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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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doch sein Herz ließ das nicht zu. Becky konnte in noch größere Gefahr geraten, wenn erst einmal die Polizei im Spiel war. Eddie würde dann bestimmt durchdrehen. Mike war sich auf der anderen Seite sicher, dass es ihm selbst gelingen würde, mit Eddie zu reden und ihn zur Vernunft zu bringen.
    Er musste an den Tag denken, als Eddies Vater ums Leben gekommen war. Als Kind hatte er nicht einmal in Erwägung gezogen, dass dieser Unfall etwas anderes als ein schreckliches Versehen gewesen war. Aber was, wenn Eddie doch mit vollem Bewusstsein gehandelt hatte? Mike kannte die Gerüchte, dieses blödsinnige Gequatsche, das über die Kinder aus dem Förderprogramm verbreitet wurde. Etwa, dass sie Hühnern die Köpfe abreißen und die dann essen würden. Dass sie miteinander Sex hätten. Eddie aber war ganz anders. Zumindest hatte Mike das bis heute geglaubt.
    Vielleicht sollte er das Ganze doch erst mit seinem Vater besprechen. Er hatte versprochen, vorsichtig zu sein. Als er sein Telefon aus der Jacke nahm, stellte Mike fest, dass der Akku komplett leer war. Er nahm Beckys Apparat aus ihrer Tasche, tauschte ihre SIM -Karte mit seiner und schaltete das Handy dann ein. Bevor er gleich seinen Vater anrufen würde, scrollte er rasch noch durch die auf dem Gerät abgespeicherten letzten Anrufe Beckys. Er fand die Nummer ihres Freunds und rief Josh an.
    Es läutete drei Mal, dann hörte er die Mailbox-Ansage: »Hallo, hier ist Josh. Ich bin in Indian River, um Becca zu suchen. Bitte eine Nachricht hinterlassen. Ich rufe dann zurück.«
    Mike war überrascht. Josh war ebenfalls hier? Eigentlich konnte er ihn hier nicht gebrauchen. Andererseits würde es ihm alleine vielleicht nicht gelingen, Becky zu befreien.
    »Josh, hier ist Mike Sylver. Ich habe Beckys Tasche, aber nicht sie selbst gefunden. Ich brauche deine Hilfe. Ruf mich unter dieser Nummer zurück.«
    Falls Josh wirklich hier in der Gegend war, konnten sie beide gemeinsam vielleicht mehr ausrichten. Josh wäre ihm auch eine größere Hilfe als sein Vater, nicht wahr? In seinem Kopf legte er sich ein Szenario zurecht, in dem Josh und er Becky retten würden. Becky würde begreifen, dass sie ihre Rettung Mike zu verdanken hätte. Er hatte sie schließlich zuerst gefunden.
    Becky würde ihm für immer dankbar sein.
    Totaler Irrsinn, das wusste er.

    Edward hatte seit dem Tod seines Vaters keine ganze Nacht mehr wach gelegen. Damals hatte er im Bett ausgeharrt und die Deckenlampe angestarrt, während er auf die Stimmen aus der Küche lauschte. Er hatte gewusst, dass sein Leben nie mehr sein würde wie zuvor, und hatte recht damit. Heute Nacht würde er wieder wach bleiben und dafür sorgen, dass sein Leben nie mehr sein würde wie zuvor.
    Die Vorstellung, dass Becky, die inzwischen seine Becca war, im Schlafzimmer nebenan war, stachelte ihn an.
    Er dachte aber auch an Mike Sylver. Mike war ein netter Typ. Ed hatte ihm nie übel genommen, dass sie nicht befreundet geblieben waren. Mike hatte ihm damals in der Cafeteria geholfen, als einer aus dem Abschlussjahrgang ihm ein Bein gestellt hatte, sodass er sein Tablett fallen gelassen hatte und auch selbst hingeknallt war. Mike hatte ihm damals geholfen und ihm auch etwas anvertraut. Was hatte er noch mal gesagt? Dass er, Mike, Becky auch mochte.
    Edward saß auf dem Holzfußboden des Schlafzimmers und dachte gründlich nach. Er starrte in die Dunkelheit und stellte sich Mikes Jagd vor. Ed wusste, dass Mike in der Hütte gewesen war, aber wusste dieser auch von dem Verlies? Und konnte Mike von dem ehemaligen Keller wissen, aus dem Ed seine Becca zuletzt geborgen hatte? Da fiel ihm etwas ein.
    Er bewegte sich in Zeitlupe durch die absolute Dunkelheit. Mit vor sich ausgestreckten Händen erst ins Wohnzimmer und von dort aus in die Küche. In dieser sternenlos schwarzen Nacht hätte nicht einmal eine Katze sich leiser bewegen können.

    Officer Sylver verfluchte seine eigene Ungeschicklichkeit, wegen der jetzt sein Auto im Schlamm feststeckte, der sich nach dem letzten Regen auf dem holprigen Fahrweg gebildet haben musste. Und dann konnte er immer noch nicht seinen Sohn auf dem Handy erreichen.

    Rebeccas Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Ein kleines rotes Lämpchen an der Decke über der Tür musste zu einem Rauchmelder gehören, ansonsten gab es nirgends den geringsten Lichtschein. Sie schloss die Augen und spulte in ihrem Kopf den vergangenen Tag noch einmal ab. Er war lang und anstrengend gewesen, doch sie würde

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