Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
Vom Netzwerk:
und dachte: Jetzt fängt er mit dem Pflanzen an.
    Im Sonnenaufgang blendete Licht das Haus, der Himmel war ohne Wolken, Meer und Insel dampften. Sophias Vater zog sich an und ging so leise wie möglich hinaus. Er nahm das Plastiktuch von der Pappel und trug es an seinen Platz oberhalb der Strandwiese. Die Pappel war dreieinhalb Meter hoch. Der Vater legte Erde um die Wurzeln und befestigte den Stamm nach allen Richtungen mit Seilen, fest und sicher. Dann trug er die Rosen in den Wald und bettete sie ins Heidekraut. Danach zündete er sich die Pfeife an.
    Nachdem alles in die Erde gekommen war, folgte eine lange erwartungsvolle Zeit. Jeden Tag war alles gleich still und warm. Die holländischen Zwiebeln öffneten ihre braunen Schalen und wuchsen steil nach oben. Innerhalb der Eindämmung begannen sich weiße Wurzeln im Schlamm zu bewegen, gefangen durch feinmaschiges Metallnetz und verankert mit Steinen. Über die ganze Insel suchten neue Wurzeln ihren Halt, und durch alle Stämme und Stiele strömte Leben.
    Eines Morgens flog die Tür auf, und Sophia schrie: » Gudoschnik ist gekommen .«
    Die Großmutter ging sofort hinaus und setzte sich die Brille auf. Ein schmaler grüner Speer guckte aus der Erde, es war klar und deutlich der Anfang zu einer Tulpe. Sie betrachteten ihn lange.
    »Es könnte auch Dr. Plesman sein«, meinte die Großmutter (aber in Wirklichkeit war es Mrs. John T. Scheepers ).
    Der Frühling belohnte Vaters Mühen mit großer Milde, und alles, außer der Pappel, begann zu wachsen. Die Knospen schwollen und platzten. Zerknitterte, blanke Blättchen, die sich schnell ausbreiteten und immer größer wurden. Nur die Pappel stand nackt zwischen ihren Seilen und hatte sich nicht verändert. Das schöne Wetter blieb bis weit in den Juni hinein, es regnete nicht.
    Über die ganze Insel war ein System von Plastikschläuchen im Moos verteilt und halb darin eingesunken. Sie waren mit Schrauben aus Messing zusammengekoppelt und endeten alle in einer kleinen Pumpe, die unter ihrem Kasten bei dem größten Regenwasserloch stand. Über dem Loch lag eine riesige Plastikhaut, die verhinderte, daß das Wasser verdunstete. Was kluge Leute sich doch alles ausdenken!
    Zweimal in der Woche brachte der Vater die Pumpe in Gang. Das braune Wasser lief durch die Schläuche, und ihre Wasserscheider spritzten als feine Dusche über die Erde oder in einem graden Strahl, je nach Art oder Bedürfnis der Pflanzen. Manche bekamen nur eine Minute lang Wasser, andere drei oder fünf Minuten, bis Vaters Eieruhr klingelte, und er das teure Wasser abstellte.
    Natürlich konnte er dem Rest der Insel nichts geben, und sie wurde langsam gelb. Die wachsende Erde vertrocknete in den Felsenspalten und krümmte ihre Kanten wie alte Wurstscheiben, mehrere Kiefern starben, und jeden Morgen offenbarte sich unerbittlich das schöne Wetter. Über der Küste sah man das eine Gewitter nach dem anderen mit Regengüssen, aber bis über das Meer kamen sie nie. Das Wasser im großen Sumpfloch sank. Sophia betete, aber das half auch nichts, es wurde nicht anders. Und eines Abends, während der Vater goß, brachte die Pumpe ein klägliches gurgelndes Geräusch vor, der Schlauch wurde schlapp, das Loch war vollständig leer, und die Plastikhaut klebte am Boden mit Millionen von Knitterfalten.
    Einen ganzen Tag lang ging Sophias Vater umher und dachte. Er machte Berechnungen und Zeichnungen und fuhr ins Geschäft, um zu telefonieren. Die große Hitze legte sich auf die Insel, die immer müder wurde, je mehr Tage vergingen. Der Vater fuhr ins Geschäft und telefonierte wieder. Schließlich nahm er den Bus zur Stadt. Die Großmutter und Sophia verstanden, daß jetzt die Situation katastrophal war.
    Als der Vater zurückkehrte, hatte er die große Plastikwurst mit. Die Wurst hatte die gleiche Farbe wie alte Apfelsinen, sie füllte das halbe Boot, lag in schweren Rollfalten und war eine Spezialkonstruktion. Natürlich war keine Zeit zu verlieren, die Pumpe und die Schläuche wurden an Bord getragen, und sie fuhren sofort los.
    Das Meer lag blank und faul in einem Nebel von Wärme, und über der Küste stand die übliche Mauer von treulosen Wolken. Die Möwen flogen kaum auf, als sie vorbeifuhren. Diese Expedition war sehr wichtig. Als sie die Schlickschäre erreichten, war das Boot so heiß geworden, daß es Teer ausschwitzte, und die Plastikwurst roch entsetzlich. Der Vater trug die Pumpe zum Moor, es war ein großes tiefes Moos mit Segge und Wollgras. Er

Weitere Kostenlose Bücher