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Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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doch gar nicht, was ich mache. Ich lebe nicht mehr hier, ich habe keine Verwandten mehr außer Omma Luise, und die wird ja wohl kaum da einziehen wollen, die sitzt in ihrer Residenz wie Graf Koks von der Gasanstalt!«
    Ha! Graf Koks hat er erst gestern aus den Tiefen seines Gedächtnisses gehoben. Und jetzt ist er schon wieder zur Stelle!
    »Und Geld! Wenn ich das schon höre! So viel Geld kriege ich doch gar nicht dafür! Damit kann ich in München keine großen Sprünge machen. Hast du eine Vorstellung davon, was diese Stadt kostet? Kaum sind wir länger als zwei Sekunden alleine, stänkerst du mich an, als wäre ich der letzte Harry!«
    Charlie muss lachen. »Der letzte was?«
    »Ja nun, sagt man doch so.«
    »Der letzte Harry! Klasse, ehrlich! Was ist das für einer, der letzte Harry? Noch besser: Was ist der vorletzte Harry für einer? Und erst recht der erste! Der erste Harry mussein richtiger Knaller sein! Steckt wahrscheinlich ständig zusammen mit Graf Koks von der Gasanstalt.«
    »Au Mann, gehst du mir auf den Sack!«, sagt Stefan und geht los, damit sie nicht sieht, dass er auch lachen muss. Der erste Harry und Graf Koks von der Gasanstalt. Die machen wahrscheinlich den Larry beim billigen Jakob, und der schräge Otto macht die Musik dazu. Herrgott, jetzt hat sie ihn zum Lachen gebracht, und gleichzeitig wird ihm ganz anders, wenn er ihre nackten Oberarme sieht, das Lederarmband an ihrem Handgelenk, das lederne Bändchen um ihren Hals, das Blitzen in ihren Augen und die ganze Frechheit, mit der sie so um sich wirft, das hält doch keiner aus, das ist ja wie im Planschbecken hier oder wie bei Rabes unterm Tisch, also ab vom Hof oder durch die Mitte vom Acker, aber da packt sie ihn von hinten am Arm und dreht ihn um wie einen rebellischen Sklaven, der sich unerlaubt vom Haus seines römischen Besitzers entfernen wollte. Den Bruchteil einer Sekunde denkt er, dass sie ihn jetzt herumdreht und einfach küsst, aber das tut sie natürlich nicht, das wäre ihr zu billig, sondern sie sagt etwas.
    Sie sagt: »Ich weiß tatsächlich so gut wie nichts von dir. Und du weißt nichts über mich. Ich sage dir, du würdest dich wundern!«
    »Du machst Webdesign. Ich dachte immer, du machst mal eine Kneipe auf.«
    »Dafür ist es ja noch nicht zu spät. Wie gesagt, du würdest dich wundern.«
    Jetzt geht es darum, nicht einzuknicken, also macht er sich los und geht die Straße hinunter. Charlie folgt ihm und macht sich ein bisschen über ihn lustig, weil er jetzt einen auf hart mache, aber dass er das bei ihr doch nicht brauche, obwohl das natürlich schon auch reizvoll sei,wenn Männer ihren eigenen Kopf hätten, obwohl sie ihn ja nie so als Mann gesehen habe, sondern eher als kleinen Bruder, und da bleibt er dann doch stehen und sieht sie an. Er will etwas sagen, aber in ihrem Blick sieht er, dass ihr klar ist, sie ist zu weit gegangen, und deshalb sagt er gar nichts, sondern geht einfach mal davon aus, dass sie an das Gleiche denkt wie er, und dann sind sie wieder bei den anderen, und Frank Tenholt sagt, er habe da einen Plan.

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13
     
    13 Frank Tenholt flucht und sagt was von einem Schlüssel, den er vergessen hat, aber das ist jetzt irgendwie auch egal, denn Stefan wird langsam müde. Er hat letzte Nacht nicht genug geschlafen und war jetzt den ganzen Tag unterwegs. Er ist auf einen Turm gestiegen, hat einen Schrank transportiert, Junkfood in sich hineingestopft, einem Fußballspiel mit tragischem Ausgang beigewohnt, Odysseus als faschistoiden Raumfahrer kennengelernt, eine junge Frau gerettet, viel geredet und viel getrunken. Jetzt sitzt er auf dem kalten Boden der Maschinenhalle einer stillgelegten Zeche, die heute natürlich ein Museum ist, Frank Tenholts Museum. Es ist Nacht, und es ist irgendwie Schluss mit lustig.
    Früher hörte der Spaß nie auf, heute denkt man schonim Moment des Trinkens an morgen und an den Kopf, den man dann haben wird, und die Kalorien und wie ungesund das alles ist. Nicht dass man es dann sein lässt, das Saufen und das Junkfoodfressen, denkt Stefan, im Gegenteil, man frisst auch noch das schlechte Gewissen mit, also praktisch in sich hinein, und fragt sich, was denn überhaupt noch Spaß machen soll.
    Kinder zum Beispiel. Meint jedenfalls Karin Tenholt, die gerade auf ihn einredet, während ihr Mann am anderen Ende der Halle fast anfängt zu flennen, weil er diese gigantische Dampfmaschine nicht in Gang bringt. Karin kommt ihm sehr nahe, doch die anderen bekommen das nicht mit.

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