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Sommerflimmern (German Edition)

Sommerflimmern (German Edition)

Titel: Sommerflimmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Krämer , Sophie Berger
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Abreise schiebe ich die Gespräche vor mir her. An diesem Morgen wache ich mit einem schweren Klumpen im Magen auf. Heute gibt es kein Entrinnen mehr. Als Erstes werde ich zu meinen Eltern fahren. Danach zu Alexander.
    »Ich bin den ganzen Tag hier und wenn ich mal kurz einkaufen gehe, nehme ich mein Handy mit. Also, ruf mich an, wenn was ist. Ich drücke dir die Daumen.«
    »Danke, Anna. Ich melde mich, sobald ich es hinter mich gebracht habe. Bis später«, seufze ich.
    »Bis später. Alles wird gut, Süße.«
    Auf der Straße entschließe ich mich, nicht die U-Bahn zum Alexanderplatz zu nehmen, sondern das kleine Stück bis zum S-Bahnhof Hackescher Markt zu laufen. Ist sicher gut für einen klaren Kopf. Und zum Zeitschinden.
    Ich gehe die Schönhauser runter, überquere die Torstraße am Rosa-Luxemburg-Platz und spaziere auf der Alten Schönhauser an Restaurants und Cafés vorbei. Als ich die von Milchschaum gekrönten Kaffees sehe, finde ich einen guten Grund für eine kleine Unterbrechung und betrete eines der Cafés, um mir einen To-go zu besorgen. Die Eingangstür schließt sich hinter mir. Der Laden ist seltsam verwinkelt und ich kann die Theke nicht sofort entdecken.Bis auf einen sind alle Tische unbesetzt, kein Wunder, die Leute sitzen draußen in der Sonne. Dann, nach kurzer Verzögerung, passiert es. Mein Kopf spult blitzschnell das Bild, das ich gerade flüchtig gesehen habe, noch einmal vor meinem inneren Auge ab. Juan. Er sitzt an einem der Tische. Und er ist nicht allein. Ich trete einen Meter zurück, damit sie mich nicht sehen können. Dafür sehe ich sie. Beide. Juan und eine Frau, die ich noch nie gesehen habe. Die beiden sitzen sich gegenüber, sind vertieft in ihr Gespräch. Auf ihrem Tisch stehen ein Flaschenkühler mit einer Flasche Champagner und zwei passende, leere Gläser. Aber nicht nur die Gläser passen zum Champagner. Juan trägt ein schwarzes Jackett über einem weißen T-Shirt und die Unbekannte ein knallrotes Kostüm mit kurzem Rock. Sie hat schulterlanges, welliges, blondes Haar, rot lackierte Fingernägel und sieht aus wie ein verdammter Zwanzigerjahre-Filmstar: atemberaubend. Mir wird schlecht. Mit einem verzweifelten Gedanken versuche ich, mich vor dem Ertrinken retten: Vielleicht ist es nur ein Missverständnis. Seine Tante? Zu jung. Seine Schwester? Ist in Spanien. Cousine? Ha, ha. Ich könnte hingehen und ihnen den blöden Champagner über ihre feinen Fummel gießen. Oder einfach Hallo sagen und gucken, was passiert? Ich denke an die letzten Tage mit Juan. Das muss ein Missverständnis sein. Ich streiche mir über mein Haar, zupfe mein Kleid zurecht, doch gerade als ich den ersten Schritt in ihre Richtung gehen will, höre ich deutlich Juans vertrautesLachen. Ich erstarre, als ich sehe, wie er die Gläser mit Champagner füllt, denke an den Cava beim Picknick, ›Du machst mich nervös‹, hatte er gesagt. Im selben Augenblick sagt er der Blonden etwas, das sie auflachen lässt. Kein Grölen, oder Prusten, eher ein feines, elegantes Kichern. Aber es wird noch schlimmer. Als Nächstes prosten sie sich zu – Salud? Die Gläser erklingen leise, sie lehnt sich über den Tisch und küsst ihn auf die rechte Wange. Dann auch noch die linke. Und wie er sie dabei anstrahlt. Ich halte es nicht mehr aus, mir wird schwindelig, kalter Schweiß bildet sich in meinen Handflächen und auf meiner Stirn. Ich stürme aus dem Laden, ein paar Meter die Straße hoch, biege irgendwann in eine Seitenstraße, wo ich an einer Hauswand keuchend stehen bleibe. Ich beuge mich vor, glaube, mich übergeben zu müssen. Aber, nein. Ich lehne mich an die Wand und sinke in mich zusammen, bis ich heulend und zitternd davor sitze. Alles tut weh und am liebsten würde ich laut losschreien. Warum? Was hat er davon, mich so zu hinters Licht zu führen? Er hätte doch einfach aus Berlin verschwinden können. Ohne das ganze Gerede von Liebe. Oder war das Kalkül? Ein Aufschneider? Was zum Teufel wollte er von mir?
    Ich versuche aufzustehen, will zu Anna nach Hause, aber ich komme nicht hoch, alles dreht sich, mir wird wieder übel, ich lasse mich auf den Boden zurücksinken.
    »Na, so was, Kindchen, was ist denn mit Ihnen passiert?«
    Die Stimme kommt mir bekannt vor, ich kann sie aber nicht zuordnen. Wer auch immer es ist, soll verschwinden. Ich schaue nicht auf. Nie wieder.
    »Ist Ihnen schlecht? Sind ja furchtbar blass. Nun kommen ’Se mal Kindchen, ich bringe ’Se nach Hause.«
    Nach Hause. Ich sehe hoch und

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