Sommerflammen
Marge mehr.«
»Daran habe ich auch schon gedacht.« Da Marge ihn mochte, ging Gull mit Rowan zu ihr in die Küche.
Kein besonders günstiger Moment, dachte er, als sie in die Hitze und die Hektik eintauchten. Marge, Lynn und die neue Köchin Shelley eilten perfekt aufeinander eingespielt hin und her, dass er sich an einen kulinarischen Hochseilakt erinnert fühlte.
»Hallo.« Lynn füllte einen Bottich mit Nudelsalat. »Shelley, wir brauchen noch mehr Baguettes, und der Hühnersalat geht auch langsam zur Neige.«
»Bin schon dabei.«
»Bring die leere Grillpfanne mit, wenn du zurückkommst«, befahl Marge Lynn und wischte sich mit einem Geschirrtuch über das erhitzte Gesicht. »Die freuen sich bestimmt über Nachschub. Ich weiß doch, wie sie über das Zeug herfallen.«
»Allgemeine Lagebesprechung um eins«, maulte sie und fuchtelte mit einem Löffel vor Rowan herum. »Zur Stoßzeit sozusagen, damit wir hier schon vor zwölf regelrecht überrannt werden.«
»Ich könnte beim Schneiden helfen«, bot Rowan an.
»Bloß nicht! Sobald wir die zweite Ladung Grillfleisch draußen haben, können wir kurz verschnaufen.«
»Du hattest recht.« Lynn kam mit einer fast leeren Pfanne zurück. Gemeinsam mit Marge füllte sie sie erneut.
»Damit hätten wir alles bis auf das Nachspeisenbüfett. Shelley und ich können uns darum kümmern.«
»Braves Mädchen.« Marge holte zwei Teller, warf die aufgeschnittenen Baguettes darauf, belegte sie mit Grillfleisch und gab einen Klecks Nudelsalat und Kürbisgemüse dazu. Sie zeigte auf Gull. »Hol drei Bier und trag
das zu meinem Tisch. Hier.« Sie schob Rowan einen Teller zu, bevor sie zum Besteck griff. Dann eilte Marge nach draußen und stemmte ihre Hände in den unteren Rücken. »Puh!«
»Setz dich, Marge.«
»Erst muss ich mich mal so richtig strecken. Los, esst schon.«
»Willst du nichts?«
Marge winkte ab. »Ich bin nur darauf scharf«, sagte sie und griff nach dem Bier, das Gull ihr hinhielt. »Ich habe die Klimaanlage auf fast schon arktische Temperaturen eingestellt, aber sobald es Zeit zum Mittagessen wird, herrscht da drin eine Hitze wie in Nairobi. Esst, aber schlingt nicht.«
Gull nahm das Baguette und biss hinein. Es war warm und saftig, das Schweinefleisch zerging ihm zusammen mit der würzigen Soße förmlich auf der Zunge. »Marge, was muss ich dir bieten, damit du bei mir einziehst?«
»Jede Menge Sex.«
»Darin bin ich gut«, sagte er nach einem weiteren Bissen und zeigte auf Rowan, so als könnte sie das bezeugen. »Wrklich.«
»Tja, jeder hat so seine Qualitäten«, bemerkte Rowan. »Was ist los, Marge?«
»L. B.s Nerven liegen blank. So aufgebracht sieht man ihn selten, und deshalb ist er ja so gut in seinem Job. Aber in den letzten Tagen stand er wirklich unter Strom. Er hat jeden Schirm, jeden Rucksack, jede Kombi kontrolliert. Fehlt nur noch, dass er sie mikroskopisch untersuchen lässt. Jeder Ausrüstungsgegenstand, jedes Werkzeug wird inspiziert, einfach alles. Er lässt sogar die Jeeps, die Planierraupen und die Flugzeuge untersuchen.«
Sie nahm einen großen, genüsslichen Schluck Bier, stellte die Flasche ab und ging zu Gulls Erstaunen in den Herabschauenden Hund. »Ah, tut das gut. Er hat Quin-niock kommen lassen.«
»Er will die Polizei einschalten?«, fragte Rowan.
»Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass Leo für all das verantwortlich ist. Vielleicht hat er recht.« Sie lief mit den Füßen nach vorn in die Vorwärtsbeuge und streckte sich anschließend wieder. »Irene verlässt ihn. Sie packt bereits ihre Sachen. Die Brayners nehmen das Baby morgen mit, und ich glaube, Irene wird ihnen folgen. Sie zieht für ein paar Wochen zu deinem Dad, bis sie ihre Angelegenheiten geregelt hat.«
»Sie zieht mit Dad zusammen?«
»Nein, nur in sein Haus. Er hat es ihr angeboten, denn er wohnt bei Ella.«
»Ach?«
»Schau mich nicht so an. Das musst du mit deinem Vater besprechen. Leo steht mittlerweile wegen Selbstmordgefahr unter Sonderbeobachtung. Er bekommt die Zähne nicht auseinander und möchte einen Lügendetektortest. Der soll heute oder morgen stattfinden. Das war’s. Ich muss zurück.«
Gull wartete kurz und kostete von dem Nudelsalat. »Trotz des Chaos denkst du bestimmt nur daran, dass dein Vater mit dem scharfen Rotschopf zusammenzieht.«
»Halt’s Maul! Außerdem tut er Mrs. Brakeman nur einen Gefallen.«
»Ja, er opfert sich förmlich für sie auf. Weißt du, was ich glaube?«
Sie starrte bewusst Löcher in die Luft.
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