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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück
Autoren: Luanne Rice
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insgeheim um Gnade, hoffte –
    »Was machen wir also?«
    »Wir fahren noch eine Zeit lang herum, und dann zur Brücke.«
    »Dieselbe wie … bei McCabe?«
    »Darauf hatten wir uns doch schon geeinigt, oder? Die Flut müsste bald einsetzen –«
    »Ich weiß, aber –«
    »Jetzt verliere nicht die Nerven. Immer mit der Ruhe. Sie ist die Einzige, die uns belasten könnte. Solange wir einen kühlen Kopf bewahren und nicht zulassen, dass sie einen Keil zwischen uns treiben, kann uns gar nichts passieren. Sie ist schließlich die einzige Zeugin.«
    Eliza lag reglos da, Tränen in den Augen.
    Zitternd versuchte sie, die Worte aus ihrem Bewusstsein zu verdrängen. Nicht einmal eine Decke hatte man ihr gegeben. Man legte einen schlafenden Menschen nicht einfach auf den eiskalten Boden eines Van, ohne ihn warm einzupacken. Allein das genügte – auch wenn sie die Worte nicht gehört hätte oder sie verdrängen könnte –, um ihr klar zu machen, dass die beiden nicht lange fackeln und sie umbringen würden.
    Es war Mr.Boland gewesen, der in der Dunkelheit vor ihrem Fenster gestanden und versucht hatte, sie dazu zu bringen, aus dem Fenster zu springen, der ihr einreden wollte, ihre Mutter brauche sie …
    Eliza presste die Augen zusammen und schluckte ihre Tränen herunter; sie wusste nun, dass sie in einem maronenfarbenen Van lag, von der gleichen Farbe wie Blut; er war dunkelrot und nicht dunkelblau oder dunkelgrün, und sie kannte ihn, und nun fiel ihr auch wieder ein, woher: Schaudernd wurde ihr bewusst, dass sie sich in dem roten Van befand, der ihre Mutter überfahren hatte.
    In der Gewalt von Mördern, die ihr in der Nacht zugeflüstert hatten, dass ihre Mutter sie brauche …
     
    Der Streifenwagen brauste die Granite Street entlang, das Blaulicht spiegelte sich auf der schwarzen, unbewegten Oberfläche des Mystic River. Gefolgt von einem Sedan ohne Kennzeichen, bog er in Connollys Zufahrt ein, seine Präsenz ein krasser Gegensatz zur Architektur des Seekapitäns und eine Mahnung, dass auch die Bewohner eines historischen Kleinods nicht vor Problemen gefeit waren.
    Bay saß im Wohnzimmer und dachte daran, wie vor einem halben Jahr die Polizei an einem heißen Sommertag in ihre friedliche Idylle eingedrungen war und sie ein für alle Mal zerstört hatte. Erinnerungen gingen ihr durch den Kopf, während sie neben Dan saß und ihm beizustehen versuchte.
    Zwei weibliche Detectives, Ana Rivera und Martha Keller, hatten ihnen gegenüber Platz genommen und musterten Dan eindringlich, während Rivera Fragen stellte. Bay hatte ein ungutes Gefühl: Wenn Kinder vermisst wurden, verdächtigte die Polizei als Erstes die Väter. Bay rückte auf dem Sofa unmerklich näher an ihn heran.
    »Ich brauche die Personalien Ihrer Tochter«, sagte Detective Rivera. » Ihr Name und das Alter.«
    »Eliza Day Connolly. Sie wird bald dreizehn.«
    »Sie kamen zur üblichen Zeit von der Arbeit nach Hause und stellten fest, dass sie verschwunden war?«
    »Nein. Ich kam später. Ich war noch kurz zu Bay gefahren –«
    »Bay?«
    »Das bin ich«, sagte Bay. »Bay McCabe. Ich lebe in Black Hall. Hubbard’s Point, genauer gesagt.«
    Die beiden Frauen warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Der Name schien ihnen geläufig zu sein; bei dem Gedanken, dass er bei der Polizei von Black Hall bis Westerley und darüber hinaus berüchtigt war, wurde Bay rot.
    »Meine Tochter ist mit Eliza befreundet, und sie sagte, Eliza habe versucht, sie ungefähr gegen Viertel vor fünf anzurufen. Annie ging zu spät ran, aber der Anruf war in der Rufnummererkennung gespeichert. Annie machte sich Sorgen und meinte –«
    »Sorgen? Warum?«, fragte Detective Rivera. »Vielleicht hatte Eliza es sich anders überlegt, weil es etwas im Fernsehen gab, was sie sich zuerst anschauen wollte, oder –«
    »Aber sie war nicht da, als wir kamen«, warf Dan mit einem Anflug von Panik in der Stimme ein, die seine scheinbare Geduld Lügen strafte. »Das ist der springende Punkt. Es spielt keine Rolle, warum, sie ist verschwunden.«
    »Ich möchte nur wissen«, entgegnete Detective Rivera ruhig, »ob es einen Grund dafür gibt, dass ihre Freundin sich Sorgen macht. Ist Ihre Tochter labil?«
    Dan holte Luft, atmete langsam und hörbar aus; Bay wusste, wie schlimm es für ihn sein musste, Elizas Leben und Vorgeschichte vor Wildfremden auszubreiten.
    »Sie ist sehr sensibel. Ihre Mutter starb letztes Jahr, und Eliza hat den Verlust noch nicht verwunden.«
    Die beiden Detectives
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