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Sommerfrost - Die Arena-Thriller

Sommerfrost - Die Arena-Thriller

Titel: Sommerfrost - Die Arena-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Fenster, der verwitternde Putz – alles wirkte einfach nur traurig und im Stich gelassen. Warum lebte der Scherenschleifer so abgeschieden? Verdiente er denn so wenig Geld? Lyra dachte an die acht Euro, die die vier Messer gekostet hatten. Es gab sicher nicht mehr viele Leute, die seine Dienste in Anspruch nahmen. Aber er war doch jung und hätte etwas anderes arbeiten können. Irgendetwas, mit dem man mehr Geld verdiente. Patrick stellte das Mofa diesmal auf die Rückseite des letzten Hauses in der Reihe. Von der Straße aus war es so nicht zu sehen. »Woher weißt du, dass er nicht da ist?«, fragte Lyra und setzte den Helm ab. Patrick grinste. »Siehst du etwa sein Moped?« »Nein.« Sie hatte beim Herfahren schon danach Ausschau gehalten, es aber nicht gesehen. »Na also.« Er sah sie mit einem Ausdruck von Heldenhaftigkeit an. Lyra begriff: Er wollte, dass sie ihn bewunderte. »Gehen wir«, sagte sie aber nur. Für Bewunderung, fand sie, war es noch viel zu früh. Sie stiegen über Unkraut, aufgerissene Betonplatten und hochgebogene, rostige Eisengitter, bis sie in der »Wohnung« des Scherenschleifers standen. Alles sah so aus wie beim letzten Mal. Lyra nahm ihr Handy und fotografierte die zusammengeknüllte Decke auf dem Pappkarton, den Altar mit der heruntergebrannten Kerze. Sofort fielen ihr die frischen Blumen im Glas auf und sie schoss auch davon ein Foto. »Sieh mal, er trinkt Kaffee.« Patrick zeigte auf eine kleine, verklebte Kaffeemaschine, die neben der Schlafstelle auf dem nackten Boden stand. Die Blumen und der Kaffee gaben der Behausung etwas Belebtes und machten sie dadurch erst recht unheimlich. Lyra war, als könnte der Scherenschleifer plötzlich auf der Decke liegen oder auf einer der Kisten sitzen und Kaffee schlürfen. Ein Geräusch ließ sie zusammenfahren. Es hörte sich an, als würde jemand mit einem Gegenstand auf eine Mauer schlagen. Der Scherenschleifer!
    »Meinst du, er kommt?«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht.« Auch Patrick hatte sich geduckt. Lyra reckte sich, um aus der Fensteröffnung hinauszusehen. Sie konnte niemanden entdecken. Vielleicht schlug der Wind ein Kabel oder einen Ast an die Wand? Ein Eisengitter zitterte und machte dabei seltsame metallische Geräusche »Lass uns verschwinden!«, sagte sie zu Patrick. Sie wollte so schnell wie möglich hier heraus. »Warte mal!« Patrick hielt einen Zeitungsausschnitt hoch. »Lag da unter dem Karton.«
    VERMISSTE SCHÜLERIN TOT
    Gestern Nachmittag wurde die Leiche der fünfzehnjährigen Pia H. an der Straße zwischen Marbella und Ojén gefunden. Laut Polizeiangaben wurde die Schülerin erwürgt. Das Mädchen galt seit zwei Tagen als vermisst, weil es nach der Schule nicht nach Hause gekommen war.
Die Eltern von Pia H. betreiben in der Umgebung von Marbella ein erfolgreiches Immobilienunternehmen. Möglicherweise war eine Entführung mit Lösegeldforderung geplant, die aber schiefgelaufen ist. Die Ermittlungen der Polizei laufen auf Hochtouren. »Wir gehen jedem Hinweis nach«, sagte ein Sprecher der Polizei.
    Lyra sah entsetzt auf. Patrick fotografierte den Artikel und legte ihn an seinen Platz zurück. Danach rannten sie aus dem Haus. Auf dem Rückweg in die Stadt sprachen sie kein Wort. In Lyras Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie war vollkommen durcheinander und schockiert. Vielleicht sollten sie wirklich noch einmal zur Polizei fahren. Falls die Beamten nicht schon längst in der Wohnung gewesen waren, hatten sie nun wenigstens einen Beweis, dass sie sich die Geschichte über den Scherenschleifer nicht ausgedacht hatten.
    Wenige Minuten später betraten sie also wieder die Polizeista tion. Lyra hoffte, dass wenigstens ein anderer Beamter Dienst hatte, doch es saß derselbe Polizist wie letztes Mal am Schreib tisch und hob seine buschigen Augenbrauen. »Wir haben ein paar Fotos!« Patrick ließ sich nicht einschüch tern. »Lyra, zeig sie ihm.« Lyra ließ die Fotos auf dem Display erscheinen. Der Polizist be trachtete sie schweigend. »Und was wollt ihr damit beweisen?« »Wir wollten nur . . .«, begann Lyra, doch Patrick fiel ihr ins Wort. »Vielleicht weiß der Scherenschleifer mehr über den Mord?«, schaltete er sich ein. Der Beamte nickte gelassen, zog zwei Formulare aus der Schublade und schob sie ihnen über den Tisch. »Wo, wann und wie ihr die Fotos gemacht habt – da eintragen. Und Name, Adresse, Geburtsdatum nicht vergessen.« Er griff zum Handy, doch Patrick war schneller. »Immer mit der Ruhe, du

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