Sommergayflüster
ihre Aufmerksamkeit, ihre allein. Doch er brauchte sie nicht länger. Wieso sollte er jetzt mit ihr …?
Mein Gott, ich bin doch nicht schwul, dachte er. Und doch – dieser junge Mann war verdammt hübsch, ein schöner, männlicher Oliver. Mit einem weiteren Schritt kam er der Tür näher, dann, mit einem Ruck, drehte er sich um und öffnete sie. Er betrat einen erleuchteten Flur, der mit Marmorplatten belegt war. Der Lärm verebbte, durch ein Oberlicht meinte er, die Wellen des Meeres hören zu können, die nimmersatt ans Ufer schlugen, immer und immer wieder, ohne jemals an ihrem Ziel anzukommen. Der Gang führte zu einer Diele; stilvolle Blumenarrangements schmückten den Vorraum.
Oliver stand an der Wand, den Kopf zurückgelehnt, die Augen geschlossen. Mark war fasziniert von seinem Anblick, er hatte noch nie diesen Kitzel erlebt, diesen Reiz. Er ging auf Oliver zu. Dieser hob den Kopf und schaute ihn an. In diesem Moment erfasste Mark ein Zauber, der ihn entwaffnete. Oliver umfing seinen Kopf, stupste ihn mit der Nase an und legte seine Lippen auf seinen Mund. Mark spürte warme Haut. Der Kuss war hart, erregend, aufreizend. Er glich sich Oliver an, tat alles, was auch dieser tat. Die Bewegungen ihrer Köpfe und Arme setzten sich in den spiegelnden Fliesen fort. Sie rückten ins Dunkel hinein, um nicht gesehen zu werden, und erkundeten sich. Ihre Becken zusammengepresst, klebten sie aneinander. Er riss Olivers Sakko herunter und weidete sich an der wohlgeformten Brust. An seinen Beinen wurde es kühl. An einer Wand hing ein Spiegel. Mark schielte hinüber und erkannte zwei Gestalten, die sich umschlangen, die Jacken auf dem Boden, die Hosen geöffnet und herabgerutscht. Er ignorierte, dass sie beide ein lächerliches Bild abgeben mussten. Er legte sich keinen Zwang auf, er wollte erregt sein, wollte fremde Hände an seinem Glied spüren, dort an der Spitze, wo es so schön war, dass es ihn fast um den Verstand brachte.
Sie fanden sich, fassten sich an. Mark überließ sich den Händen Olivers, der ihn rieb und reizte. Er warf den Kopf zurück, schloss die Lider, fühlte sich in glühende Lust getaucht. Als er die Augen öffnete, erblickte er einen schwarzen Schatten im Spiegel. Oliver küsste ihn, Mark klammerte sich an ihn, dann rieben sie sich gegenseitig, verhalten stöhnend und ganz vereinnahmt von ihren Empfindungen. Der Schatten regte sich, er hatte einen blonden Kopf.
Karla, dachte Mark plötzlich. Er sagte: „Karla, Karla.“ Immer wieder rief er ihren Namen, bis sich sein Inneres zusammenzog und jeder Muskel, jeder Nerv sich krümmte und drehte. Die Erlösung der Spannung nahte, es pulsierte in Olivers prallem Glied und in seinem eigenen. Sperma spritzte im Takt an die Fliesen, weiße Lava, die nicht verbrannte und doch sein Inneres mit Feuer füllte. Oliver keuchte und lehnte sich an Marks Schulter, ein Raubtierlächeln auf den Lippen.
Mark blickte in den Spiegel. Der Schatten war fort, wahrscheinlich hatte er ihn sich nur eingebildet. Es war ruhig wie zuvor, nur die Brandung rauschte.
„Genossen?“, flüsterte Oliver.
„Ja“, schnaufte Mark aus ganzem Herzen. Sie lösten sich voneinander, zogen die Hosen hoch und betraten die Toilette. Nur wenige Momente hatte ihr Akt gedauert.
Oliver wusch sich die Hände.
Mark ließ sich auf einem Toilettensitz nieder, verwundert und befriedigt. Er war verrückt, total verrückt. Oliver ging mit einem Papierhandtuch hinaus, offensichtlich, um die Kacheln zu säubern. Mark erhob sich und musterte sich im kleinen Spiegel. In seinem Blick lagen noch Reste einer inneren Glut. Er fühlte sich wohl. Dann brachte er seine Kleidung in Ordnung und kehrte in den Flur zurück. Oliver war verschwunden, das Papierhandtuch lag in einem Papierkorb neben dem Zigarettenautomaten. Die Fliesen glänzten rein und unschuldig. Unruhig ging er den Gang entlang, scheu und getrieben zugleich. Ob man es ihm anmerken würde?
Langsam drückte er die Klinke, trat in den Saal ein. Oliver war nicht zu sehen. Etwas enttäuscht orderte er beim Barmann ein Bier. Er hatte großen Durst. So saß er eine Viertelstunde allein auf dem Hocker und hielt die Befriedigung in ihm so fest, wie er konnte. Da erblickte er Karla. Sie schaute ihn mit einem seltsamen Ausdruck an. Ihr Haar leuchtete. Kurz darauf verabschiedete sie sich von ihrer Begleitung und kam auf ihn zu. Als sie vor ihm stand, bewegten sich ihre Nasenflügel, sie schnupperte.
„Wo warst du?“
„Auf der Toilette.“
Er
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