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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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er war eine Katze. Er konnte im Dunkeln sehen.
    Da hörte er einen Zweig knacken, alle Muskeln spannten sich an. Er hoffte, dass es Mike Sylver war, der zurückkam, um durchs Fenster zu spähen. Und der dabei bemerken würde, dass er sich geirrt hatte. Wenn Mike dann wieder verschwunden war und Ed Ruhe hatte, könne er endlich seine Becky richtig umwerben. Das klang so vornehm. Er würde um sie werben, sie heiraten und sie für immer lieben.
    Da war er auch schon.
    Edward konnte Mike am Fenster sehen. Er nahm sich ganz schön Zeit, hineinzustarren. Was für ein Voyeur! Er musste ihr beim Atmen zusehen.
    Da trat Mike endlich einen Schritt zurück und blickte um sich. Im Wald hinter ihm und links von Edward war ein Geräusch zu hören. Beide Jungen erstarrten. Sie lauschten, atmeten kaum. Endlich rührte Mike sich wieder und ging weiter ums Haus, kam direkt unter Edwards Versteck vorbei und ging dann weiter die Zufahrt hinunter.
    Edward wartete noch ein paar Minuten, bevor er von dem Baum herunterstieg.

    Rebecca hörte das leise Knirschen von Schritten auf dem Weg. Sie hatte sich hinter das Garagentor gekauert und untersuchte beim flackernden Kerzenschein, wie sie es öffnen könnte. Das Fahrrad und der Rucksack lagen neben ihr. Ihr Plan war, das Tor mit beiden Händen zu packen, aufzureißen, sich den Rucksack quer über den Rücken zu werfen, auf das Rad zu springen und wie verrückt aus diesem Albtraum hinauszustrampeln.
    Nun lauschte sie auf die leiser werdenden Schritte. Wo er wohl hinging? Wie lange sollte sie warten? Und am Ende der Zufahrt, sollte sie da nach links oder rechts abbiegen? Nach rechts, dachte sie. Oder würde sie dort vielleicht direkt in eine weitere von Mikes Fallen tappen? Sie wartete und lauschte angestrengt, ob sie Schritte hörte, die zurückkamen. Und schließlich passierte genau das. Sie wusste, dass ihr nur Sekunden blieben, um den Augenblick zu nutzen, in dem er in das gelbe Schlafzimmer gehen und ihre Flucht bemerken würde. Sie hörte ihn husten und sich räuspern, danach ein metallisches Knirschen, bei dem sie sich vorstellte, wie er die zweite Blechdose zusammendrückte.

    Edward zerdrückte die Dose mit einer Hand und warf sie neben die andere. Dann sperrte er die Tür auf und ging direkt in die Küche durch, um einen Schluck Wasser zu trinken. Er hatte gerade den Hahn aufgedreht, als er hörte, wie sich das Garagentor quietschend und rumpelnd öffnete.
    Was war das? Er drehte den Kopf in die Richtung der Garage, zögerte einen Augenblick. Würde Mike in der nächsten Sekunde durch die Verbindungstür zur Garage hereinplatzen, mit der Pistole im Anschlag? Edward war wie gelähmt vor Angst. Doch die Tür öffnete sich nicht.
    Er schlich zur Tür hinüber und presste das Ohr dagegen. Sie war gar nicht vollständig geschlossen und schwang durch den Druck plötzlich ganz auf. Edward strauchelte, sah dann die flackernde Kerze auf dem Boden und nur noch ganz kurz eine Gestalt auf einem Fahrrad, geduckt und heftig davonstrampelnd.
    Bitte sehr, dachte er, nimm ruhig mein Rad und komm nie wieder.
    Aber Moment mal, war das etwa Becca gewesen?
    Er stürzte zu ihrem Zimmer und schaltete das Licht ein. Mit einem Mal wurde Ed klar, wieso Mike so lange am Fenster gestanden hatte. Er musste ihr Anweisungen zugeflüstert und sie davon überzeugt haben, dass sie sich vor ihm nicht fürchten brauche.
    Nein, das ergab nicht einmal in Edwards Gehirn einen Sinn. Becca würde nicht mit Mike fliehen. »Ich muss sie retten«, sagte er laut zu sich selbst.

    Rebecca bog um die erste Kurve und erhöhte ihr Tempo weiter, obwohl das Licht der Außenlampe nicht mehr bis hierher reichte und sie einen Moment brauchte, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Aber sie trat auch blind in die Pedale. Hinter ihr lag die Hölle und vielleicht auch vor ihr. Sie war verwirrt und erschöpft, verängstigt und frustriert, traumatisiert und nahe daran, durchzudrehen. Die Tatsache, dass da ein Baumstamm quer über dem Weg lag, wurde ihr erst in der Sekunde bewusst, als sie schon gegen ihn knallte.
    Das Rad blieb vor dem Hindernis stehen, während sie über den Lenker flog, sich wie eine Artistin überschlug und hart auf dem Weg aufprallte. Noch in der Luft kam ihr ein kurzer, schriller Schrei über die Lippen, der in ihren eigenen Ohren widerhallte. Im Bruchteil einer Sekunde spielte ihr Gehirn einen Kurzfilm über ihr bisheriges Leben ab, quälte sie mit der Glückseligkeit, die sie immer für

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