Sommerfalle
selbstverständlich gehalten hatte. Als ihr Kopf auf dem harten Lehmboden aufschlug, verlor sie das Bewusstsein.
Mike fand Josh so vor, wie er ihn zurückgelassen hatte: Auf dem Baumstamm hockend versuchte er, besser auszusehen, als es ihm ging. Mike streckte Josh eine Hand hin und half ihm beim Aufstehen.
»Und?«, fragte Josh und gab Mike die Taschenlampe zurück.
»Sie ist nicht mehr da. Er hat sie woanders hingebracht. Vielleicht hat ihm auch jemand dabei geholfen. Sieht aus, als hätte er Besuch gehabt. Jetzt ist es wirklich an der Zeit, die Polizei zu holen.«
Sie hatten den halben Weg zum Auto geschafft, als sie erst einen Schrei und dann einen dumpfen Aufprall hörten.
Sie drehten sich beide um und rannten los. Mike schaltete im Laufen die Taschenlampe ein und war bald weit vor Josh, der die Schmerzen in seinem Kopf nicht mehr spürte.
Edward war gerade dabei, das Motorrad abzudecken, und zögerte noch wegen des Lärms, den es machen würde, als er den Schrei hörte. Er rannte so schnell, wie er sich in der Dunkelheit traute, und fand Rebecca hinter dem Fahrrad liegend. Er kniete sich neben sie, berührte sie sanft. Wieder einmal war sie von ihm fortgelaufen. Ruppig zog er ihr die Schuhe von den Füßen und warf sie in den Wald. Er würde ihr neue kaufen, sobald sie aufhörte, vor ihm wegzurennen.
»Weg da, verdammt!«, brüllte Mike. Er blendete mit der Taschenlampe in die Augen seines alten Freundes und zog gleichzeitig Beckys Handy aus seiner Tasche. Edward erhob sich steif und stolperte rückwärts über den Baumstamm, als Josh auf ihn zustürmte. Er wehrte sich kein bisschen und heulte erbärmlich, während Josh auf ihn einschlug. Immer und immer wieder.
Mike richtete jetzt das Licht der Taschenlampe auf Rebecca, steckte eilig das Telefon wieder weg.
Solange Josh mit Eddie beschäftigt war, konnte sich Mike um Becky kümmern. Er bemerkte, wie sehr ihm das gefiel. Er beugte sich zu ihr hinab, doch Josh kam schon herbei.
»Was ist mit ihr?« Beide Jungen richteten jetzt ihre Aufmerksamkeit auf das bewusstlose Mädchen. Josh streichelte ihr Gesicht und rief ihren Namen, während Mike ihren Puls fühlte und ihr Genick abtastete. »Ich hole den Wagen. Wir könnten einen Krankenwagen rufen, aber es geht schneller, wenn wir sie fahren.« Josh nickte.
Mike packte Eddie am Arm und zog ihn aus dem Dreck hoch. »Du kommst mit mir, Eddie. Du darfst sogar vorne sitzen.«
Eddie wischte sich die Tränen ab und ließ sich widerstandslos zum Auto führen. Dort tastete Mike ihn ab – wie er es unzählige Male bei seinem Vater gesehen hatte – und fand die Handschellen in seiner Hosentasche.
»Wie praktisch«, stieß er aus. Damit fesselte er Eddie an den Türgriff des Beifahrersitzes.
Die Fahrt ins Krankenhaus von Cheboygan dauerte keine zehn Minuten. Eddie rappelte sich aus seiner zeitweiligen Resignation auf und beharrte darauf, dass sie den Highway nach Norden nahmen, um schneller Hilfe für Becca zu bekommen. Als er damit keinen Erfolg hatte, sackte er noch tiefer in seinem Sitz zusammen.
Auf der Rückbank hielt Josh Rebecca in seinen Armen. Er hatte den Rucksack nach vorne gezogen, aber der Träger hing fest, und er konnte ihn nicht losmachen. Er fühlte sich schwindelig und elend, aber gleichzeitig auch erleichtert und dankbar.
Mit einer Hand zog er am Reißverschluss des Rucksacks und fand dort eine von Beccas Wasserflaschen. Er lehnte ihren Kopf nach hinten und befeuchtete ihre Lippen. Edward bemerkte, was Josh da gerade tat, aber er lächelte nur in sich hinein.
Mike wurde sich der Verantwortung seines Auftrags zunehmend bewusst: erst ins Krankenhaus, dann aufs Polizeirevier und dann noch einmal zurück, um seinen Dad abzuholen. Er war wahrlich Beckys Retter.
Rebeccas Lider hoben sich flatternd, und sie meinte, zu träumen. Sie lag in Joshs Armen. Sie konnte nicht recht verstehen, was er sagte, aber es klang beruhigend. Sie trank das Wasser, das er ihr anbot, und lächelte ihn an.
Sie spürte die Bewegung des Autos und sah an ihm vorbei aus dem Fenster. Dann drehte sie den Kopf in die Richtung des Fahrers. Sie konnte ihn nicht erkennen. Aber Josh war hier. Endlich. Sie war gerettet. Und Ed. Warum, dachte sie benommen, sitzt Ed auf dem Beifahrersitz?
Josh hielt ihr wieder die Wasserflasche an die Lippen, sie nahm dankbar einige Schlucke. Als sie versuchte, ein paar Worte zu formulieren, bedeutete er ihr, zu schweigen.
Die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos, eines der ganz wenigen
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