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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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mich in dieser Dunkelheit niemals finden.
    So absurd es auch war, sie fühlte sich tatsächlich sicher.
    Am Ende beschloss sie, bis zum Morgengrauen erst einmal nichts zu unternehmen. Außer dass sie die trockenen Joggingsachen anzog. Das konnte sie auch in der Dunkelheit. Die nassen Sachen breitete sie auf dem Boden aus. Dann setzte sie sich im Schneidersitz auf den gestampften Boden, den Rucksack auf dem Schoß. Sie benutzte ihn wie ein Kissen, lehnte sich nach vorn und schloss die Augen.

Die Schlafzimmerlampe brannte noch, als Edward um Mitternacht aufwachte, in Kleidern und Schuhen, die zerknitterten Fotos unter sich begraben. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er eingeschlafen war, und ein paar der Bilder hatte er auch noch ruiniert. Er strich sie glatt und legte sie unter die Zigarrenkiste in der Hoffnung, dass so die Knicke einigermaßen geglättet würden.
    Nachdem er auf seine Uhr geschaut hatte, entschied er, dass jetzt ein Mitternachts-Imbiss genau das Richtige wäre. Also machte er sich zuallererst in der Küche Rührei, dann erst warf er einen Blick nach draußen. Er war froh, dass das Gewitter vorüber war, aber es war noch immer dunkel und sehr nass dort draußen. Becky hatte sich wohl auf den Rücksitz des Autos gekauert, er konnte sie zumindest nicht entdecken. Bestimmt hatte sie dort auch das Laken gefunden.
    Vielleicht lag sie darunter ja nackt.
    Edward blinzelte heftig. Es war ja nicht das erste Mal, dass er während sexueller Phantasien an Becky dachte. Dafür schämte er sich. Er wandte sich vom Fenster ab und aß sein Rührei.
    Das Licht auf der Veranda ließ er anschließend brennen, innen in der Hütte schaltete er aber alle Lampen aus. Er streifte sich im Dunkeln die Kleider vom Leib und schlüpfte unter die straff festgesteckte Bettdecke. Vor seinem inneren Auge ließ er nun noch einmal die Bilder des Abschlussballs ablaufen, nur dass er in diesem Traum nicht zu spät erschien.

    Richtig tief schlief Rebecca die ganze Nacht nicht, dafür zitterte sie zu sehr. Als die Vögel noch vor der Morgendämmerung zu singen begannen, deprimierte sie deren fröhliches Gezwitscher nur. Sie klammerte sich an die winzige Hoffnung, dass das Morgenlicht ihr einen Fluchtweg zeigen würde. Die letzten beiden dunklen Stunden vor der Dämmerung zogen sich gefühlt lang wie ganze Tage.
    Abwechselnd streckte Rebecca erst das eine, dann das andere Bein, bis sie mit dem ersten Tageslicht, das sie auf dem Boden ihrer Grube erreichte, richtig aktiv werden konnte. Während der Nacht war sie zu der Überzeugung gelangt, dass dies wohl ihr Grab werden würde. Nicht einmal Mike Sylver, oder wer auch immer er war, würde sie hier finden. Sie würde weder ihren Freund noch ihre Eltern je wiedersehen. Niemand würde erfahren, was ihr zugestoßen war oder wie mutig ihr mehrere Male die Flucht gelungen war.
    Sie stand auf und streckte sich. Wenn sie sich auf Zehenspitzen stellte, konnte sie gerade eben mit den Fingerspitzen die Bretter über sich erreichen.
    Sie untersuchte ihre Habseligkeiten. Alles noch feucht. Sie schüttelte den Dreck von ihren ausgebreiteten Anziehsachen und legte sie nun mit der anderen Seite nach oben wieder hin
    Auch wenn sie keinen Hunger verspürte, musste sie etwas essen. Eilig verschlang sie vier Scheiben von dem Weißbrot, bevor sie die Plastiktüte wieder verschloss. Dann schimpfte sie mit sich selbst, weil sie kein frisches Wasser eingepackt hatte.
    Sie hatte die Flasche mit dem vergifteten Wasser dabei.
    Plötzlich verspürte sie einen unbändigen Durst. Lass die Finger davon, herrschte sie sich an.
    Doch das Durstgefühl blieb.
    Dann schlichen neue Gedanken in ihren Kopf. Was, wenn es sauber war? Vielleicht hatte sie Glück, und er hatte nicht alle Flaschen vergiftet. Sie musste etwas trinken, oder?
    Was blieb ihr übrig?
    Sie erlaubte sich nur zwei Schlucke aus der Flasche und setzte sich schnell wieder hin, für den Fall, dass sie davon erneut das Bewusstsein verlöre.
    Und genau das geschah.

    Der Wecker seiner Armbanduhr ertönte um sieben Uhr, doch Edward war bereits wach. Er lauschte den Vögeln und versuchte herauszufinden, wie viele verschiedene Arten zu hören waren: sechs und dazu ein Flugzeug in der Ferne, das Rauschen vom Highway und miteinander zankende Streifenhörnchen sowie das Tosen des Windes in den Bäumen. Nach seinem gestrigen Mitternachtsmahl hätte er besser die Vorhänge und Fenster öffnen und die vom Regen frisch gewaschene Luft hereinlassen sollen. Jetzt war

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