Sommerglück
Fall verwickelt.
Als er auf den Parkplatz einbog, verdrängte er sie aus seinen Gedanken und betrat die Shoreline Bank. Gestern hatte er sich Eduardo Valenti vorgeknöpft, einen dunkelhaarigen Collegestudenten, der während des Sommers am Schalter arbeitete. Sein Kontakt zu Sean McCabe war unerheblich gewesen. Er hatte Joe von einem Ausflug auf der
Aldebaran
erzählt, gemeinsam mit anderen Angestellten der Bank, und manchmal war Sean an seinem Schreibtisch stehen geblieben, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Eduardo hatte Sean nicht gemocht.
»Ich fand ihn aalglatt und oberflächlich.«
»Ganz schön gewagt, eine solche Bemerkung über Ihren Chef.« Joe hatte gelächelt und sich über die anmaßende Art des Burschen amüsiert.
»Meine Eltern haben mir beigebracht, hinter die Fassade zu blicken, zu erkennen, ob jemand aufrichtig ist«, hatte Eduardo erwidert. »Bei Mr.McCabe konnte ich nichts dergleichen entdecken.«
Eduardo Valenti stammte aus einer sehr wohlhabenden kastilischen Familie, konservativ und würdevoll, und er wurde stets Eduardo genannt – niemals »Ed«.
Bei Joe hatten keine Warnleuchten geblinkt, der Junge schien ein unbeschriebenes Blatt zu sein. Anschließend hatte er nach Edwin Taylor gefragt und von der Empfangssekretärin erfahren, er werde am folgenden Tag aus dem Urlaub zurückerwartet.
Und nun hatte sie ihm mitgeteilt, er sei im Hause. Joe begrüßte Mark Boland und Frank Allingham mit einem kurzen Hallo, dann durchquerte er die Eingangshalle und wurde von einem Mann von ungefähr fünfunddreißig mit beginnender Stirnglatze, Brille und verdutztem Blick in Empfang genommen.
»Tut mir leid, dass Sie mich gestern nicht erreicht haben.« Edwin Taylor reichte Joe die Hand. »Ich bin gerade erst aus Schottland zurückgekehrt und kann es noch gar nicht fassen. Stimmt das, was von Sean behauptet wird?«
»Nach unseren bisherigen Erkenntnissen, ja. Warum erzählen Sie mir nicht, was Sie über Sean und sein Geschäftsgebaren wissen?«
Edwin Taylor erzählte in etwa die gleiche Geschichte, die er schon von anderen Shoreline-Mitarbeitern gehört hatte. Sean war ein charmanter, geistreicher Mann mit untadeliger Arbeitsmoral und großem Erfolgsbedürfnis gewesen. Mark Bolands Ernennung zum Vorstand hatte ihn aus dem Konzept gebracht; wie andere war auch Taylor insgeheim davon überzeugt gewesen, dass Sean den Posten bereits in der Tasche hatte.
»Wie nennt man Sie, Mr.Taylor?« Obwohl Joe schon seine Kollegen danach gefragt hatte, wollte er es von ihm selbst hören.
»Entschuldigung?«
»Lautet Ihr Spitzname Ed?«
»Nein. ›Trip‹. Ich bin der Dritte dieses Namens in unserer Familie. Mein Vater wird Ed genannt. Warum?«
»Lebt Ihr Vater in der Nähe? Ist er Shoreline-Kunde?«
»Ja, zu beiden Fragen«, erwiderte Trip Taylor. »Er wohnt in Hawthorne und ist Kunde unserer Bank.«
»Gehört er zu Sean McCabes Klientel? Oder sind Sie für ihn zuständig?«
»Ich habe Sean gebeten, ihn zu betreuen. Sean ist ein Ass in seinem Metier. Er hat den Privatkundenbereich aus der Taufe gehoben und zum Laufen gebracht. Abgesehen davon ist mein Dad mit Augusta Renwick befreundet, eine der größten Shoreline-Kundinnen, und sie pflegte Sean in den höchsten Tönen zu loben.«
»Ich werde mich mit Ihrem Dad unterhalten müssen«, sagte Joe grimmig; er sah wieder Seans rätselhafte Kritzeleien vor sich, erinnerte sich an den Kontobeleg mit dem Namen Edwin Taylor jr., den Joe auf Seans Boot gefunden hatte.
Eliza Day Boat Builders war in einer großen Halle am hinteren Ende des New London Shipyard untergebracht. Die Werft arbeitete überwiegend für große Schifffahrtgesellschaften, Reparatur und Instandhaltung der Fähren inbegriffen, die im Long Island Sound zwischen New London und Orient Point verkehrten; außerdem bot sie Hellinge, Bau- und Schwimmdocks für große Yachten und gewerbliche Fischkutter an und diente als Heimathafen für einen Anwärter auf den America’s Cup, einen unberechenbaren Außenseiter in der Regattaszene, gebaut von Paul James, mit Twigg Crawford als Skipper.
Die Bootsbauer standen auf einem anderen Blatt. Die Firmen waren klein, aber fein. Die große, luftige Halle besaß ungefähr die Größe eines Kuhstalls. Da die Tore zu beiden Seiten offen standen, wehte der Wind vom Meer hindurch, wirbelte Sägemehl und Federn auf, verstreute sie im ganzen Raum. Die Federn stammten von den vielen Schwalben, die im Gebälk nisteten. Das Sägemehl hatte sich von den vielen
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