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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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würde er wieder verschwinden. Sie mit anderen zu teilen, konnte er gar nicht. Doch heute war Becky früher als sonst gekommen, sodass sie noch allein an einem Tisch saß. Sie hatte den Inhalt ihrer Tasche vor sich ausgebreitet, anscheinend suchte sie etwas. Plötzlich hob sie den Kopf und starrte hinter sich auf das Regal, hinter dem er sich verbarg. Eddie erstarrte, was gut war, denn in dem untersten Fach war eine Lücke, und hätte er sich bewegt, dann hätte sie ihn zweifellos bemerkt. Aber Becky schien nicht weiter alarmiert, sondern wandte sich wieder ihrer Tasche zu.
    Edward erwachte aus seinen Gedanken. Die Erinnerung an diese Begegnung vor acht Wochen brachte etwas anderes in sein Bewusstsein – die Handtasche. Edward hatte sie in der Tüte vom Lebensmittelmarkt auf der Arbeitsfläche in der Küche stehen gelassen. Das war wirklich dumm von ihm. Er hatte doch extra in die Tasche geschaut, und erst jetzt wurde ihm klar, dass sie damit Zugang zu einem Telefon – zu ihrem eigenen Handy – hatte.
    Er schob sich die letzten Pommes frites in den Mund und versuchte, nicht zu panisch zu erscheinen, während er eilig die McDonald’s-Filiale verließ.

    Rebecca blätterte noch einmal die Fotos durch und dachte über jedes einzelne nach. Endlich legte sie sie beiseite, um den Rest der Hütte genauer zu durchsuchen. Sie schaltete das Badezimmerlicht wieder aus und öffnete die Tür. Es war bereits etwas heller als zuvor in den Zimmern. Die Sonne war wohl wieder hinter den Wolken hervorgekommen. Bald aber würde es draußen zu dämmern beginnen.
    Rebecca ging in die Küche und holte sich einen Stuhl, von dem aus sie die oberen Schrankfächer durchsuchen wollte. Sie meinte, ein Geräusch zu hören, als sie nach dem Stuhl griff, doch es war nur ein fernes Grummeln. Donner. Besser als Autolärm. Sie trug den Stuhl zum Schrank und stieg hinauf. Das untere der beiden Bretter war leer, auf dem oberen lag einzig eine Pistole. Sie wusste nicht, ob sie sich darüber freuen oder sich fürchten sollte. Von Waffen hatte sie absolut keine Ahnung.
    Die Pistole wie auch den Stuhl nahm sie wieder mit in die Küche. Anschließend holte sie die Schachtel mit der Munition und legte sie neben die Waffe auf den Tisch. Sie wusste nicht einmal, wie man so ein Ding lud. Kerzengerade saß sie da und starrte ihren Fund an. Doch auch wenn sie sich im Hinblick auf den Gebrauch dieser Waffe hilflos und unwissend fühlte, gab es ihr schon ein Gefühl von Stärke und Hoffnung, diese nur in der Hand zu halten.
    Wieder grollte der Donner. Der Raum verdunkelte sich. Sie fühlte eine plötzliche Kälte und zog die Beine der Jogginghose über ihre nackten Füße. Ob ihre eigenen Kleider wohl schon trocken waren? Egal, jetzt nahm sie erst mal ein paar Kugeln in die Hand und machte sich vorsichtig mit der Waffe vertraut.
    Warum eigentlich erst auf den Morgen warten, dachte sie. Wäre es nicht klüger, sich im Schutz der Dunkelheit davonzustehlen?
    Aber er weiß nicht, dass ich hier bin, erinnerte sie sich. Er hatte vor der Tür gewartet und war dann wieder gegangen.
    Aber ist das hier nicht seine Hütte? Warum wären sonst Fotos von mir da? Warum ist er dann nicht einfach reingekommen? War der Schlüssel unter der Fußmatte der einzige, den er besaß?
    Rebecca überlegte hin und her. Nichts ergab einen Sinn. Außer Flucht.
    Andererseits waren ihre bisherigen Versuche alle gescheitert. Okay, ich bin den Handschellen entkommen, dann durch die Falltür nach draußen, aus der Steinhütte, aber jetzt …
    Ich sitze auch hier in der Falle, machte sie sich klar. Er will wahrscheinlich, dass ich versuche, zu fliehen. Vielleicht ist das genau das Spiel, das er sich ausgedacht hat. Möglicherweise sitzt er an der Zufahrt zur Straße und wartet nur darauf, dass ich rauskomme.
    Der Donner war jetzt näher zu hören, draußen klatschten die ersten dicken Tropfen an die Scheibe. Das Letzte, was sie jetzt wollte, war, raus in den Regen zu gehen, aber genau das musste sie wohl, selbst wenn es zu seinem Spiel gehörte.
    Sie kehrte noch mal ins Bad zurück und zog den Jogginganzug aus. Ihre Kleider waren noch ein bisschen feucht, aber das würde in ein paar Minuten sowieso keine Rolle mehr spielen. Sie rollte die Joggingsachen so fest wie möglich zusammen, um sie in ihren Rucksack zu stopfen. Der war bloß halbvoll. Sie hatte sich noch gar nicht seinen Inhalt genauer angeschaut.
    Kurz entschlossen drehte sie ihn auf den Kopf um und ließ alles daraus auf den Boden

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