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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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dieser Eifersucht Herr zu werden, machten sich die Schüler daran, sich ihren Status zurückzuerobern. Sie beschlossen, die Eindringlinge genauer unter die Lupe zu nehmen und alles, was sie an Verborgenem zu Tage fördern konnten, zu benutzen, um die Sozialstruktur wieder auf ihren ursprünglichen Stand zurückzuführen.
    In Kleinstädten weiß jeder alles über jeden, doch kraft eines ungeschriebenen Gesetzes kommt man oft überein, nicht alles auszuplaudern. Zum Beispiel weiß manchmal jeder in einer Stadt, dass der Vater eines bestimmten Kindes im Gefängnis sitzt. Doch in dem Bemühen, das Kind zu schützen, zieht die Stadt es vor, diese Tatsache nicht laut auszusprechen.
    Obwohl auch Wells Creek einen solchen Schutzmechanismus besaß, gab es keinen Ehrenkodex, der die Außenseiter aus Calburn geschützt hätte. Ein paar übereifrige Schüler fuhren nach Calburn, brachten dort die Alteingesessenen zum Reden und spürten die Schwachstellen der sechs Jungen aus Calburn auf Diese verbreiteten sie dann an der Wells Creek High School.
    Man erzählte sich in Wells Creek, dass Frank und Rodney in unvorstellbarer Armut aufgewachsen waren, und wieder wurde ihnen das Etikett »Hinterwäldler<< angeheftet. In Calburn war es ein offenes Geheimnis, dass Kyle Longacre seinen herrischen Vater hasste, der seinen Reichtum so gern zur Schau stellte. Die Menschen in Calburn ließen sich Stanley Longacres Prahlerei und seine auch sonst unausstehliche Art gefallen, weil sie die von ihm errichteten Häuser kaufen wollten. Doch als man in Wells Creek Geschichten über Kyles Vater herumerzählte, fingen die Schüler an, hinter seinem Rücken über Kyle zu lachen. Die Aussicht darauf, Klassensprecher zu werden, konnte er vergessen.
    Auch wenn es niemand genau wusste, glaubte man doch, dass Thaddäus Overlander nur deshalb das ganze fahr über langärmlige Sachen trug, um die blauen Flecke zu verbergen, die ihm sein fundamentalistischer Vater zufügte. Gerüchte über die merkwürdigen religiösen Zusammenkünfte, denen Taddy beiwohnte, machten in der Schule die Runde.
    Von Harper wurde behauptet, er sei in Kyle »verliebt«- und das war 1953, als man sich noch keine Mühe gab, eine solche Liebe zu verstehen.
    Und dann war da noch Frederick Burgess, der bereits mit vier Jahren zum Mörder geworden war. Alle in Calburn kannten die Geschichte von Burgess, wie man ihn nannte, und seinem älteren Bruder Bobby. Bobby Burgess war eines jener seltenen Kinder, die gleichermaßen reich gesegnet sind mit schulischer Begabung und sportlichen Fähigkeiten. Er war Präsident des Debattierclubs und Kapitän der Footballmannschaft, und an Sonntagnachmittagen gab er unterprivilegierten Kindern Nachhilfe im Lesen. Am 12. Juli 1940, als er gerade sechzehn Jahre alt war, wusch Bobby das Auto der Familie, in dem sein vier Jahre alter Bruder Frederick saß und spielte. Ein Nachbar, der auch gerade draußen war, sah mit an, was passierte. Das Kind, das so tat, als wäre es sein großer Bruder und könnte Auto fahren, betätigte die Gangschaltung. Das Auto, das an einer Schräge geparkt war, rollte zurück. Dabei klemmte es Bobbys Fuß ein, dann überfuhr es ihn. Er war auf der Stelle tot.
    Frederick hatte nicht die Intelligenz und auch nicht die sportlichen Fähigkeiten seines verstorbenen Bruders geerbt. Man erzählte sich in Calburn, dass seine Eltern ihren jüngeren Sohn für das verachteten, was er getan, was er ihnen genommen hatte. Jemand behauptete sogar, Burgess’ Vater hätte den Wunsch geäußert, sein zweites Kind wäre gar nicht erst geboren worden.
    Bailey sah auf. »Ich glaube nicht, dass ich noch weiterlesen kann«, sagte sie und klappte das Buch zu.
    »Die High School ist sowieso schon schwierig genug,
    aber was diese Kinder durchmachen mussten, war entsetzlich.«
    »Aber wenn die Qualen mit ihrem Schulabschluss ein Ende hatten, warum ist ihnen dann noch das ganze andere Unheil widerfahren?«
    »Ich weiß es nicht«, bekannte Bailey. »Vielleicht war es ja ihr Schicksal. Bist du sicher, dass du die Adresse hast?«
    »Ja«, gab Matt zerstreut zur Antwort.
    »Was liest du denn?« Sie legte den Kopf auf seine Schulter.
    »Gar nichts. Ich hab nur gerade darüber nachgedacht, wie alles zu den Goldenen Sechs zurückführt. Egal, was wir wissen wollen, immer kommen wir auf diese sechs Jungen.«
    »Dein Vater«, sagte Bailey leise.
    »Es geschah, bevor er mein Vater wurde. Auf jeden Fall habe ich mir Folgendes überlegt: Je mehr wir über sie in

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