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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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gegeben?
    Sie klappte die Toilette zu und setzte sich auf den Deckel. Mit einer Hand fuhr sie sich abwesend durch das inzwischen trockene, ungekämmte Haar. Es hatte einige Male Anrufe gegeben, bei denen sich niemand gemeldet hatte. Und in der Bibliothek hatten sich ihr manchmal regelrecht die Nackenhaare gesträubt. Sie hatte dann immer blitzschnell den Kopf herumgedreht, weil sie vermutete, dass einer ihrer Freunde hinter ihr stand, um sie zu erschrecken. Doch da war nie jemand gewesen.
    Ob es sich hierbei wirklich um Mike Sylver handelte? Außerhalb der Schule waren sie sich nie begegnet, aber … Irgendwie kam ihr das doch ziemlich unwahrscheinlich vor. Hatte sie nicht mal gehört, sein Vater sei Polizist?
    Polizisten besaßen Waffen.
    Sie blätterte durch die restlichen Aufnahmen. Die waren jüngeren Datums.
    Rebecca auf der Veranda ihrer Eltern.
    Rebecca, als sie gerade ins Auto stieg.
    Rebecca auf dem Weg zu ihrem Job.
    Rebecca und Josh vor dem Kino.
    Rebecca und ihre neue Freundin Sarah bei Taco Bell.
    Rebecca und Josh, als sie gerade ihr Elternhaus verließen. Joshs Gesicht war stets mit einem X weggestrichen.
    Mit einem Mal gesellte sich zu der Angst, die sie um sich selbst hatte, eine neue hinzu. Ihr wurde klar, dass ihr Freund in Lebensgefahr schwebte. Dieser Perverse war auf sie fixiert, eindeutig, aber er würde ihr nichts tun. Das brächte er wahrscheinlich nicht über sich. Doch Josh wollte er ganz offensichtlich aus dem Weg räumen!

Josh wartete eine ganze Stunde darauf, bis Sarah sich endlich wieder bei ihm meldete.
    »Und, was haben sie gesagt?«, fragte er.
    Sarah versuchte, optimistisch zu klingen: »Officer Lorenz hat mir eine Menge Fragen gestellt. Ich glaube, er wollte so Details meiner Erinnerung wachrufen, die ich eigentlich schon vergessen hatte. Ich soll morgen früh auf die Wache kommen und mir Fotos ansehen, vielleicht werden sie dann auch so ein Phantombild mit mir gemeinsam erstellen.«
    »Wie hat der Kerl denn ausgesehen, Sarah? Erzähl mal.«
    »Also, ich denke, er war etwa so alt wie wir. Vielleicht einen Meter achtzig groß. Ungefähr so wie du.«
    »Okay. Weiter?«
    »Braune Haare, leicht gelockt. Nicht richtig gestylt, sondern nur so mit den Fingern gekämmt. Sah nicht schlecht aus. Ausgeprägtes Kinn, bisschen kantig. Vielleicht ein paar Narben oder Akne. Seltsame Augen, aber an die Farbe erinnere ich mich nicht.«
    »Was hatte er an?«, drängte Josh.
    »Das hätte ich gar nicht mehr gewusst, wenn der Officer mir nicht auf die Sprünge geholfen hätte. Obenrum ein Kapuzensweatshirt. Ich glaube, ohne Logo.«
    Josh war enttäuscht, dass das alles sein sollte. Er hatte auf ein Muttermal, ein Tattoo, rote Haare, eine Gehbehinderung oder sonst was gehofft, womit man den Kerl leicht hätte ausfindig machen können. Er ging im Zimmer auf und ab, das Telefon fest gegen sein Ohr gepresst. »Sarah«, sagte er, »wollen die denn nicht, dass du dir das Video des Sicherheitsdiensts anschaust? Vielleicht würdest du ihn darauf wiedererkennen.«
    »Der Officer hat es nicht erwähnt, Josh, aber ich werde morgen darauf bestehen, in Ordnung?«
    »Sehr gut, und ich werde dir zusätzlich noch mein Jahrbuch zeigen«, sagte Josh leise und trat ans Fenster zur Straße, um hinauszuschauen. Er betete, Rebecca würde dort einfach auftauchen.

    Edward aß seinen Hamburger auf und blieb gedankenverloren in der Nische sitzen. Ein paar Kinder spielten auf der Rutsche im Lokal. Er musste daran denken, wie ihm einmal ein Schnappschuss von Becky geglückt war, als sie gerade die Bibliothek betrat.
    Er hatte damals seine Kamera im Rucksack dabei und ungeduldig auf seine Uhr gesehen. Der Debattierclub traf sich dort immer mittwochs nach dem Unterricht. Er hatte sich die Kapuze seines Shirts tief ins Gesicht gezogen und sich wie üblich wie ein Nicht-Anwesender verhalten. Jeder ignorierte einen, wenn man nur still und mit gesenktem Kopf daherkam. Dann hielten die Mitschüler einen für genau das, was man ja war – einen unwichtigen Einzelgänger –, und ließen einen weitgehend in Ruhe. Die meisten Jugendlichen, die an einer öffentlichen Schule andere hänselten, hatten einen innerhalb von fünf Minuten auch wieder komplett vergessen. Eddie war außerdem klug genug, diesen Typen gar nicht erst über den Weg zu laufen.
    Becky saß immer im selben Bereich der Bibliothek. So konnte Eddie sich ihr leicht nähern, sich hinter einem Regal verstecken und dabei unentdeckt bleiben. Sobald Beckys Freunde auftauchten,

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