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Sommerferien in Peking

Sommerferien in Peking

Titel: Sommerferien in Peking Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leela Wang
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wirklich eine Schlafmütze! Schau mal, was Lao Lao hier für dich hat!«
    Auf meinem Bett wartet das zweite Geschenk auf mich: ein kleines schickes Top mit Spaghettiträgern und passenden kurzen Hosen. Sie sind dieses Mal aus gelber Seide mit schwarzer Bordüre und gestickten Blumen darauf. Sofort hüpfe ich aus dem Bett und probiere die neuen Sachen an.
    »Jetzt sehe ich wirklich wie ein richtiges chinesisches Mädchen aus!«, rufe ich überglücklich und springe barfuß zwischen Lao Yes großen Pflanzen hin und her.
    »Ja«, lacht Lao Lao, »und du siehst auch noch aus wie ein kleiner wilder Tiger!«
    Die Wohnung von Lao Lao und Lao Ye ist sehr groß. Ein bisschen zu groß, sagt Lao Lao. Je älter man ist und je länger man für das Forschungsinstitut arbeitet, desto größer ist die Wohnung, die man bekommt. Das war die Regel. Lao Lao und Lao Ye sind deshalb alle zwei bis drei Jahre in eine größere und bessere Wohnung umgezogen. Mama sagt, dass sie die reinsten Nomaden sind, auch wenn sie immer nur im selben Compound hin und her gezogen sind.
    »Das Komische daran ist, dass man eigentlich mehr Platz braucht, wenn man jung ist und kleine Kinder hat. Jetzt sind unsere Kinder schon groß und ausgezogen, aber wir haben 150 m 2 mit drei Schlafzimmern. Bevor deine Tante Bin und Mi Mi wieder nach Peking gezogen sind, erschien mir unsere Wohnung doch sehr leer«, meint Lao Lao. »Ich finde es gut, dass man jetzt einfach eine Wohnung kaufen darf, wenn man sie braucht und sie sich leisten kann.«
    Das ist also die neue Regel. Tante Bin hat zum Beispiel in der Vorstadt ein kleines Haus gekauft. Dort verbringt sie mit Mi Mi oft die Wochenenden.
    Als ich und Mi Mi die süße, kühle Sojamilch trinken, die Lao Lao mit einer kleinen Steinmühle selbst gemacht hat, erinnere ich mich plötzlich an das Schlaflied von gestern Nacht. Ich kenne natürlich Chang’es weißen Jadehasen aus den Geschichten, die Lao Lao uns am Mondfestival immer erzählt hat, aber ich kenne den Silberfluss nicht.
    »Lao Lao, was für ein ›Silberfluss am Himmel‹ ist das in deinem Lied?«, frage ich neugierig.
    Lao Lao überlegt kurz und grinst: »Auf Englisch heißt das auch ›Milky Way‹. Diesen Ausdruck kennst du doch bestimmt.«
    Ach, die Milchstraße! Man nennt sie in China ›Silberfluss‹. »Wie schön! Dann kann ich also auf der Milchstraße spazieren gehen oder mein Boot in dem Silberfluss treiben lassen«, sage ich ganz zufrieden.
    »Oder bist du vielleicht selbst das kleine Boot, über das ich gesungen habe?« Lao Laos Grinsen wird breiter, mit einem Blick, der mehr als nur Freude ausdrückt.
    »Schnell, schnell, schnell!« Tante Bin rauscht wie ein Wirbelwind herein und drängt Mi Mi, mit dem Frühstück fertig zu werden. »Hast du Lisa doch aufgeweckt? Haben wir dir nicht gesagt, dass du sie schlafen lassen sollst? Komm, schnell fertig essen. Das Auto von meiner Firma wartet schon unten auf mich«, sagt sie und guckt dabei immer wieder hastig auf die Uhr.
    Mi Mi kaut auf ihrer Unterlippe.
    Ich verteidige Mi Mi: »Ich bin selbst aufgewacht. Ich bin nicht mehr müde«.
    »Wie schön es ist, ein Kind zu sein.« Tante Bin schaut mich verwundert an: »Alles ist leichter, selbst der Jetlag.«
    Ich frage neugierig: »Was hast du eigentlich vor, Tante Bin?«
    »Wir haben heute eine sehr wichtige Verhandlung!« Tante Bins Augen leuchten, aber mehr verrät sie mir nicht.
    »Geh doch schon mal vor«, sagt Lao Ye zu Tante Bin. »Ich bringe Mi Mi in den Kindergarten. Beim Essen darf man niemanden drängen. Kinder gleich gar nicht.«
    Das wirkt wie das »kaiserliche Edikt« bei Mama.
    Mi Mi schießt ihrer Mutter einen kurzen, triumphierenden Blick zu. Dann rutscht sie unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. »Darf Lisa mitkommen und uns zum Kindergarten begleiten?«, fragt sie Lao Ye gespannt.
    »Na klar!«, antwortet Tante Bin schnell an Lao Yes Stelle. »Ich habe übrigens heute Abend noch ein Geschäftsessen. Vor neun schaffe ich es nicht, nach Hause zu kommen.« Sie schaut Mi Mi entschuldigend an: »Wie schön, dass jetzt Lisa da ist. Ihr beide könnt bestimmt toll zusammen spielen.«
    Dann hören wir die hohen Absätze ihrer Gucci-Damenschuhe, wie sie auf dem Flur hastig »klick, klick, klick ...« machen, bis Tante Bin im Lift verschwunden ist.
    »Wieder ein Geschäftsessen«, murmelt Lao Ye und schüttelt gleichzeitig den Kopf.
    »Hat Tante Bin schon gefrühstückt?«, frage ich verwundert.
    Mi Mi antwortet schneller als die anderen: »Mama holt

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