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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sagen.«
    »Nein, wollte ich nicht. Hör auf, mir irgendwelche Worte in den Mund zu legen.«
    »Das ist ein Klischee, das abgedroschenste, das ich kenne. Als ob man jemandem Worte in den Mund legen könnte«, meinte die Stimme.
    »Wie alt bist du?«, rief Bay hinauf.
    Schweigen.
    »Sie ist zwölf«, sagte Dan.
    »Eliza kann selber reden«, erklärte Eliza.
    »Ist Eliza Day Boat Builders nach dir benannt?« Bay kniff die Augen zusammen und versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen.
    »Offiziell nicht. Die Firma ist nach meiner Großmutter benannt. Aber ich wurde nach ihr benannt, also ja und nein.«
    »Warum kommst du nicht herunter, Eliza?«, fragte Dan. »Ich möchte dich mit einer alten Freundin bekannt machen.«
    Bay hörte etwas rascheln; sie sah, wie das Mädchen anmutig einen Balken entlangbalancierte als wäre es ein Turngerät, und eine grob zusammengezimmerte Leiter am anderen Ende der Halle hinabkletterte. Sie war groß und schlank wie ihr Vater, hatte aber im Gegensatz zu ihm eine durchscheinende, blasse Haut und einen Wust blonder Locken. Die Farben musste sie von ihrer Mutter geerbt haben.
    »Eliza, das ist meine Freundin Bay Clarke –«
    »Bay McCabe«, verbesserte sie ihn und beobachtete seine Reaktion. Dan lächelte.
    »Du hast Sean geheiratet.«
    »Ich konnte ja nicht bis in alle Ewigkeit warten«, entgegnete sie scherzhaft, weil es wirklich ein Witz war – er hatte ihr damals das Herz gebrochen, ohne es auch nur zu ahnen.
    » WARTEN ?«, fragte Eliza. »Sie meinen, auf meinen VATER ?«
    Es versetzte Bay einen Stich, als sie an Annies besitzergreifende Haltung gegenüber ihrem Vater dachte. Kinder klammerten sich an die Illusion, dass die Eltern nur einander geliebt hatten, und niemanden sonst. Sie lächelte beruhigend.
    »Dein Vater spielte in einer ganz anderen Liga, Eliza. Ich war noch ein Kind – nicht viel älter als du, und er war bereits ein Mann. Ich sah zu ihm auf, das ist alles. Er brachte mir bei, wie man Dinge repariert.«
    Eliza nickte zufrieden. Sie war bleich, als ginge sie nie in die Sonne. Selbst jetzt, als sie zu ebener Erde der großen Halle stand, wich sie in den Schatten zurück, um sich nicht dem Sonnenlicht auszusetzen, das durch die offenen Türen strömte.
    Bay reichte ihr das kleine Papierflugzeug, das sie aufgehoben hatte. »Du hast das Talent deines Vaters geerbt. Hast handwerkliches Geschick. Das ist ein richtig gutes Flugzeug.«
    »Es ist eine Taube.« Eliza hielt sie in den Händen. »Eine Taube mit weißen Schwingen.«
    »Sie ist wunderschön.« Bay spürte, wie die Gefühle aus dem Mädchen herausströmten. Es erging ihr keinen Deut anders. Sie war mit einem schrecklichen Vorhaben hergekommen, und nun wusste sie nicht einmal mehr, was sie fragen wollte. Es fiel ihr leichter, auf das Mädchen einzugehen, das sich in fast jeder Hinsicht von Annie unterschied – Größe, Gesicht, Blässe, Freimütigkeit –, doch ihr im Herzen glich; Bay nahm den Schmerz des Mädchens genauso deutlich wahr wie den ihrer eigenen Tochter.
    »Sie erinnert mich an meine Mutter, so wie sie jetzt ist«, sagte Eliza, das kunstvoll gefaltete Gebilde betrachtend, und Bay erkannte nun, dass es ein Origami war. Das Mädchen sah ihren Vater von der Seite an. Als Bay ihrem Blick folgte, erschrak sie.
    Dans Miene war hart und kalt. Die Kiefer waren aufeinander gepresst, als müsste er ein ganzes Sperrfeuer von Gefühlen in seinem Inneren verschließen – und sie waren weder gut noch einfach. Er starrte seine Tochter an, als bereite ihm ihr Anblick Qualen.
    Eliza nahm seinen Gesichtsausdruck ebenfalls wahr. Ihre Augen flackerten, dann blinzelte sie, als würde sie akzeptieren, was sie sah, und wandte den Blick ab.
    »Ich möchte nach Hause, Dad«, sagte sie.
    »Lass mich kurz mit Bay reden, dann fahre ich dich.« Der eisige Blick war verschwunden; seine Stimme klang warm und liebevoll. Aber Bay wusste, dass sie sich nicht getäuscht hatte, und beugte sich zu Eliza.
    »Ich kann dich gerne mitnehmen. Ich wollte ohnehin gleich nach Hause fahren …«
    »Du wohnst in Hubbard’s Point«, sagte Dan, als Eliza vielsagend schwieg.
    »Ja – das weißt du?« Ihr Herz klopfte, als sie die Bestätigung erhielt, dass Sean tatsächlich hier gewesen war.
    Er nickte. »Existiert die hölzerne Strandpromenade noch?«
    »Erzähl mir nicht, du wärst nie mit deiner Frau und Eliza am Strand gewesen! Um ihnen zu zeigen, was du gebaut hast! Ein Hurricane hat die alte Fußgängerbrücke weggefegt, aber wir

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