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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sind geheimnisvoll, unergründlich. Herzklopfen, Hochspannung, Hände, deren Zittern sich nicht unterdrücken lässt …
    Danny war ihr Ein und Alles gewesen. Für ihn war sie nur eine Sommerbekanntschaft gewesen, eine Halbwüchsige, die ihn von der Arbeit an der neuen Uferpromenade abhielt. Er hatte noch andere Jobs – das Wächterhäuschen auf dem Parkplatz streichen und neu decken, die Pergola im Foley’s reparieren –, aber der wichtigste war der Bau der hölzernen Uferpromenade.
    Obwohl Sean sie zu überreden versuchte, mit ihm zum Wickland-Leuchtturm zu schwimmen, von der Eisenbahnbrücke über dem Eight Mile River ins Wasser zu springen oder sich der Bootsflottille anzuschließen, die einen Ausflug zum Orient Point unternahm, war Bay bei Danny geblieben, hatte ihm Nägel gereicht und gelernt, wie man mit dem Hammer umging.
    Bay war der Überzeugung gewesen, dass er imstande war, alles zu bauen, wonach ihm der Sinn stand. Er hatte Kakishorts und ein ausgeblichenes T-Shirt getragen, wie immer am Strand. Sie erinnerte sich, wie sein braunes Haar in der Sonne geglänzt hatte. Er hatte eine Red-Sox-Kappe besessen, die er aber selten aufsetzte.
    Eines Morgens, kurz bevor er mit der Arbeit begann, hatte die Baseballkappe auf der Motorhaube seines Wagens gelegen; sie hatte sie angestarrt, und als ob er ihre Gedanken erraten hätte, hatte er gegrinst und sie ihr aufgesetzt. Seine Finger hatten ihr Haar gestreift, nur leicht, aber sie hatte sich schwach und gleichzeitig stark gefühlt und sich gewünscht, er möge ihr Haar noch einmal berühren.
    Daniel Connolly. Danny. Sein Name hatte für sie stets einen magischen Klang gehabt. Als sie ihn nun vor sich sah, dachte sie an den Sommer vor langer Zeit zurück. Bevor er weggegangen war, hatte er ihr eine Schaukel in Form einer Mondsichel gebaut – aus einem gebogenen Stück Treibholz, silberfarben gebleicht vom Meer.
    Sie hatten sich im darauf folgenden Winter regelmäßig geschrieben; als Bay sechzehn wurde, war sie mit Sean ausgegangen. Danny war nach Europa gereist. Ihr Briefwechsel schlief ein; er war im nächsten Sommer nicht zurückgekommen, Bays Leben hatte eine andere Richtung genommen, und sie hatten sich aus den Augen verloren.
    Als sie nun ihren Brief in der Hand hielt, fragte sie sich, warum Sean ihn genommen hatte. Worum ging es in dem Fax, warum hatte Sean sich mit ihm in Verbindung gesetzt? War es überhaupt derselbe Danny Connolly? Bay hatte keine Ahnung gehabt, dass sich Sean überhaupt an ihn erinnerte – oder wenn doch, warum. Das war alles so lange her.
    Sie stand auf und ging ans Fußende des Bettes. Dort stand eine antike Truhe. Sie bewahrte Decken darin auf, aber früher war es ihre Aussteuertruhe gewesen. Ein altmodischer Brauch, dachte sie. Ihre Großmutter hatte sie ihr an dem Tag geschenkt, als sie die Highschool abschloss. Sie hatte ihrer Urgroßmutter gehört, war mit ihr auf dem Schiff aus Irland gekommen. Zu den ersten Schätzen, die Bay darin verstaut hatte, gehörten die Briefe, die sie mit Dan gewechselt hatte.
    Nach fünfundzwanzig Jahren Ehe mit Sean und drei Kindern konnte sie es kaum fassen, dass sie diese Briefe immer noch besaß, doch als sie den Deckel hob und die Decken und alte Babysachen beiseite schob, waren sie noch da: ein Stoß Briefe, annähernd zweieinhalb Zentimeter dick, von einem brüchigen Gummiband zusammengehalten. Als sie die Seite, die sie auf dem Boot gefunden hatte, genauer in Augenschein nahm, fiel ihr auf, dass es sich um eine Fotokopie handelte, und sie entdeckte eine Notiz in Seans Handschrift, die sie vorher nur am Rande bemerkt hatte:
Eliza Day Boat Builders, New London
CT
.
    Verwirrt schloss Bay die Augen. Sie wusste, es blieben ihr nur wenige Minuten, bevor Annie oder ihre Geschwister hereinplatzten und wissen wollten, was es Neues gäbe. Sie machten sich große Sorgen um ihren Vater, und Bay musste ihnen eine schlüssige Erklärung liefern.
    Ihre Handflächen waren klamm, ihr Herz raste, ihre Gedanken überschlugen sich; sie konnte sich einfach keinen Reim auf die Geschehnisse des heutigen Tages machen. Was hatte das alles zu bedeuten? Es war wie ein Albtraum, als säße sie im falschen Film. Während sie den Brief in den Händen hielt und ihn anstarrte, fragte sie sich, was ihrem Mann im Kopf herumgegangen sein mochte.
    Er war eifersüchtig auf Danny Connolly gewesen. Trotz des Altersunterschieds und obwohl Danny sie wie eine kleine Schwester behandelt hatte, war Sean mit seinem untrüglichen

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