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Sommergewitter

Sommergewitter

Titel: Sommergewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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mich nicht gerade logisch, tut mir leid.«
    »Seit wann muss das für dich logisch sein? Das ist doch ganz allein meine Sache«, schnappte Rüdiger.
    »Nicht mehr, seit Ginie verschwunden ist«, sagte Steffi scharf. »Fandest du sie eigentlich nett?«
    Rüdiger sprang auf, kippte seine Tasse um, der Kaffee ergoss sich auf den Holzboden. »Was geht dich das an?«
    »Was soll das, Steffi?«, rief jetzt auch Jonas. »Wird das ein Verhör?«
    »Nein«, sagte Steffi harmlos. »Ich frag nur. Ich bin nur neugierig. Ich will zum Beispiel nur wissen, warum jemand so viel allein in der Weltgeschichte rumläuft.«
    Rüdiger besann sich einen Moment, dann bückte er sich und versuchte, die Kaffeepfütze notdürftig mit einem ohnehin schon nassen Papiertaschentuch aufzuwischen. »Ich denke nach, wandere, genieße die Natur.«
    »Warte, ich hole einen Lappen!« Ich lief in die Küche und hörte Steffi hinter mir höhnisch lachen. »Wandern! Wer’s glaubt, wird selig!«
    »Du brauchst es ja nicht zu glauben!«, rief Rüdiger. »Was soll das? Willst du mir unterstellen,
ich
hätte Ginie etwas getan?«
    Ich kam mit einem Lappen zurück, wischte den Kaffee auf. Steffi schwieg.
    »Das gibt’s doch nicht! Du verdächtigst mich?«, rief Rüdiger entgeistert. »Ich dachte, wir wären Freunde!«
    »Das hab ich auch mal gedacht«, fauchte Steffi.
    »Leute!«, sagte ich entsetzt.
    »Was, bitte, habe ich dir getan?« Rüdiger kam nah an Steffi heran, die wich zurück, Jonas sprang auf und ergriff Rüdigers Arm.
    »Sie meint’s nicht so«, sagte er. »Das ist der Schock.«
    »Glaub ich nicht, ich merk nichts von einem Schock. Sie sitzt hier rum und spielt den Profiler aus der Psychothriller-Serie. Sie sieht ja auch schon überall Serienmörder. Sie ist ja selber völlig durchgeknallt!«
    »Ha, ha, ha!«, machte Steffi wütend.
    »Hört auf, euch zu streiten!«, schrie ich. »Wir müssen rauskriegen, was passiert sein könnte. Wer war da noch am See heute? Überlegt mal! Alexa und Florian, die Gruppe aus der Oberstufe . . . Habt ihr sonst noch jemanden erkannt? Wir müssen die anrufen. Das hätten wir schon viel eher machen sollen! Wir fragen, ob sie etwas gesehen haben. Jonas! Los!«
    Jonas verzog das Gesicht. »Die waren auf der anderen Seeseite, viel zu weit weg. Aber gut, ich ruf sie an: Michelle Plötz, Lukas Köster . . . Habt ihr ein Telefonbuch?«
    »Ja.«
    Ich lief in den Flur. Ich musste für Beruhigung in unserer Clique sorgen. Ich musste Steffi zur Vernunft bringen. Ich musste endlich etwas Sinnvolles tun: Ginie finden.
    Als ich zurückkam, fürchtete ich zuerst, Rüdiger sei vor Wut gegangen. »Wo ist er?«, fragte ich rasch. Jonas wies in den Garten. Ich drückte ihm das Telefonbuch in die Hand, trat über die Türschwelle. Rüdiger stand mit vor der Brust verschränkten Armen auf der Wiese und schaute in den Himmel.
    Ich wollte zu ihm hingehen, tat es dann aber doch nicht, sondern blieb auf halbem Wege stehen. Ich konnte mich nicht um alles kümmern. Ich brauchte auch mal eine kurze Auszeit. Einmal durchatmen. Das tat gut.Die Luft war frisch und angenehm feucht. Der Regen hatte ganz aufgehört, die Abendsonne blinzelte durch die Wolkenberge, die Amseln sangen, die dicken gelben und roten Blumen in den Beeten und Kübeln waren noch einmal aufgegangen.
    Wenn Ginie doch nicht verschwunden wäre, wenn sie gar nicht erst gekommen wäre! Wir vier hätten glücklich und ganz unter uns auf der Terrasse grillen, etwas trinken, Lampions anzünden, Glühwürmchen und Sterne zählen und uns auf die Ferien freuen können. Ein weiterer Sommer mit dem Kleeblatt: gemeinsam zelten, wie geplant nach Amsterdam reisen, am See die Zeit vertrödeln. Wie jedes Jahr und immer so weiter.
    Ich ahnte, dass diese Zeit vorbei war, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Ich konnte nicht zu Rüdiger gehen und nicht zu Steffi und Jonas, ich konnte nicht Partei ergreifen, ich konnte nicht vor und nicht zurück, ich wollte noch alles zusammenhalten und ahnte doch insgeheim, dass ich nicht mein Leben lang nur mit den alten Freunden zusammen sein konnte. Am Horizont gab es noch andere.
    Hinter mir hörte ich, wie Steffi flüsternd, aber doch so eindringlich, dass ich sie gerade eben verstehen konnte, auf Jonas einredete. »Woher willst du so genau wissen, dass er nichts über Ginies Verschwinden weiß? Vielleicht hat er ein bisschen nach schönen Mädchen Ausschau gehalten? Das tun da ja alle am See. Und er ist derjenige von uns, der am liebsten dorthin

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