Sommerflammen
organisieren, du bist Im sie da. Daraufkommt es an. Soll ich dich begleiten?«
»Ich fände das schön, aber ich glaube, Irene wäre es unangenehm.«
Er nickte, er hatte schon so etwas vermutet. »Wenn du das für richtig hältst, kannst du ihr mein Beileid übermit-teln. Und ihr sagen, dass ich schlimm finde, was sie alles durchmachen muss.«
»Jetzt habe ich uns beide traurig gemacht, dabei wollte ich doch nur sagen, wie glücklich ich bin.«
»Ein Paar steht in Freud und Leid zusammen. Ich möchte beides mit dir teilen.«
Es war schon fast so weit, dachte sie mit Schmetterlingen im Bauch. Fast konnten sie beide es aussprechen. Sie hatte wirklich unverschämtes Glück gehabt.
»Lass uns einen Mondspaziergang machen«, schlug sie vor. »Draußen im Garten. Wir trinken den Wein aus, und dann küssen wir uns.«
»Du hast einfach immer die besten Ideen.«
Das Handy einer Toten zu benutzen, um einen Mann in den Tod zu locken, fühlte sich fair an. Ein Mann Gottes sollte das eigentlich verstehen, denn wie heißt es so schön? \uge um Auge, Zahn um Zahn. Dabei war Latterly gar kein Mann Gottes, sondern ein Betrüger, ein Lügner, ein Ehebrecher und Hurenbock. Wenn man so wollte, hatte Latterly Dolly umgebracht. Er hatte sie in Versuchung geführt, sie vom Pfad der Tugend abgebracht. Und selbst wenn es andersherum gewesen war und sie ihn in Versuchung geführt hatte, war er zumindest auf ihre Avancen eingegangen.
Dabei hätte er sie beraten, ihr zur Seite stehen, ihr hel fen müssen, ein anständiger Mensch, eine ehrbare Frau und eine gute Mutter zu werden. Stattdessen hatte er seine Frau, seine Familie, seinen Gott, seine Kirche betrogen, um Sex mit der Tochter einer seiner Gemeindeglieder zu haben.
Sein Tod wäre nur eine gerechte Strafe, göttliche Vergeltung. Die SMS hatte ihren Zweck erfüllt, es war ganz einfach gewesen.
ich wars nicht, komm und bring geld. sag nichts, lass uns erst reden, um 1 vor dem lolo-pass-Besucherzentrum. DRINGEND, kann dir helfen, dolly
Natürlich rief der Todgeweihte die Tote an. Als der Anruf unbeantwortet blieb, kam eine SMS, der zu entnehmen war, wie schockiert und panisch er war und wie viele Fragen er hatte. Doch die ließen sich leicht umgehen.
muss dich unter 4 augen sprechen, tue, was du sagst, nachdem du weißt, was ich weiß, kann nicht mehr schreiben, fliege sonst auf
Er würde kommen. Und wenn nicht, gab es bestimmt einen anderen Weg. Ein vorsätzlicher Mord war etwas voll kommen anderes als ein Unfall mit Todesfolge. Wie würde sich das anfühlen?
Der Wagen erreichte sein Ziel zehn Minuten zu früh, obwohl er so langsam fuhr, die Forsttrasse entlangkroch. Im Grunde war es einfach, ganz einfach. Sollte man erst noch miteinander reden, damit der Todgeweihte begriff, warum er sterben, in der Hölle schmoren musste?
Latterly rief leise nach Dolly, seine Stimme war kaum mehr als ein raues Flüstern in der Stille der Nacht. Am Tor wartete er im Wagen, im Mondlicht sah man nur seine Silhouette.
Der Tod ist geduldig.
Latterly stieg aus, wandte den Kopf erst nach rechts und dann nach links, während er weiterhin Dollys Namen rief und die Straße entlanglief.
Ja, im Grunde war es ganz einfach.
»Auge um Auge.«
Latterly sah sich um. Das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben, als sich ein Schatten im Mondlicht bewegte.
Die erste Kugel traf ihn mitten in die Stirn und hinterließ ein kleines schwarzes Loch, verwandelte Entsetzen in heillosen Schrecken. Die zweite traf sein Herz, woraufhin Iangsam Blut hervorsickerte, das schwarz im fahlen Licht schimmerte.
Ganz einfach. Eine ruhige Hand, das Herz auf dem rechten Fleck. Keinerlei Schock, keine Trauer, kein Zittern, nicht diesmal.
Der Körper musste ziemlich weit geschleift werden, über was man angefangen hatte, musste man auch ordentlich zu Ende bringen. Außerdem war der Wald nachts schön und geheimnisvoll. Friedlich. Ja, für eine Weile sogar friedlich.
So lange, bis die Leiche auf dem schon vorbereiteten Scheiterhaufen lag.
Reverend Latterly sah gar nicht mehr so gut, nicht mehr so fromm aus - jetzt, wo seine Kleidung zerrissen, seine Haut aufgeschürft und schmutzig war.
Ein kurzes Aufflammen des Feuerzeugs genügte, und schon fuhr er zur Hölle.
Flammen loderten zischend empor, verschlangen gierig das Benzin und den Sauerstoff aus der Luft. Der Kör per würde genauso verbrennen wie die Seele. Während das Feuer immer höher schlug, sich weiter ausbreitete, senkte sich erneut so etwas wie Frieden
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