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Sommerfalle

Sommerfalle

Titel: Sommerfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Chapoton
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Rebeccas silberne Armbanduhr neben seiner eigenen. Sie passte ihm natürlich nicht, aber er hatte sie mit einem Stückchen Schnur um sein Handgelenk gebunden. Wow, ein zwanzigminütiges Nickerchen! Er griff sich den Lappen und das Fensterputzmittel aus einer Tüte auf dem Beifahrersitz. Dann öffnete er die Tür und wurde von morgendlichem Vogelgezwitscher und Fliederduft begrüßt. Edward würde den Stock entfernen, der die Falltür verschloss, danach würde er das Auto ein Stück weiter im Wald verstecken und sie die Schuhe und das Frühstück finden lassen. Ach ja, das Essen und Trinken. Er steckte noch einmal den Kopf in den Wagen und nahm die Tüte mit dem Fastfood heraus. Sie brauchte doch Nahrung und Flüssigkeit.
    Als er um die Bretterwand herum lief, entdeckte er die offene Falltür. Und die Schuhe waren weg!
    Er musste keinen Blick in das Verlies werfen, um zu begreifen, dass sie ihm früher entkommen war, als er geplant hatte.
    »Rebecca! Wo bist du?« Er ärgerte sich dermaßen über sich selbst, dass er die Tüte mit dem Essen einfach fallen ließ und hektisch nach Spuren suchte. Sobald er die frischen Fußabdrücke entdeckt hatte, rannte er zurück zum Auto. Aus dem Kofferraum holte er ein Mountainbike, steckte es geübt zusammen, warf sich einen großen Rucksack über die Schultern und fuhr, so schnell er konnte, in Richtung seines Lieblingspfads. Das war der Weg, den sie aller Wahrscheinlichkeit nach genommen hatte.
    Und den er präpariert hatte, für alle Fälle, nur für alle Fälle.

    »Schwester, könnten Sie wohl bei ihr bleiben, während ich kurz nach Hause fahre?«
    »Natürlich, wir werden alle auf sie aufpassen, machen Sie sich keine Sorgen.«
    Er lächelte verwundert und erfreut, weil sie ihn gesiezt hatte. »Hier ist meine Mobilnummer, falls sie aufwacht, während ich weg bin.« Er gab der Schwester einen Zettel. Dann eilte er in Richtung Aufzug.
    Die Krankenschwester wandte sich an ihre am Schreibtisch sitzende Kollegin und flüsterte: »Ist der nicht süß?«
    »Das ist der, von dem ich dir erzählt habe. Der Beschützer aus Zimmer 304.«
    »Beschützer wie großer Bruder?«
    »Nein, Beschützer wie Leibwächter. Er ist ihr Freund. Man sitzt doch nicht zwei Tage lang hingebungsvoll am Bett eines Mädchens, wenn man ihr Bruder ist. Aber ich würde mir für dich wünschen, dass du recht hast. Ein älterer Bruder würde dir besser passen, richtig?«
    »Aber meinst du denn nicht, dass er ein bisschen zu jung für mich wäre?« Herausfordernd lächelnd heftete sie den Zettel mit der Telefonnummer gedankenverloren an das falsche Krankenblatt.

    Rebecca verlangsamte ihr Tempo und begann, ihre Umgebung wahrzunehmen. Befand sie sich überhaupt noch in Michigan? Sie war in einer wohlhabenden Vorstadt, fünfundzwanzig Meilen nördlich von Detroit aufgewachsen. Und sie hatte an verschiedenen Orten in Michigan Ferien gemacht, war auch schon ein paarmal über die I -75 gen Süden bis nach Florida gefahren, Richtung Westen hingegen hatte sie keinen einzigen anderen Bundesstaat je besucht. Aber hier fühlte es sich irgendwie an wie Michigan. Es roch bekannt, die Vögel zwitscherten vertraut … doch wenn ihr niemand begegnete, den sie fragen könnte, wenn keine Wegmarkierung oder irgendein Schild auftauchte, dann konnte sie, verdammt noch mal, genauso gut in Kanada sein.
    Wenigstens lebe ich noch, dachte sie gehetzt. Die Angst, verfolgt zu werden, war in den Hintergrund getreten. Sie war zuversichtlich, dass sie irgendwann auf Menschen stoßen würde, wenn sie dem Weg weiter folgte. Just in dem Moment entdeckte sie ein buntes Bonbonpapier am Fuß eines Baumes neben dem Weg. Es war weder plattgetreten noch ausgeblichen oder verwittert, sondern sah aus, als hätte man es erst vor Kurzem weggeworfen. Sie machte einen Schritt durch den Farn und bückte sich, um es näher zu betrachten. Es klebte sogar noch ein bisschen Schokolade daran. Rebecca schöpfte Mut. Ein Umweltverschmutzer wäre mir allemal lieber als ein Entführer, dachte sie. Dann blickte sie in den Himmel hinauf und bewunderte für einen Moment das herrliche Blau und die prächtige Kiefer, unter der sie gerade stand. Ein paar Meter über ihr war etwas, das wie ein riesiges Nest aussah. Es war ein natürliches Knäuel aus Zweigen und alten Nadeln, das man, so hatte sie es von ihrem Vater gelernt, Hexenbesen nannte. Bis zu ihrem ersten Jahr an der Highschool war sie mit ihren Eltern jeden Sommer zelten und wandern gegangen, doch dann hatte sie

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