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Sommer wie Winter

Sommer wie Winter

Titel: Sommer wie Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith W. Taschler
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ich zum Skilift müssen, den ganzen Tag Liftwart spielen, und wenn ich um halb fünf heimgekommen bin, habe ich gleich wieder in den Stall gehen müssen, und am Abend hat er mich auf einmal in der Hotelküche gebraucht, was sonst ja nie der Fall war. Geredet hat er fast nichts mit mir.
    Eine Woche später, am Heiligabend, sind wir alle sechs um den Christbaum herumgestanden und haben uns gegenseitig nicht angeschaut und jedes Wort vermieden. Die Martina ist am Tag zuvor von Innsbruck heimgekommen und die Mutter hat ihr das Nötigste erzählt. Die Anna hat es ein paar Tage vorher von ihr erfahren. Neben uns sind sieben deutsche Gästefamilien gestanden und alle haben sie mit nassen Augen »Stille Nacht« gesungen, und ich habe mich einfach nur elend gefühlt und gedacht, mir zieht’s den Boden unter den Füßen weg.
    In der Nacht ist der Vater dann in mein Zimmer
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gekommen und ich habe gerochen, dass er wieder mal getrunken hat. Um zehn Jahre älter hat er ausgeschaut.
    Er hat geschwafelt, wie leid es ihm tut, dass er mir nie die Wahrheit gesagt hat, ich war halt feig, so hat er gesagt, ich wollte nicht der Ehebrecher sein. Er hat gesagt, dass er mich sehr gern hat, dass er stolz drauf ist, dass ich sein Sohn bin, und dass es ihm damals ganz wichtig gewesen ist, dass ich bei ihm aufwachse, nachdem meine leibliche Mutter ausgewandert ist, und nicht bei irgendwelchen fremden Menschen.
    Ich werde so bald wie möglich die Vaterschaft anerkennen und dann werden wir dich adoptieren, die Mutter und ich, und alles wird gut, du wirst sehen, du bist dann erbberechtigt wie die anderen, hat er auch noch gesagt und dann ist er rausgeschlurft. Wie er bei der Tür gewesen ist, habe ich gesagt: Vater, ich habe so viele Fragen. Er hat sich langsam nach mir umgedreht und mich angeschaut, aber so, als würde er durch mich hindurchschauen.
    Wieso hat sie geglaubt, dass du ein reicher Deutscher bist und Thomas heißt?, habe ich ihn gefragt. Er hat gesagt: Weil ich ihr das erzählt habe, ich habe ihr was vorgespielt. Ich wollte nicht, dass sie weiß, wer ich wirklich bin, die Welt in Tirol ist klein, und wenn meine Familie erfahren hätte, dass ich eine Affäre habe, dann hätte mein Schwiegervater
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eine Scheidung erzwungen, das wäre ihm nur recht gewesen.
    Er wollte wieder zur Tür rausgehen, aber ich habe noch schnell gerufen: Wie ist sie gewesen? Wohin ist sie ausgewandert? Er hat sich noch mal umgedreht und gesagt: Sie ist schön gewesen und – einsam. Wohin sie gezogen ist, weiß ich nicht. Dann ist er gegangen.
    Ich bin im Bett gelegen und habe nicht mehr einschlafen können. Alles wird gut, alles wird gut, habe ich gedacht, stimmt das, wird wirklich alles gut?

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Therapiegespräch im Februar 1990
Dr. Z. und Alexander Sommer
    Zwei Tage später, am 26., hat mich der Angermair besucht, aber er ist nicht lang geblieben. Er hat mir zum Geburtstag gratuliert und mir ein Geschenk überreicht, da sind ein Hemd und ein Pullover drin gewesen.
    Wir sind in der Stube gesessen und die Mutter hat sich so bemüht um ihn und ihn bewirtet, nachher hat sie uns allein gelassen. Nach dem Vater hat der Angermair gefragt, aber der ist im Hotel drüben gewesen. Vom Berger hat er mir erzählt, dass er persönlich zu ihm gegangen ist, mit ihm geratscht hat und so nebenbei nach dem Mantel gefragt hat. Den Mantel hat er vor drei Jahren bei einer Altkleidersammlung gefunden, das weiß er so genau, weil er dann gleich im Fasching als Pirat gegangen ist.
    Dann haben wir beide eine Weile nichts gesagt. Der Berger hat also meine Mutter nicht erwürgt, habe ich noch gedacht, und irgendwie ist es mir gleich gewesen, dass ich nicht recht gehabt habe. Vielleicht lebt sie ja wirklich noch und vielleicht wirklich in Neuseeland, wie ich das früher immer geträumt habe. Es ist also nur ein Albtraum gewesen
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und keine Erinnerung und das ist gut, so habe ich gedacht. Ich bin so müde gewesen.
    Der Angermair ist aufgestanden und hat sich alle Fotos an der Wand genau angeschaut, das Hochzeitsfoto der Eltern, die Tauffotos, die Fotos von unserer Erstkommunion. Er hat auf Manus Tauffoto gezeigt und gefragt, ob es das ist, und ich habe genickt. Er hat mich auch gefragt, ob ich mich noch an mehr erinnert habe, und ich habe nein gesagt, und er hat mich noch einmal nach dem Mantel des Mannes gefragt, wie der genau ausgeschaut hat, und ich habe es ihm gesagt.
    Wie geht’s jetzt weiter?, hat er mich gefragt und ich habe gesagt, dass der Vater die Vaterschaft

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