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Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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Apfelsine aus dem Paradies.
    Der Vater zog und riß und holte ein, und nun erhob sich ihr orangefarbener Bauch mit dem Nabel aus Messingschrauben, den sie zum Himmel hin wandte. Die Schläuche wurden angeschlossen, und die Pumpe fing an zu arbeiten — ein großer Klumpen Schlamm und Sand flog empor in die Luft. Und danach schoß ein Wasserstrahl in den Fels, so daß das Moos aufspritzte. »Wasser! Wasser !« schrie Sophia, völlig durchnäßt und ein bißchen hysterisch. Sie umarmte den pulsierenden Schlauch und fühlte, wie er Clematis, Nelly Moser und Fresia , Fritillaria , Othello und Madame Droutschki bis zum Rhododendron und Forsythia Spectabilis Wasser gab.
    Sie sah, wie der kräftige Strahl in einem Bogen über die Insel und in das ausgetrocknete Moorloch hineinsprang. »Wasser !« brüllte Sophia und lief zur Pappel und sah, was sie sehen wollte: einen grünen Wurzelsproß. Und im gleichen Augenblick kam der Regen, warm und mit Gewalt, und die Insel erhielt ihren zweifachen Segen.
    Die Großmutter hatte ihr Leben lang sparen müssen, und deswegen hatte sie eine Schwäche für Verschwendung. Sie sah, wie sich das Moor und die Tonnen und jede Spalte im Berg füllten und überliefen. Sie betrachtete die Matratzen, die zum Lüften draußen lagen und das Geschirr, das sich selbst abwusch. Sie seufzte vor Glück, und in Gedanken versunken füllte sie eine Kaffeetasse aus der Kanne mit dem Trinkwasser und begoß damit eine Margerite.

Das Schurkenboot

    In einer warmen und windstillen Nacht im August war von draußen auf dem Meer ein dunkler Trompetenstoß zu hören. Es war wie die Posaunen des Letzten Gerichtes.
    Doppelte Lichterreihen glitten in einer langsamen Kurve auf die Insel zu, das riesige Motorboot ließ den Motor kreiseln, so wie es nur teure und sehr schnelle Boote können, und die Lampen hatten alle Farben, von Knallblau bis Blutrot und Weiß. Das ganze Meer hielt den Atem an. Sophia und ihre Großmutter standen im Nachthemd auf dem Fels und hielten Ausschau. Das fremde Boot glitt immer näher und näher, der Motor war abgestellt, und die Spiegelbilder der Lampen glichen in dem schaukelnden Meer tanzenden Schlangen aus Feuer. Dann verschwand es unter dem Fels. Sophias Vater hatte schnell noch die Hosen angezogen und lief hinab, um sie in Empfang zu nehmen, aus dem Hafen drang schwache Musik.
    »Sie feiern, sie machen ein Fest«, flüsterte Sophia. »Wir gehen auch dorthin, wir ziehen uns an und gehen sofort hin .«
    Doch die Großmutter sagte: »Warte ein bißchen. Warte, bis sie uns holen kommen .«
    Sie legten sich auf ihre Betten und warteten und schliefen ziemlich bald wieder ein. Und am nächsten Morgen war das Boot verschwunden, war seinen Weg gefahren. Sophia warf sich auf den Fels und weinte. »Er hätte uns doch holen können !« rief sie. »Er hat uns schlafen lassen, während die feierten; das verzeih ich ihm nie !«
    »Er hat sich sehr schlecht benommen«, sagte die Großmutter streng. »Und das werde ich ihm auch sagen, wenn er aufwacht .«
    Das Bild von dem geheimnisvollen Boot tauchte vor Sophia auf und überwältigte sie. Sie schrie auf vor Kummer. »Putz dir die Nase«, sagte ihre Großmutter. »Es ist eine unangenehme Enttäuschung, aber putz dir sie trotzdem! Du siehst schlimm aus .« Sie wartete ein bißchen und sagte dann: »Ich glaube, es waren äußerst unsympathische Leute. Und das Boot war nur ein geerbtes. Die haben gar nicht damit umzugehen gewußt. Aber«, fügte sie rachsüchtig hinzu, »die Einrichtung dazu haben die selbst gemacht, und zwar mit den entsetzlichsten Farben !«
    »Glaubst du«, jammerte Sophia und richtete sich wieder auf.
    »Entsetzliche«, versicherte ihr die Großmutter, »die hatten aalglatte seidene Gardinen in Braun und Gold und Beigelila, Stehlampen und Fernsehgeschirr und Bilder auf Samt gemalt, humoristische, außerdem...«
    »Ja, doch«, sagte Sophia ungeduldig. »Und was dann?«
    »Wenn sie das Boot nicht geerbt haben, ist es geklaut !«
    »Von wem?«
    »Von einem armen Schmuggler. Und alles andere auch, was er sich zusammengeschmuggelt hat, wirklich alles: und sie selbst haben nur Limonade getrunken. Die haben es nur des Geldes wegen genommen«, fuhr die Großmutter fort, erhitzt durch ihre Idee, »und losgefahren sind sie ohne Seekarte und Ruder .«
    »Aber warum sind sie denn zu uns gekommen ?«
    »Um alles in der großen Bergspalte zu verstecken und es dann später zu holen .«
    »Glaubst du selbst, was du sagst ?«
    »Teilweise«, sagte die

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