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Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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koppelte die Schläuche zusammen, warf die Wurst ins Uferwasser und brachte die Pumpe in Gang. Der Schlauch füllte sich und streckte sich über dem Felsen aus.
    Langsam und immer mehr wuchs die große Plastikwurst, alles ging nach Berechnung und Hoffnung. Doch niemand wagte das Schicksal herauszufordern: es fiel kein Wort.
    Sie wuchs bis zu einem riesigen Ballon, eine bis zum Platzen apfelsinenfarbene Regenwolke, die in ihrem Bauch Tausende von Litern Wasser trug.
    »Lieber Himmel, laß sie nicht platzen«, betete Sophia.
    Sie platzte nicht. Der Vater stellte die Pumpe ab und brachte sie ins Boot. Er nahm die Schläuche an Bord und vertäute die Plastikwurst mit starken Achterseilen und ließ die Familie auf der Mittelbank sitzen, schließlich startete er den Motor. Der Motor zog an, die Seile spannten sich, aber die Wurst rührte sich nicht. Daraufhin ging der Vater wieder an Land und versuchte zu schieben, doch nichts geschah. »Lieber Gott, mach mich fromm«, flüsterte Sophia. »Mach, daß es klappt !«
    Der Vater versuchte es noch einmal, doch nichts geschah. Nun nahm er Anlauf und warf sich auf die Plastikwurst, und beide rutschten los über das glatte Seegras, sie fuhren mit einer einzigen, langen, saugenden Bewegung bis ins Wasser, und Sophia schrie auf.
    »Schieb jetzt die Schuld nicht auf den lieben Gott«, sagte die Großmutter. Sie war ganz bei der Sache.
    Sophias Vater kletterte ins Boot, brachte den Motor mit einem Zug in Gang, es ruckte an, Sophia und die Großmutter machten die Bewegung mit, rutschten aus und fielen hin. Die große Plastikwurst sank mit gespannten Seilen langsam ins Meer, und der Vater hing über dem Achter und versuchte zu erkennen, was sie machte. Sie kroch durch den Tang, und wenn es tiefer wurde, verschwand sie ganz und zog den Motor ins Wasser, so daß es zischte. Die Familie kletterte nach vorn, und es war ein knapper Dezimeter zwischen dem Schandeck und dem Wasser.
    »Noch mal bete ich nicht«, sagte Sophia böse.
    »Er kann die Sache trotzdem«, sagte die Großmutter, die im Achter auf dem Rücken lag. Ihrer Meinung nach war die Sache mit dem lieben Gott so: Er hilft schon, aber immer erst, nachdem man sich selbst ein wenig angestrengt hat.
    Die Plastikwurst segelte langsam durch die grüne Tiefe über ihrem Schatten, eine große Blase voll von lebendigem Wasser. Alle Menschen wissen, daß Regenwasser leichter als Salzwasser ist, aber in diesem Fall hatte die Pumpe eine große Menge Schlamm und Sand aufgesaugt. Im Boot war es sehr heiß, und es roch nach Benzin, der Motor arbeitete wie wahnsinnig. Die Großmutter war eingeschlafen. Das Meer war blank wie immer, und die Wolkenbank über der Küste war höher gestiegen. Die große Plastikwurst fuhr gemächlich über eine Sandbank und fiel auf der anderen Seite zu Grund, der Motor lief schneller, raste los, ruckte zurück, und wie selbstverständlich zog das Boot Wasser über Achter. Dann ging es wieder weiter, aber sehr langsam. Die Großmutter begann zu schnarchen. Ein harter trockener Gewitterknall rollte zwischen den Inseln entlang, und schwarze Eilungen sprangen auf das Wasser hinaus und waren genauso schnell wieder weg.
    Als sie um die schmale lange Landspitze kurvten, kam der nächste Knall, gleichzeitig rutschte die Plastikwurst über das Reff, und die Großmutter wachte auf. Sie sah, wie über dem Achter eine kleine blanke Welle ankam und merkte, daß sie naß war. Es war nicht mehr so heiß, verwirrte Wolkenflöckchen flogen über den Himmel, und das Wasser im Boot fühlte sich warm und schön an. Die Landschaft war dunkel geworden mit leuchtenden gelben Flecken, und es roch nach Regen. Sie kamen langsam an die Insel heran, während das Unwetter seine tiefen Schatten über das Meer malte. Alle drei saßen schweigend da, gefangen in Unsicherheit, was nicht gerade spannend war. Hier war es flacher, und jedesmal, wenn die Wurst auf Grund ging, stieg im Boot das Wasser, schließlich kam das Meer in aller Ruhe über die Reling, und gleichzeitig begann es zu gewittern.
    Dem Vater gelang es, den zischenden Motor abzunehmen. Er watete an Land, nach ihm kam Sophia mit dem Schlauch. Ganz vorsichtig rollte sich die Großmutter über die Reling und watete; sie machte auch ein paar Schwimmstöße, nur um sich zu erinnern, wie sich das anfühlt.
    Danach setzte sie sich auf den Fels und goß das Wasser aus ihren Schuhen. Die ganze Bucht war voll von kleinen bösen Wellen, und dort leuchtete die gestrandete Plastikwurst wie eine

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