Sommergayflüster
konnte nicht abschätzen, was sie dachte. Das hatte er nie gekonnt. Sie lächelte unmerklich, dann ergriff sie seine Hand und zog ihn fort. Überrascht folgte er ihr durch die Empfangshalle. Ihr Gesicht war ruhig und sanft. Sie schritt leichtfüßig die Treppe hinauf. Er betrachtete das Spiel ihrer Muskeln im tiefen Rückenausschnitt und spürte eine ziehende Sehnsucht in seinem Leib. Im Flur gingen sie nebeneinander her. Er fragte nicht, warum sie ihn immer wieder heimlich von der Seite ansah. Vor einer Zimmertür stoppte sie und legte ihm die Hand auf die Brust, so wie Oliver. Sein Herz klopfte.
„Ich habe uns ein Zimmer bestellt“, sagte sie.
Reitgayflüster
von Roy Francis Ley
U rlaub! Endlich.
Seit über einem Jahr hatte ich nichts anderes getan, als zu arbeiten, und das sechzehn Stunden am Tag. Erholung hatte ich also bitter nötig, obwohl ich meinen Job gern machte. In letzter Zeit war er nur anstrengend geworden. Zu viele Aufträge, zu viele Schulungen, zu viele Verträge, die erfüllt werden mussten.
Seit fünf Wochen sehnte ich meinen Urlaub herbei. Ich hatte mir fest vorgenommen, nichts für die Arbeit zu tun. Deshalb hatte ich auch mein Notebook sowie mein Handy zu Hause gelassen. Für absolute Notfälle hatte ich einer Freundin die Nummer des Pferdehofs hinterlassen.
Ich stieg aus meinem Wagen und sog die warme Sommerluft ein. Ein heißer Dunstnebel erdrückte mich, ein Geruch von Pferdemist und Heu stieg mir in die Nase.
Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Auf diesem Hof würde ich einen entspannten Urlaub erleben.
Auf dem Rücken der Pferde, liegt das Glück der Erde, stand auf der Website des Reiterhofs. Ein Ausritt auf unseren Feldern und Sie vergessen Ihre Sorgen.
Ich musste noch immer über die beiden Sätze grinsen. Als ich sie gelesen hatte, waren mir sofort anrüchige Dinge durch den Kopf geschossen. Ich hatte mir Cowboys in Lederstiefeln und Chaps vorgestellt, die darunter nichts trugen. Männer, die von Testosteron nur so strotzten. Meine Fantasie hatte mir Kerle vorgegaukelt, die einem erotischen Bildband entsprangen: muskelbepackte, braun gebrannte Körper mit voll behaarten Brustkörben. Schultern, so breit wie eine massive Mauer, und Beine, deren Oberschenkel wie Titan wirkten.
„Herzlich willkommen!“, holte mich unerwartet eine männliche Stimme aus meinen Gedanken. „Sie müssen Paul Preuer aus Wien sein.“ Eine große Hand streckte sich mir entgegen.
Sonnengebräunt!
Ich riss den Kopf hoch und blickte in ein ebensolch braunes Gesicht, das mich freundlich anlächelte. Weiße Zähne blitzten auf.
Zögernd nahm ich die Hand an. „Ja, stimmt. Und Sie sind?“ Ich stellte mich bewusst dumm, damit ich den Besitzer des Stalls ein wenig mustern konnte.
Blondes, von der Sonne ausgebleichtes Haar, und graue, viel zu helle Augen. Ich stand nicht auf blonde Männer. Sie wirkten so engelsgleich. Und Engel waren brav und machten keine unanständigen Sachen.
„Viktor Granner. Ich bin der Eigentümer des Hofs.“
Ich grinste sogleich. Viktor – Ficktor!
„Angenehm“, hauchte ich sinnlich.
„Wie war Ihre Fahrt?“
„Wie?“
„Wie war Ihre Reise? Ihre Fahrt zu uns?“, wiederholte Viktor und begaffte mich von oben bis unten.
„Oh, danke. Ganz gut. Etwas heiß, aber ich habe eine Klimaanlage im Wagen.“
Viktor hatte einen unheimlich großen Mund und dicke Lippen. Wieder ging mir die Fantasie durch. Ob er zwei Schwänze …?
Sofort grinste ich noch breiter. Um Viktor von meinem dämlichen Lächeln abzulenken, zeigte ich auf mein Auto. „Ein tolles Gefährt. Und so geräumig. Die Rücksitze sind fabelhaft!“
Viktor nickte kurz. „Sicherlich wollen Sie sich nach der langen Fahrt etwas erholen. Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.“
Ich nickte ebenfalls.
Scheiße! Hatte ich das tatsächlich gesagt? Die Rücksitze sind fabelhaft?
Stumm schlug ich auf mich ein. Nicht, dass ich bei Viktor einen guten Eindruck hinterlassen wollte, aber es war mir peinlich, meine Gedanken so direkt auszusprechen. Es musste ja nicht gleich jeder wissen, dass ich ein schwuler Hengst im Notstand war.
Das letzte Mal lag mehr als sieben Wochen zurück. Sogar meiner rechten Hand war ich abtrünnig geworden. Doch die Arbeit hatte mich so gestresst, dass ich spät abends nur mehr ins Bett fiel. Zeit für Rendezvous’ oder One-Night-Stands blieben da nicht. Vermutlich hätte ich auch gar keinen mehr hochgekriegt, hätte ich nach den langen Arbeitsstunden jemanden aufgerissen.
„Herr
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