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Sommerferien in Peking

Sommerferien in Peking

Titel: Sommerferien in Peking Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leela Wang
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Kollegen zu uns nach Hause eingeladen. Jetzt haben sie doch alle schon selbst Familien und feiern bei sich.« Lao Lao schaut Lao Ye an und beide lächeln.
    Tante Bin kommt auch dazu: »Damals hatten wir nur zwei kleine Zimmer und sehr wenig Möbel. Aber Lao Laound Lao Ye haben zwei Tische zusammengestellt und trotzdem viele Freunde eingeladen. Damals war Fleisch besonders schwierig zu bekommen. Nur beim Frühlingsfest konnten wir leckere Jiaozi essen. Deine Mama hat recht: Lao Laos Jiaozi-Partys waren die besten Partys überhaupt.«
    Lao Lao sagt: »Auch die Stühle haben kaum gereicht. Aber niemand hat sich beklagt. Es war wirklich schön.«
    Ach so ist das. Ich umarme Lao Lao und frage: »Ich mag aber deine Jiaozi am liebsten. Kann ich trotzdem zum Frühlingsfest zu euch kommen und Jiaozi essen?«
    »Natürlich kannst du«, lächelt Lao Lao mich an. »Jiaozi sind für alle ...«, sagt sie und plötzlich versagt ihre Stimme. Sie nimmt schnell ein Taschentuch und tupft sich ihre Augenwinkel trocken. Dann flüstert sie in mein Ohr: »Aber das kleine Boot muss erst mal zu Mama nach Hause treiben.«
    Ich verstehe plötzlich, was Mama mir gesagt hat: »Freud und Leid, Wiedervereinigung und Trennung gehören zusammen.« Und ich flüstere zurück: »Ich bin aber auch hier zu Hause, nicht wahr, Lao Lao?«
    Als sich unsere Blicke treffen, erstrahlt auf Lao Laos Gesicht ein wunderschönes Lächeln. Sie sagt: »Aber natürlich. Du hast eben Glück, dass du in China und in Deutschland zu Hause bist.«
    Welches chinesische Sprichwort hat Mama mir damals erzählt, als wir umziehen mussten? »Ein richtiger Kerl ist überall auf der Welt zu Hause.« Beleidigt brummte ich sofort: »Aber ich bin doch kein Kerl.« Da antwortete Mama geduldig: »Ein ›richtiger Kerl‹ ist nichts anderes als ein Mensch mit großem Herz. Der Grund des Herzens ist weiter entfernt als das Ende der Welt. Jeder kann ein großes Herz haben.« Als sie das sagte, sah ich in ihren Augen weder Heimweh noch Fernweh. »Wie kann man so sein?«, fragte ich mich damals.
    Jetzt verstehe ich Mama. Aber ich glaube, eines hat sie damals nicht gesagt. »Wo man wirklich zu Hause ist, ist dort, wo die Familie ist.« Das habe ich selbst herausgefunden.
    »Ist das nicht eure Kanzlerin?«, schreit Ping plötzlich und zeigt mit dem Finger zum Fernseher. In den Nachrichten wird über den Besuch der deutschen Kanzlerin in China berichtet. Sie probiert gerade das Diabolo-Spiel aus, das viele Chinesen am Morgen im Park spielen.
    »Das ist sie«, bestätige ich stolz.
    Ping betrachtet sie und sagt nach einer Weile: »Sie kann aber gut mit dem Diabolo spielen!«
    »Wenn ich gewusst hätte, dass sie auch hier ist«, sage ich gut gelaunt, »hätte ich sie zu Lao Laos Jiaozi eingeladen.«
    Pings Mund klappt ein paar Mal auf und zu – wie bei einem nach Luft schnappenden Karpfen. Ungläubig fragt er: »Du willst eure Kanzlerin einladen? Meinst du das ernst?«
    Ich muss lachen: »Warum nicht? Lao Lao hat doch gesagt, dass Jiaozi für alle sind.«
    Während wir laut lachen, bekomme ich das Gefühl, dass in diesen Sommerferien alles möglich ist. Selbst wenn Sophie jetzt zur Tür hereinkäme, würde ich mich nicht wirklich wundern. In den letzten E-Mails haben wir uns für ein Treffen in Frankfurt verabredet. Sie hat ihre Eltern davon überzeugt, sie nach Frankfurt zu fahren, wo wir uns am Flughafen treffen werden. Da haben wir dann noch einen Tag Zeit, um gemeinsam etwas zu unternehmen.
    Es ist schon spät. Alle Gäste sind gegangen und ich merke plötzlich, wie still die Nacht ist. Auch mein dicker Koffer, den Lao Lao schon fünf Mal ein- und ausgepackt hat, steht ruhig in der Ecke und wartet auf morgen.
    Heute Abend glitzern sogar Sterne am Himmel, was man in Peking selten sieht. Nach dem starken Regen der letzten Tage ist die Stadt abgekühlt. Der Herbst liegt in der Luft und ich kann ihn schon riechen.
    Ich halte meinen Tiger Lily fest im Arm und kuschle mich in meine Bettdecke, kann aber einfach nicht einschlafen.
    Das Mondlicht schimmert jetzt durch das Fenster. Bald wird in China das Mondfest gefeiert, bei dem alle Familien zusammenkommen, um den hellen Vollmond zu bewundern. Lao Lao hat uns eben noch erzählt, wie hübsch die Laternen aussehen, die zum Mondfest aufgehängt werden, und wie Tänzer durch die Straßen wirbeln und den wunderschönen Drachentanz aufführen ...
    Schläfrig höre ich wieder, wie Lao Lao für Mi Mi das Schlaflied singt. Sanft schwebt ihre Stimme durch

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