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Sommerfrost - Die Arena-Thriller

Sommerfrost - Die Arena-Thriller

Titel: Sommerfrost - Die Arena-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Ein Stück des Flyers ragte aus der Tasche. Sie starrte eine Weile auf den Zettel, dann zog sie ihn mit einer raschen Bewegung heraus, zerriss ihn und ließ die beiden Hälften in den Papierkorb se geln. Eine Hälfte wurde von einem Luftstoß erfasst – und lande te nicht im Papierkorb, sondern auf dem Boden. Genau der Teil mit der Telefonnummer. Lyra zögerte nur eine Sekunde. Dann bückte sie sich und hob ihn auf. Egal, was alle dachten, das war ein Zeichen. Sie nahm ihr Handy und wählte mit zitternden Fingern die Nummer. Lei der meldete sich nur ein Anrufbeantworter. Lyra hinterließ eine Nachricht und hoffte auf einen Rückruf. Sie hatte sich gerade eine Tüte Nachos aufgerissen, als ihr Handy läutete. Die Hellseherin bot ihr einen Termin in drei Tagen an. »Geht es nicht früher?«, wagte Lyra zu fragen. »Oh, es ist dringend, ja?«, fragte die Frau mit rauer Stimme. »Ja, sehr.« Unendlich dringend!, hätte Lyra am liebsten geschrie en. Sie hörte ein Rascheln am Ende der Leitung. Vielleicht blät terte die Frau in ihrem Terminkalender – oder es ist eine Fle dermaus, die um sie herumflattert, stellte sich Lyra vor und musste ein Grinsen unterdrücken.
    »In einer halben Stunde hätte ich einen Termin frei. Schaffst du das?« Auf dem Flugblatt stand die Adresse. Das war nur zehn Minuten von Lyras Wohnung entfernt. »Ich komme!« Dann fiel Lyra noch eine wichtige Frage ein. »Was kostet es denn?« »Zwischen dreißig und hundert Euro, kommt drauf an, wie lan ge es dauert.« Dreißig Euro hatte Lyra auf jeden Fall. »Dann bis gleich.« Schnell suchte Lyra nach ihrem Portemonnaie, warf ein paar Sa chen in ihre Umhängetasche, nahm hastig noch einen Schluck aus der Wasserflasche und stand keine fünf Minuten später un ten auf der Gasse. Hoffentlich begenete sie auf dem Weg kei nem ihrer Freunde...Sie hatte keine Lust zu erzählen, dass sie zu einer Wahrsagerin wollte. Lyra brauchte gar nicht an der Tür des kleinen, geduckten Hau ses in der engen Straße anzuklopfen. Sie stand weit offen und Lyra erkannte einen dunklen Raum mit einem einfachen Tisch und vier Stühlen. »Komm rein«, rief eine raue Stimme. Lyras Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, bis sie den großen Schatten, der sich aus einer hinteren Ecke des Raums auf sie zubewegte, als eine sehr dicke, in lange Gewän der gehüllte Frau erkannte. Ein eigenartiger Geruch strömte Ly ra entgegen. Er kam ihr bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht einordnen. Weihnachten vielleicht? Lyra räusperte sich. »Ich bin Lyra, ich habe gerade angerufen.« Das Medium hatte mit Silberfäden durchzogene Locken, die wild und ungebändigt auf ihre Schultern hingen. Ihr Gesicht war blass und teigig und ihre Augen glühten wie Kohlen. Lange Ohrringe blitzten hin und wieder auf. Überhaupt war sie mit klimpernden Armreifen und Ketten behangen wie manche Ver käuferinnen an Schmuckständen im Kaufhaus.
    »Jaja, setz dich. Willst du etwas trinken? Ich hab gerade einen Tee gemacht.« Zwei Katzen huschten unter dem langen Rock der Frau hervor und verschwanden irgendwo im Zimmer. »Ja, gern«, antwortete Lyra artig und setzte sich auf den Stuhl, auf den das Medium gedeutet hatte. Sie sah sich um. An den Wänden hingen gerahmte Familienfotos, auf dem runden Couchtisch mit dem weißen Spitzendeckchen standen ebenfalls Bilderrahmen. Sie gruppierten sich um einen Strauß aus Kunstblumen. Im Hintergrund lief leise der Fernseher. Irgendwie hatte sich Lyra das Haus einer Hellseherin anders vorgestellt. So wie hier sah es in vielen Wohnungen aus. Ob sie womöglich nicht doch eine Betrügerin war? Es war ziemlich heiß, schwül sogar. Lyra begann zu schwitzen. Die Frau, die ihren Namen nicht genannt hatte, trug auf einem Tablett eine silberfarbene Teekanne und zwei Gläser ins Zimmer. Lyra fielen ihre Fingernägel auf. Auf jedem prangte ein langer gelber Blitz. Plötzlich stand eine Glaskugel auf dem Tisch. War die auch auf dem Tablett gewesen?, fragte sich Lyra. Die Frau goss Tee ein und setzte sich. »Trink, das erhöht die Durchlässigkeit.« »Die Durchlässigkeit?« Lyra starrte die Frau fragend an. »Ja, damit die Geister zu dir durchdringen können«, erklärte sie. Lyra nickte zweifelnd und hob das Glas an die Lippen. Der Geruch, der im Haus war, kam eindeutig von diesem Tee. Nach dem ersten Schluck wusste sie endlich, wonach er schmeckte. »Das ist Zimttee!«, sagte Lyra. Die Frau nickte und grinste. Dabei blitzte in ihrem Mund ein Goldzahn auf. »Zimt und noch

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