Sommergayflüster
zweimal Sex mit einem Mädchen gehabt, um die Sache auszuprobieren. Im Gegensatz zu seinen desolaten Versuchen hatte es ihm im Traum besser gefallen. Die Wellen der zarten Muskeln, das harte Glied an seinem Becken, die Hand in den Nacken gelegt, die Lippen auf seiner Brust – alles war so unwirklich und doch so echt gewesen, als hätte Dominic bei ihm im Bett gelegen. Und irgendwie hatte er das ja auch, dachte Stephane und freute sich. Dann vergewisserte er sich, dass Alphonse nichts von seinem verklärten Blick mitbekommen hatte, und raffte sich auf. Er musste etwas anderes tun, er durfte nicht mehr an die glühenden Stöße denken, die seinen Unterleib erschüttert hatten.
Nachdem er aufgegessen hatte, untersuchte er die Hinterläufe zweier Schafe. Die Hunde verfolgten seine Bewegungen eifersüchtig und stellten sich in der Schlange an, um ihren Teil an Liebkosungen zu empfangen.
Alphonse trank Kaffee aus einer Thermoskanne und blickte in die Runde. Der Mokka-Duft mischte sich mit dem Geruch der Kiefernnadeln. „Sind schön fett geworden, nicht?“, knurrte er.
„Ja, war ein guter Sommer“, antwortete Stephane und nickte. Er schaute auf das Display des Telefons und runzelte die Stirn. Der Akku war fast leer, verdammt, nur noch ein Strich. Doch beim Fest würde er ihn treffen. Das war wichtiger als alles andere. Dominic war genauso einsam wie er. Wie konnte es auch anders sein in den Dörfern der Cevennen?
Was für ein Glück, dass sie sich überhaupt getroffen und an den Händen hatten halten können, im Wald, wohin sie mit ihren Mopeds gefahren waren. Nur Händchen gehalten, ein bisschen geküsst und getastet, lange schweigend zusammengesessen, weil doch alles klar war. Und nun war er so ausgehungert, dass er schon von ihm träumte. Aber heute Abend, ja, heute Abend würde er ...
„Hej“, rief Alphonse und klatschte in die Hände. Sie brachen wieder auf, dirigierten die Hunde um die Herde herum, die sich wie ein dreckiger Fluss in Bewegung setzte. Die Draille war gerade und steil, ohne Rücksicht auf die örtlichen Gegebenheiten durchschnitt sie Täler und Berge, fraß sich durch die letzten Kiefernwäldchen und Buchenforste, bevor sie die Causse de Blandas erreichte.
Am Nachmittag, sie befanden sich kurz vor dem Cirque de Navacelles, vibrierte es in Stephanes Hosentasche. Er blickte auf den Rücken von Alphonse und ließ sich vorsichtshalber einige Schritte zurückfallen. Die fetten, schwarzen Buchstaben prangten vor dem hellen Hintergrund. Unter Herzklopfen las er: „mache jetzt schluss bin heute abend nicht da bin bei einem freund tut mir echt leid, sei nicht zu böse. dom.“
Schluss? Schluss machen?
Stephane blieb stehen, die Schafe stießen ihn an und schabten mit ihrem Fell an seiner Hose entlang. Er starrte auf seine Hand, die ein wenig zitterte. Die Schrift verschwamm vor seinen Augen. Plötzlich wurde das Display dunkel, blinkte kurz auf, sodass er noch einmal „mache jetzt schluss“ lesen konnte, dann erlosch es endgültig. Ungläubig schüttelte er das Telefon, klopfte daran herum, öffnete sogar die Klappe zum Akku. Nichts geschah. Der verdammte Akku!
„Das kann doch nicht wahr sein“, flüsterte er. Was hatte das zu bedeuten? Hatte Dominic etwa gerade mit ihm Schluss gemacht? Es hatte doch kaum angefangen mit ihnen. Er war sein erster richtiger Freund. Er begehrte ihn, so wirklich echt und tief, nicht wie seine copains , die mit ihren wahllosen Sex-Erlebnissen nur angaben. Und nun das! Er stampfte wieder voran, betäubt setzte er ein Bein vor das nächste. Es glühte in ihm, sodass er sich das Hemd aufriss. Der Wind strich über seine Haut, doch er hatte das Gefühl, als ob ihm der Schweiß in Strömen vom Körper rinnen würde. Seine Lippen bebten.
Alphonse drehte sich zu ihm um. „Was’n los mit dir?“
„Lass mich“, fauchte er und blickte starr auf den staubigen Weg. Dann holte er tief Luft. Bestimmt hatte er sich verlesen, es war ja alles so schnell gegangen.
Bin nicht da – diese Worte gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Sie waren bestimmt real, er hatte sich nicht geirrt. Dominic würde nicht da sein. Bei einem Freund, einem Freund.
Stephane ballte die Faust, drückte und quetschte das Telefon, dann zog er es hervor und schleuderte es mit aller Kraft direkt in ein kleines Kiefernwäldchen hinein.
Sofort setzte Lucille sich in Bewegung, hetzte hinter dem glitzernden Ding her und nahm es ins Maul. Schwanzwedelnd kam sie zu ihm zurück, doch er ließ die Hündin
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