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Sommerferien in Peking

Sommerferien in Peking

Titel: Sommerferien in Peking Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leela Wang
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weiß, ist ganz anders als das, was man im Herzen fühlt. Er wird mir total fehlen.
    »Danke!« Ich freue mich über die Geschenke, aber irgendetwas tief in meinem Herzen rührt sich. Es tut mir weh, wenn ich daran denke, dass ich morgen schon China verlassen werde. Es ist fast so wie damals, als wir nach Deutschland gezogen sind.
    Als ich Ping vorgestern zu der Abschiedsparty eingeladen habe, haben wir uns gleich versöhnt. Er hat sich am Telefon bei mir entschuldigt.
    »Das mit der Banane ... das habe ich nicht wirklich so gemeint. Ich war nur so nervös. In ein paar Jahren muss auch ich das Abitur machen«, sagte er sachlich.
    »Na ja, vielleicht wird es nach ein paar Jahren nicht mehr so schlimm sein«, tröstete ich ihn.
    Ping schwieg eine Weile und sagte dann: »Mama hat schon mal angedeutet, dass ich vielleicht mein Fußball-Training aufgeben sollte ...«
    »Wirklich?« Ich konnte es nicht fassen. Kein Wunder, dass Ping sich so aufgeregt hatte. Er spielt doch so gerne Fußball!
    Heute ist Ping sehr ruhig. Ich witzle: »Also, wo ist mein Geschenk, Ping? Gib es gleich her!«
    Er zeigt seine leeren Hände und entschuldigt sich: »Ichhabe kein Geschenk mit.« Doch plötzlich strahlen seine Augen, genauso wie damals, als ich ihn kennengelernt habe.
    »Aber ich werde dich in Deutschland besuchen!«
    »Wirklich? Dann bekomme ich also Besuch aus China! Das ist besser als jedes Geschenk!«, sage ich überglücklich.
    »Es wäre super, wenn ich auch in deine Schule gehen könnte«, fügt Ping hinzu. Ich habe Ping einmal erzählt, dass wir in den Ferien gar keine Hausaufgaben haben. Seitdem beneidet er mich immer sehr um meine Schule. Die chinesischen Kinder haben eben viele Hausaufgaben, auch in den Ferien.
    »Hallo, Lisa«, höre ich plötzlich eine aufgeregte Stimme hinter mir.
    »Lei?« Irgendwie klingt er heute ganz anders und sieht auch so verändert aus. Nicht nur wegen der kleinen neuen Narbe auf seiner Stirn, sondern wegen seiner ganzen Haltung. Er wirkt fast heiter und ist auch nicht so blass wie früher. Besitzt Lao Laos Suppe wirklich Zauberkraft, dass Lei nach ein paar Tagen schon wieder gesund ist?
    »Ich habe gerade einen Brief von der Kunstakademie bekommen. Sie haben mich zur Aufnahmeprüfung zugelassen und ich werde hingehen«, sagt er. Die Aufregung ist ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Das ist toll! Ich gratuliere! Aber was ist mit Mathe?«, rutscht es mir heraus.
    Lei bläst die Luft aus den Wangen. »Ich muss da keine Matheprüfung machen. Ich muss einfach nur etwas malen.« Er lacht ein bisschen schüchtern.
    »Darf ich euch etwas verraten?« Unbemerkt steht Tante Bin schon hinter uns. Sie sagt mit einer geheimnisvollen, tiefen Stimme: »Ich habe auch nie Mathe gemocht. Mathe war nie mein Ding.« Dann schreit sie plötzlich laut ins Zimmer: »Aber ich habe heute einen Fünf-Millionen-Yuan-Vertrag für unser Hotel abgeschlossen!«
    Wow, so viel Geld kann ich mir gar nicht vorstellen. Das ist echt großartig, denke ich, genauso wie alle anderen im Zimmer, die laut jubeln und Tante Bin gratulieren.
    »Hier noch ein kleines Geschenk von mir.« Lei übergibt mir eine Papierrolle und meint aufmunternd: »Los, mach es auf!«
    »Das bin doch ich!«, rufe ich völlig überwältigt. Keiner kann besser malen als Lei! Auf dem Bild bin ich in meinem gelb-schwarzen Seiden-Outfit zu sehen, wie ich gerade mit einem langen Taiji-Schwert eine goldbraune Pekingente in Scheiben schneide. Alles wirkt so lebendig, als ob es wirklich geschehen wäre.
    Irgendwann hat sich Onkel Zhao hinter uns gestellt und schaut nun auch das Bild an. Er legt den Arm um Lei und sagt kein Wort. Aber seine Augen funkeln vor Stolz.
    Als wir mit dem Kindersekt anstoßen, rufe ich laut vor Freude: »Auf die Reise nach China!«
    »Und auf die Reise nach Deutschland!«, fügt Ping genauso begeistert hinzu.
    »Und auf die Kunstakademie!«, meint Lei lachend.
    »Halt!«, ruft Mi Mi hastig.
    Wir können gerade noch die Gläser vor den Lippen anhalten und starren sie verdutzt an.
    Mi Mi überlegt ein paar Sekunden. Dann prostet sie uns zu: »Und auf meinen Hund Lucky!«
    »Du hast einen Hund bekommen, Mi Mi?«, frage ich verblüfft.
    »Noch nicht. Aber wenn ich meinen nächsten Geburtstag habe, bekomme ich einen. In drei Wochen! Das hat Mama mir versprochen!«
    Boah, da hat Mi Mi aber Glück. Einen eigenen Hund. Kein Wunder, dass sie ihn »Lucky« nennt.



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