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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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im Schein der Taschenlampe seinen Rückweg suchen müssen.
    Er rief seinen Sohn an, doch der meldete sich nicht. Dann tippte er die Nummer seines Kollegen ein, um ihm Bescheid zu geben, dass sie eindeutige Hinweise gefunden hatten. Doch während er den Wähltönen lauschte, dachte er: Dieses junge Mädchen war hier irgendwo. Ihr Entführer war ein Jugendlicher. Sylver könnte ihn leicht überwältigen. Der Gedanke, es allein zu schaffen, gefiel ihm.
    Er legte auf und trabte los.

    »Was war das denn?«, fragte Rebecca und sah mit schräg gelegtem Kopf aus dem Küchenfenster. »Hast du auch jemand gehört?«
    Ed hatte in der Tat auch gehört, dass jemand »Becky« rief. Er sprang vom Stuhl auf und zog hektisch die Vorhänge zu. Er versperrte auch die Türen und lief in die Schlafzimmer und ins Bad, um zu kontrollieren, ob auch dort die Rollos heruntergelassen waren. Rebecca saß wie erstarrt auf ihrem Stuhl und sah ihm zu. Sie wusste, wer da rief, und konnte sehen, dass Ed ihr helfen wollte, sich zu verstecken. Du meine Güte, was, wenn der Kerl hier hereinkam?
    Ed kehrte zurück. »Ich gehe raus. Bleib du hier drinnen. Und gib keinen Laut von dir.« Er schloss die Tür zur Garage auf und versperrte sie sogleich von außen wieder. Rebecca stand auf und spähte zwischen den Vorhängen nach draußen. Sie sah ihn auf einen Weg hinter der Wäscheleine zulaufen.

    »Becky!«, rief Mike immer wieder, während er den Hauptweg entlang trabte. Ein Reh und ihr Kitz sprangen vielleicht dreißig Schritte vor ihm über die Fahrrillen, als hätte er sie aufgescheucht. An der Stelle, wo sie aus dem Wald gekommen waren, verlangsamte er sein Tempo und spähte den schmalen Pfad entlang, den das Wild benutzt hatte.
    Wenn doch Becky sich hier irgendwo in der Nähe versteckte. Dann fiel ihm ein, dass Eddie sie vielleicht jagte. Auch das konnte das Wild vertrieben haben.
    Ein paar Minuten lang blieb er stehen. Dann begann er wieder zu rufen.

    Edward hätte sich fast auf seinem eigenen Grundstück verirrt. Die eng gepflanzten Setzlinge und dazu die dichter werdende Wolkendecke ließen den Wald düster und unheilverkündend erscheinen. Aber schließlich fand er doch den Trampelpfad, den er schon öfter als Abkürzung zwischen dem Haus und der Holzhütte benutzt hatte. Rennen war hier zwar nicht möglich, aber er kam rasch voran, nahm dabei ein paar Kratzer in Kauf und wischte sich ab und zu nur eilig ein paar Spinnwebfäden aus dem Gesicht.
    Er nahm eine raschelnde Bewegung wahr und entdeckte eine Weißwedelhirschkuh mit ihrem Kalb, die sogleich wieder im Dickicht verschwanden. Er blieb stehen und lauschte. Jemand rief nach Becky, er meinte, auch zu hören, wie ein Motor angelassen wurde. Vorsichtig schlich er weiter und achtete darauf, auf keine größeren Äste zu treten. Er erinnerte sich, dass er die Hütte nicht abgeschlossen und Beckys Handtasche in der Küche stehen gelassen hatte. Sie war zwar in der Tüte verborgen, doch wenn jemand sie trotzdem fand, konnte alles verloren sein.
    Er hatte sich einen neuen Plan überlegt. Am Morgen würde er ihr Schlafmittel in den Orangensaft mischen, damit sie träumte, während er mit dem Fahrrad in den Ort fuhr und dann weiter den Bus nach Cheboygan nahm. Dort würde er ein Auto mieten oder kaufen und zurück zu Becky kommen, alles zusammenpacken und gemeinsam mit ihr über die Brücke an einen neuen Ort weiter nördlich auf der Halbinsel reisen.
    Aber wer mochte jetzt hier nach ihr suchen? Was hatte er falsch gemacht? Hatte sie selbst die Handtasche doch schon gefunden und telefoniert? Nein, dachte er, dann hätte sie ihn doch nicht gebeten, seins benutzen zu dürfen. Aber vielleicht hatte ihr Telefon eine Ortungsfunktion?
    Edward war verwirrt. Er konnte nur noch die Umrisse des Autos auf dem Hauptweg erkennen, während er sich tief hinter eine Kiefer duckte. Der Wagen fuhr sehr langsam an ihm vorbei. Edward wagte kaum zu atmen. Als diese Gefahr an ihm vorbeigezogen war, lief Edward schräg weiter auf die Hütte zu. Und sobald das Auto um eine Kurve gebogen und außer Sichtweite war, rannte er über den Weg und die Zufahrt hinauf.

    Rebecca stand zitternd an der Küchentür. Sie lugte erneut hinter dem Vorhang durch und hoffte, den zurückkehrenden Ed zu sehen, aber es wurde immer schwerer, in der Dunkelheit irgendetwas zu erkennen. Ihr war mit einem Mal heiß, fiebrig heiß. Sie wischte sich über die Stirn und spürte die klamme Kälte ihrer Hand auf dem heißen Gesicht. Sie fürchtete, sich

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