Sommergayflüster
aus mir herausschoss wie eine Eruption. Er erhob sich, drückte sein Becken an das meine, ließ es kreisen und rieb sich an mir ungeachtet der offenen Wunde. Wir umschlangen uns, er keuchte. Ein kaum sichtbarer Fleck bildete sich in seinem Schritt, er sah ein wenig aus wie ein Junge, dem es in der Schultoilette gekommen war.
„Warum hast du mich nicht rangelassen?“ fragte ich heftig atmend.
„Später, mein Lieber.“
Ich legte den Kopf auf die Sofalehne. Er kroch neben mich und bettete sein Haupt an meine Brust, an der Seite, die nicht tätowiert worden war. Eine Weile nahmen wir den Duft, den Atem des anderen auf.
„Blute ich noch?“
Er reckte sich, griff nach einem Tuch und tupfte noch einmal behutsam über mein schlappes Glied.
„Was ... was hast du draufgemacht? Eine Inschrift?“ Hoffentlich würde es nicht so schlimm sein.
„Ja. Vor Gebrauch gut schütteln.“
Entsetzt stieß ich ihn zurück, ergriff meinen besten Freund und suchte. Erst, als Lorenz sein Lachen nicht mehr zurückhalten konnte, sah ich auf. Er lag gekrümmt auf dem Sofa und zuckte.
„Mensch!“ Ich boxte ihm auf die Brust und wuschelte durch sein Haar.
„Gefällt es dir?“
Ich nickte und betrachtete die Oberseite meines Penis. Ein Ypsilon stand da, in einer geschwungenen, zartgliedrigen Schrift. Lorenz holte die Folie und verpackte mein Stück sorgfältig und behutsam.
„Ist aber noch nicht fertig, oder?“
Lorenz schüttelte den Kopf und zog sich das T-Shirt an. „Das mache ich beim nächsten Mal. Wir haben ja noch eine Sitzung.“
„Von mir aus auch mehr.“
Und so geschah es. Wir telefonierten viermal, zuerst wegen scheinbar wichtiger Fragen wie der Heilung der Haut, dann, weil wir es wollten. Eine Woche später zertackerte die Nadel meine Schulter und hüllte sie in eine wunderschöne Lilie, die von Ranken umrahmt wurde. Ich verzichtete auf Farbe, wollte nicht von Klarheit und Proportion ablenken. Wieder schloss Lorenz die Tür ab. Mit einer gut versorgten Wunde und klopfendem Herzen ließen wir uns auf dem Sofa nieder. Die Nadel lag bereit, und nachdem Hand, Lippen und Zunge ihre Arbeit fast getan hatten, vollendete Lorenz sein Werk und zelebrierte ein kleines o und ein u.
„You ...“ prangte nun auf meinem Schwanz und ich war ein wenig enttäuscht. Da hätte er gleich den Spruch mit dem „gut schütteln“ nehmen können.
„Ist immer noch nicht fertig“, sagte er mit einem geheimnisvollen Lächeln.
„Aber was kommt denn noch?“
Doch da bepflasterte er die Wunde, küsste mich ausgiebig und öffnete seinen Hosenknopf. Sein Glied hüpfte aus dem Slip. Ich beugte mich vor, streichelte es. Es war wunderschön, handlich groß und geziert von einem schwarz-türkis-grünen Mosaik, das wie ein Fabergé-Ei zu funkeln schien. Ich staunte über die Feinheit der Ausführung und die Leuchtkraft. Dann entdeckte ich die zwei Wörter, las und schaute ihn an. Inmitten dieser glänzenden, prallen Emaille stand: „... and me.“
Sweet Hazel Eyes
von Alec Cedric Xander
D a stand ich nun vor meinem Küchenfenster und blickte von meiner kleinen Dachgeschosswohnung hinunter in den Garten, der einst meinem ehemaligen Nachbarn gehört hatte. Wo einmal Kinder gespielt und Partys stattgefunden hatten, wuchs jetzt nur noch Unkraut.
Ich beschirmte die Augen gegen die Sonne und schaute in die Ferne. Nur das Geräusch der zwitschernden Vögel war zu hören.
Allein, der letzte Mensch auf Erden, so fühlte ich mich manchmal. Seit Monaten war ich der Einzige, der in diesem leicht heruntergekommenen Vierfamilienhaus wohnte und allem Anschein nach würde sich dies auch nie ändern – zumindest nicht bei diesen gigantischen Mietpreisen.
„Sweet Summer – Sweet Summer“, murmelte ich und griff nach meinen weißen Socken, die ich zum Trocknen auf die Heizung gelegt hatte. Ja, ich hatte einen Sockentick. Der weiße Stoff musste einfach an meine Füße, und mir war es egal, was andere darüber dachten oder sagten. Menschen redeten doch immer über andere. Klatsch und Tratsch verkauften sich eben gut und machten die Langweiligen für einen Moment interessant. Okay, zugegeben, auch ich lästerte gern mal, aber wer machte das nicht? Allerdings beleidigte ich keine Menschen oder lachte sie aus. Schon oft hatte man auf der Straße mit dem Finger auf mich gezeigt. Entweder waren es die Boxerstiefel, die ich zu meinen hautengen Hosen trug, oder meine verrückte, leicht punkige Frisur. Es gab doch immer Leute, die versuchten einen
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