Sommerbuch
sagte sie: »Laß nicht die ganze Zeit deine Haare in meinen Nacken hängen, setz dich hin. Puste mir nicht in die Ohren .«
Toffe Malander teilte mit, daß er am Kap angeln würde, er nahm seine Wurfangel von der Wand und ging.
»Ich liebe auch einsame Inseln«, sagte die Großmutter ziemlich laut.
»Er ist erst sechzehn«, sagte Malander . Sie fragte, wie viele sie seien, und er antwortete, fünf und dann Freunde, Haushilfe und so. Plötzlich schien er bedrückt und fand, daß sie noch einen trinken müßten.
»Nein danke«, sagte die Großmutter. »Ich glaube, wir müssen jetzt nach Hause. Der Kognak ist wirklich gut .« Auf dem Weg hinaus blieb sie stehen und besah sich die Muscheln auf dem Fensterbrett, er sagte: »Ich habe sie für die Kinder gesammelt .«
»Ich sammle auch Muscheln«, antwortete die Großmutter. Der Hund wartete draußen, tat so, als ob er in den Stock beißen wollte.
»Sophia«, sagte die Großmutter, »wirf etwas .«
Das Kind warf einen Stock, und der Hund apportierte sofort.
»Gut, Delila !« sagte Sophia.
Wenn auch sonst nichts, so hatte sie wenigstens gelernt, sich Namen zu merken. Auch das war schon gesellschaftlicher Umgang.
Am Strand erzählte Malander , daß sie allmählich dort einen Bootssteg bauen wollten, und die Großmutter riet ihm, lieber Winden zu nehmen. Ein Bootssteg geht mit dem Eis weg. Oder aber Schleppboot und Bojen.
Sie dachte: Jetzt bin ich wieder übereifrig. Wenn ich müde bin, werde ich immer penetrant. Natürlich versucht er es erst mit einem Steg, das tun alle, wir haben es auch getan. Die Ruder lagen verkehrt rum im Boot und hatten sich mit der Fangleine vernestelt. Wuselig und mit heftigen Stößen kamen sie dort weg. Malander ging am Ufer entlang, während sie vorbeiwriggten . Er folgte bis hinaus ans Kap, dort winkte er ihnen mit dem Taschentuch.
Als sie sich ein Stück entfernt hatten, sagte Sophia: »Du liebe Zeit .«
»Was meinst du damit«, sagte die Großmutter. »Der will seine Ruhe haben, aber weiß nicht, wie .«
»Wieso?«
»Und seinen Bootssteg macht er trotzdem .«
»Wieso weißt du das ?«
»Liebes Kind«, sagte die Großmutter ungeduldig, »jeder Mensch muß seine Fehler selbst machen .«
Sie war sehr müde und wollte schnell nach Hause kommen. Sie war durch den Besuch etwas niedergeschlagen. Malander hatte eine Idee, die er zu begreifen suchte, aber es würde Zeit kosten. Manchmal werden einem die Dinge klar, wenn es zu spät ist, und man hat keine Kraft mehr, von vorn anzufangen oder man vergißt es unterwegs, weiß das nicht mal.
Während die Großmutter nach Hause ruderte, betrachtete sie das große Haus, das den Horizont zerstörte. Sie fand, es sah ähnlich wie ein Seezeichen aus. Wenn man die Augen zukniff und an etwas anderes dachte, konnte es fast ein Seezeichen sein, ein sachliches Zeichen, denn hier änderte man den Kurs.
Jedesmal, wenn es Sturm gab, dachten sie an Malander und erwogen die verschiedenen Möglichkeiten, wie sie wohl sein Boot retten könnten.
Einen Gegenbesuch machte er nicht, deswegen blieb sein Haus auch weiter ein interessantes Landzeichen, über das sich nachdenken ließ.
Der Bademantel
Sophias Vater hatte einen Bademantel, den er liebte. Er reichte ihm bis zu den Füßen und war aus dickem und steifem Flanell gemacht, der im Laufe der Zeit durch Salzwasser, Erde und anderem noch steifer geworden war. Der Bademantel kam wahrscheinlich aus Deutschland und war einmal grün gewesen. Vorn hingen Reste eines verzwickten Kordelsystems, und ein paar riesige, dunkle, bernsteinfarbene Knöpfe waren immer noch dran. Wenn man den Rock aufmachte, war er weit wie ein Zelt.
Früher, als Vater jung war, saß er oft, wenn es stürmte, in seinem Bademantel am Ufer und betrachtete die Wellen. Später war dieser Mantel gut zu gebrauchen, wenn er arbeitete oder fror, oder wenn er sich überhaupt irgendwie verstecken wollte.
Der Bademantel war von allen möglichen Seiten her in Gefahr: Man braucht nur an damals zu denken, als plötzlich liebe Verwandte auf die Insel kamen und das Haus putzten, um der Familie eine fröhliche Überraschung zu bereiten. Vieles, was die Familie liebte, wurde beim Reinemachen weggetan, aber das schlimmste war doch, daß sie den Bademantel ans Meer trugen und ihn einfach losschwimmen ließen. Später behaupteten sie, daß er muffig war. Natürlich, das war ein Teil seines Charmes! Geruch ist eine wichtige Sache, er erinnert an alles, was man erlebt hat, er ist wie eine Hülle von
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