Sommerbuch
hysterisch.
»Hallo dort«, rief der Direktor. Er stand auf allen vieren und schaute unter die Kiefern. »Der Hund ist nicht gefährlich. Mein Name ist Malander und dies ist mein Sohn Christoffer, genannt Toffe .«
Die Großmutter kam hervorgekrochen und sagte: »Dies ist mein Enkelkind Sophia .«
Sie trat würdig auf, nahm sich so diskret wie möglich die Tannennadeln aus den Haaren. Der Hund versuchte in ihren Stock zu beißen. Herr Malander , der Direktor, erklärte, daß der Hund nur spielen wolle und Delila heiße. » Delila will, daß man den Stock wirft, damit er apportieren kann, verstehen Sie !«
»Nein wirklich«, sagte die Großmutter.
Der Sohn hatte einen dünnen Hals und war langhaarig, er strengte sich furchtbar an, überlegen zu sein, Sophia betrachtete ihn kalt. Der Herr Direktor reichte der Großmutter artig den Arm, und sie gingen langsam durch das Heidekraut zurück, während er berichtete, daß das Häuschen in einfachem Schären-Stil gehalten sei, denn so wollte er es haben, und in der Natur finde man ganz sein Selbst, und nun seien sie ja Nachbarn, nicht wahr? Sie sind es doch, der mehr zum Festland hin wohnt?
Sophia schaute auf, aber das Gesicht der Großmutter war unergründlich, als sie antwortete, daß sie seit 47 Jahren auf den Inseln gewohnt hätten. Es machte großen Eindruck auf Malander . Er bekam eine neue Stimme und fing an, irgendwas über das Meer zu sagen, an dem er doch so hinge, und daß Meer jedenfalls immer Meer sei. Es war ihm plötzlich peinlich, und er wurde still, der Sohn fing an zu pfeifen und dribbelte einen Tannenzapfen bis zur Terrasse. Dort auf der Bank lag das Vorhängeschloß und die Schrauben daneben.
»Haha«, sagte Sohn Malander . »Marodeure. Typisch.«
Der Vater machte eine besorgte Miene, fummelte an dem Schloß und meinte, daß er einen solchen Streich den Küstenbewohnern nie zugemutet hätte; er habe die Leute von den Schären immer bewundert...
»Die da waren sicher bloß ein bißchen neugierig«, sagte die Großmutter rasch. »Verstehen Sie nicht, die Leute sind neugierig, wenn sich jemand einschließt, die sind gewöhnt, daß... Es ist viel besser, alles offen zu lassen, den Schlüssel hängt man an einen Nagel, zum Beispiel...«
Sie verlor den Faden, und Sophia wurde hochrot im Gesicht. Nun gingen sie ins Haus und wollten einen Schluck auf die Nachbarschaft trinken.
»Bitte ins väterliche Haus eintreten«, sagte Toffe Malander . »After you .«
Und in den großen Raum drang immer mehr Sonne, ein Laden nach dem anderen wurde aufgeschlossen. Der Vater erklärte, daß es ein Fenster mit Aussicht sei, und bat, man solle sich setzen und sich ganz wie zu Hause fühlen. Und dann ging er nach »etwas Feuchtem«.
Die Großmutter setzte sich in einen Korbstuhl, während Sophia an der Lehne hing und unter ihren Stirnfransen hervorguckte.
»Nicht so böse aussehen«, flüsterte die Großmutter. »Das ist Gesellschaftsleben, und das muß man auch können .«
Malander kam mit Flaschen und Gläsern herein. »Kognak«, sagte er. »Und Whisky«, sagte er. »Aber Sie bevorzugen sicher einen Bitter Lemon .«
»Ich trinke Kognak gern«, sagte die Großmutter.
»Einen kleinen und kein Wasser, bitte. Und Sophia, was möchtest du haben?« — »Das andere«, zischte Sophia ihr ins Ohr.
»Sophia möchte lieber Bitter Lemon haben«, erklärte die Großmutter und dachte: Ihr muß Menschenkenntnis beigebracht werden. Wir haben es bisher verkehrt gemacht. Sie muß lernen, mit Menschen zusammenzukommen, auch wenn sie ihr nicht liegen. Bevor es zu spät ist.
Sie stießen an, und Malander fragte: »Beißen sie um diese Jahreszeit an hier draußen ?«
Die Großmutter antwortete, nur Netz, Dorsch und Plötzen und mal ein Zander, und nahe am Ufer. Der Herr Direktor erklärte, daß er eigentlich nicht gern angele, er liebe das Unberührte. Primitives, er mochte also das Unbewohnte und eben überhaupt Einsamkeit.
Dem Sohn war es peinlich, er schob die Hände, so weit er konnte, in die Taschen seiner zu engen Hose.
»Einsamkeit«, sagte Malander , »es bringt einen weiter, nicht wahr ?«
Die Großmutter antwortete: »Ja schon, aber man kann ja auch zusammen einsam sein, allerdings ist das schwieriger .«
»Nein, nein, natürlich«, sagte Malander aufmerksam und ein wenig unbestimmt. Es war eine lange Weile still.
»Zucker«, flüsterte Sophia. »Es ist so sauer .«
»Mein Enkelkind möchte gern ein wenig Zucker in ihren Drink«, sagte die Großmutter. Zu Sophia
Weitere Kostenlose Bücher