Sommergayflüster
kam, doch dann sah mich ein Gesicht an, das mich fast umhaute. Ob mein Schlucken hörbar war, wusste ich nicht. Ich bangte nur, dass man mir meine Nervosität anmerken würde.
„Das ist mein Sohn“, plapperte Babsi beschwingt, „der Luc.“
Luc, der eine Pizzaschachtel dabeihatte, stellte sich direkt neben seine Mutter. Er überragte Barbara bei Weitem und war auch circa zwei bis drei Zentimeter größer als ich. „Hallo“, grüßte er mich heiter.
Ein leises „Hey“ kam gerade noch so aus mir heraus. Luc streckte mir die Hand entgegen. Ich berührte die weichen Finger mit den meinen und hatte für einen Moment das Gefühl, als ob die Zeit stillstünde. Er lächelte mich charmant an und entblößte dabei vollkommene weiße Zähne.
Wahnsinn, dachte ich und schämte mich im selben Augenblick für meine leicht verfärbten Hauer. Wieso musste ich auch rauchen?
Seine braunen Augen funkelten und schienen für einen Atemzug in den meinen gefangen zu sein.
„Luc“, stellte er sich mir vor.
„Schön“, schwärmte ich leise, realisierte aber ziemlich schnell wieder, dass wir nicht allein waren. Ich hüstelte zweimal und zog meine Hand zurück. „Ich meine – freut mich. Bin der Tom.“
„Hier“, Babsi deutete auf ihren Sohn, „der isst und isst und wird nicht dicker.“
Nun musste ich schmunzeln, denn das gleiche Problem hatte ich auch. „Kenne ich.“
„Echt?“ Sie musterte mich. „Stimmt. Du bist auch so ein Hungerhaken wie er.“
Luc schien seinen Blick nicht mehr von mir abwenden zu können. Dieses leichte, aber dennoch fiese Grinsen irritierte mich ein wenig.
„Dünn?“, grübelte ich und betrachtete Lucs Figur. Sein Outfit war echt sexy. Er trug schicke, schwarze Sneakers, eine recht enge, dunkle Jeans mit einigen Löchern und ein graues Shirt. Erst jetzt fiel mir auf, dass er ziemlich große Ohren hatte. Keine Segelohren – sie wirkten nur sehr … lang gezogen. „Also, so dürr sieht er mir jetzt aber nicht aus.“
„Einundsechzig Kilo“, klärte er mich munter auf. Ihm reichte das anscheinend.
Verblüfft blickte Barbara ihren Sohn an. „Und wie groß bist du?“
„Du bist meine Mutter und weißt nicht, wie groß ich bin?“ Sein Gesichtsausdruck war absolut niedlich. Unwillkürlich musste ich leise lachen. Wie er das mit den Augenbrauen machte – sie dermaßen zu bewegen, dazu diese ernste Miene, die man einfach nicht für voll nehmen konnte … herrlich!
„Ja“, seufzte sie und schüttelte dann den Kopf. „Ich bin deine Mutter – heißt aber nicht, dass ich alles über dich wissen muss. Vor allem nicht, was du abends so heimlich unter deiner Bettdecke treibst.“
Hatte sie das gerade wirklich gesagt?
Erneut schaute ich auf Lucs Profil, um seine Reaktion abzuwarten. Seine Nase fiel mir auf. Sie war nicht hässlich, nein, aber sie ähnelte meiner. Ein kleiner Buckel und etwas größere Nasenlöcher.
„Ähm“, überlegte er und nickte dann. „Ja. Ich gehe dann mal, bevor mein Essen kalt wird, und du willst ja nicht, dass ich noch mehr abnehme, nicht?“ Luc blickte wieder zu mir. „Hat mich gefreut“, verabschiedete er sich und ging zu seiner Wohnung.
Wir sahen ihm nach. Das Einzige, was mir dabei durch den Kopf schoss, war: Hat der einen geilen Arsch! Zum Glück konnte man Gedanken nicht hören.
Babsi drehte sich wieder zu mir. „Mein Sohn.“ Es hatte fast den Anschein, als ob ihr sein Verhalten ein wenig peinlich wäre. Meine Wenigkeit hingegen fand ihn total knuffig.
„Passt schon“, sagte ich locker.
Zerknirscht zog sie die Brauen zusammen und gaffte mich eindringlich an. Wie es aussah, wollte sie etwas sehr Wichtiges wissen. „Darf ich dich etwas fragen?“
Natürlich ahnte ich, was sie von mir wissen wollte. „Klar, schieß los!“
„Kann es sein, dass du …“
Sie brauchte den Satz nicht einmal zu vollenden. „Jupp, bin ich.“
„Wirklich?“, hakte sie nach. „Also, ich finde das ja voll cool! Schwule sind so liebenswürdige Menschen. Immer so nett und hilfsbereit!“
Mit allem hatte ich gerechnet – damit nicht. „Oh, okay“, murmelte ich etwas schamhaft. „Auch nicht schlecht.“
„Wirklich!“ Sie war völlig entzückt. „Finde ich toll, dass du so offen damit umgehst.“
Ehrlich, ich wusste wirklich nicht, was ich sagen sollte, und zuckte nur langsam mit den Schultern.
„Und wie alt bist du?“
„Vierundzwanzig“, antwortete ich.
„Auch noch so jung? Mein Sohn ist auch erst zweiundzwanzig. Meine Tochter ist gerade mal
Weitere Kostenlose Bücher