atlanta und Ray vorwerfen lassen muss, ich hätte Jimmy »unter Kontrolle« gehabt.
    »An Ihrem neuen Körper«, erwiderte Carol. »Sie können doch nicht ewig in meinen Sweatshirts herumlaufen.«
    »Oh«, sagte ich. »Tut mir Leid. Ich habe in letzter
    Zeit nicht viel über Kleidung nachgedacht. Ich ...« Zum Teufel, da kamen mir doch tatsächlich die Tränen. Ich wollte der tapfere kleine Zinnsoldat sein und daran glauben, dass, was immer Jimmy auch getan hatte, es aus Liebe geschehen war. Doch wenn ich mit Dingen konfrontiert wurde wie der Tatsache, dass ich jetzt nur noch die Kleidungsstücke besaß, die ich in der Nacht, als Jimmy starb, angezogen hatte, sowie den schwarzen Trauerschleier, den Phillip mir gekauft hatte, dann fühlte ich mich gar nicht mehr so tapfer.
    Carol streckte die Hand aus, um mich zu berühren, doch dann zog sie sie wieder zurück und stand auf. »Ich bin in einer Minute zurück«, rief sie, als sie aus dem Zimmer ging. In Sekundenschnelle war sie wieder da mit einem Stoß dicker Zeitschriften oder etwas Ähnlichem. Jedenfalls sahen sie so aus. Sie hatte so wenig Zeit gebraucht, um sie zu holen, dass sie sie vor der Tür bereitgelegt haben musste.
    Carol breitete sie am Fußende des Bettes aus und ich blickte staunend darauf. »Was ist das?«
    »Phillip schuldet mir fünf Dollar!«, sagte sie triumphierend. »Ich habe mit ihm gewettet, dass Sie noch nie einen Katalog gesehen haben. In nor ... eh, in den meisten Haushalten kommen Kataloge mit der Post, im Durchschnitt ungefähr sechs pro Tag.«
    Ich wusste, dass sie hatte sagen wollen »in normalen Haushalten«. In Jimmys Häusern hatte mir ein Diener meine paar Briefe auf einem silbernen Tablett gebracht.
    Ich nahm einen der Kataloge in die Hand. Darin war die Art Kleidung abgebildet, die gelegentlich in meinen Schränken in den beiden Inselhäusern auftauchte. Jimmy beschäftigte jemanden, den er als »Einkäufer« bezeichnete und der sicherstellte, dass wir in allen Häusern das Richtige zum Anziehen hatten.
    Carol nahm einen der Kataloge und blätterte ihn durch. »Wissen Sie, Sie haben mir immer Leid getan. Sie sahen immer so einsam und verloren aus. Ich habe zu Phillip gesagt, dass ...«

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