Sommerflammen
Sie sich ein paar Minuten Zeit für uns nehmen. Ich weiß, dass Sie gerade einen anstrengenden
Tag erleben. Würde es Ihnen etwas ausmachen, die Tür zu schließen?« Die sanfte, höfliche, verbindliche Stimme passte zum Anzug.
»Setzen Sie sich«, sagte er. »Ich habe ein paar Fragen an Sie.«
»Gut.«
»Ich kenne Ihren Vater. Das dürfte allerdings für die meisten hier gelten. Sie steigen da in ziemlich große Fußstapfen, und wie ich höre, gelingt Ihnen das ziemlich gut.«
»Danke.«
»Sie und Miss Dolly Brakeman hatten vor ein paar Tagen eine Auseinandersetzung?«
»So kann man das auch nennen.«
»Wie würden Sie es denn nennen?«
Sie hätte ihn am liebsten an seiner knallroten Krawatte gepackt. Verhalte dich intelligent, hatte Gull gesagt, womit er leider recht hatte. Also zwang sie sich, eine entspannte Haltung einzunehmen und sagte kühl: »Ich würde eher von unbefugtem Zutritt und mutwilliger Zerstörung von Privateigentum durch eine Irre sprechen. Aber das ist meine Privatmeinung.«
»Offensichtlich nicht nur Ihre. Andere teilen diese Meinung durchaus. Sie haben Miss Brakeman in Ihrem Zimmer dabei ertappt, wie sie Tierblut auf Ihr Bett geschüttet hat, stimmt das?«
»Ja. Nachdem sie es bereits auf den Boden, meine Kleidung und mein restliches Hab und Gut gekippt hatte und damit meine Wand beschmiert hatte. >Schmor in der Hölle<, stand da, um genau zu sein.«
»Ja, mir liegen Fotos von dem Schaden vor. Mr. Little Bear hatte sie gemacht, bevor der Raum gereinigt und frisch gestrichen wurde.«
»Oh.« Das nahm ihr kurz den Wind aus den Segeln. Sie wusste nicht, dass L. B. den Vorfall dokumentiert hatte. Dabei hätte sie sich das eigentlich denken können. Er war nicht umsonst der Chef.
»Und was geschah, als Sie sie auf Ihrem Zimmer entdeckten?«
»Ach, ich habe versucht, auf sie loszugehen, aber einige Kollegen haben mich dran gehindert. Was angesichts des jetzigen Vorfalls wirklich bedauerlich ist.«
»Sie haben nicht die Polizei verständigt.«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Einerseits, weil ich zu wütend war. Andererseits, weil ihr gekündigt wurde und sie Hausverbot auf dem Fliegerhorst bekam. Unter den gegebenen Umständen hielt ich das für ausreichend.«
»Unter welchen Umständen?«
»Nun, damals hielt ich sie einfach für dumm und dachte, sie hätte es nur auf mich abgesehen. Außerdem hat sie ein Baby. Darüber hinaus gab es eine Stunde danach Feueralarm. So gesehen war Dolly nicht gerade meine oberste Priorität.«
»Sie und Ihre Einheit haben ein paar lange, anstrengende Tage hinter sich.«
»Das ist unser Job.«
»Wir schätzen Ihre Arbeit sehr.« Er nippte an dem Kaffee und überflog seine Notizen. »Das Baby, das Sie erwähnt haben, soll von einem gewissen James Brayner sein, einem Missoula-Feuerspringer, der letzten August tödlich verunglückt ist.«
»Ja, das stimmt.«
»Miss Brakeman macht Sie dafür verantwordich.«
Es tat immer noch weh, würde wahrscheinlich ihr Leben lang wehtun. »Ich war seine Sprungpartnerin. Sie macht die ganze Einheit dafür verantwortlich und mich im Besonderen.«
»Nur zur Information, was genau versteht man unter einem Sprungpartner?«
»Wir springen zu zweit, kurz hintereinander, nachdem uns der Absetzer grünes Licht gegeben hat. Derjenige, der zuerst springt, wie ich in diesem Fall, behält den zweiten Mann im Auge. Um ihm zu helfen, die richtige Flugroute zu wählen und ihm damit eine glatte Landung zu ermöglichen. Hat einer von beiden Probleme, sollte der andere darauf reagieren. Man passt gegenseitig auf sich auf, so gut es eben geht. In der Luft und bei der Landung.«
»Und Brayners Unfall wurde nach internen Ermittlungen eindeutig als sein Fehler bewertet.«
Sie hatte so einen Hals, sodass es ihr nicht gelang, ihre Gefühle zu unterdrücken. »Er hat nicht richtig gelenkt. Wir haben eine ungünstige Luftströmung erwischt und die hat ihn mitgerissen. Er zog an der falschen Steuerleine und flog weiter hinein statt davon weg. Ich musste das hilflos mit ansehen. Sein Schirm ist aufgegangen, aber er hat es nicht geschafft. Er ist über das Zielgebiet hinausgeschossen und im Feuer gelandet.«
»Es muss hart sein, einen Partner zu verlieren.«
»Ja, das ist es.«
»Miss Brakeman war damals Köchin auf dem Fliegerhorst.«
»Ja.«
»Hatten Sie schon vor dem Unfall Probleme miteinander?«
»Sie hat gekocht, und ich habe gegessen. Mehr war da nicht.«
»Soweit ich weiß, kennen Sie sich ziemlich lange. Sie sind zusammen
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