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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Holzbooten angesammelt, die von dem Firmeninhaber Dan Connolly gebaut oder repariert wurden. Das Firmenkapital kam von einer stillen Teilhaberin, Charlotte Day Connolly.
    Über einen alten Schiffsrumpf gebeugt, löste Dan einen Teil des Furnierholzes, um zu sehen, was sich darunter verbarg. Das war eine Arbeit, die Fingerspitzengefühl erforderte, aber er musste feststellen, ob die ursprünglichen Planken so weit abgeschliffen waren, dass sich die Bodenverkleidung auf gleicher Höhe mit dem Ballast befand.
    »Scheiße«, fluchte er, als das Furnierholz in seiner Hand abbrach.
    »Wie nett, Dad«, ertönte eine Stimme von oben.
    »Du solltest wirklich öfter an die frische Luft gehen«, sagte Dan.
    »Willst du mich loswerden?«
    »So ungefähr.«
    »Man soll Schiffe nicht verfluchen.«
    »Würde mir nicht im Traum einfallen. Ich habe mich selbst verflucht.«
    »Klar.«
    »Ehrlich.« Dan spähte über seine Schulter in die undurchdringliche Dunkelheit. Alles, was er ausmachen konnte, waren Schatten, Balken und zwei schneeweiße, baumelnde Beine. »Wie bist du dort raufgekommen?«
    »Ich bin geflogen.«
    »Quatsch. Also, wie bist du raufgekommen?«
    »Ich habe mich auf den Rücken eines Seeadlers geschwungen und gesagt: ›Ich bin Eliza Day, bring mich zum Bootshaus.‹ Und der Seeadler gehorchte und flog quer über den Hafen …«
    »Du bist wieder als blinder Passagier in meinem Truck mitgefahren, stimmt’s?« Dan richtete sich kerzengerade auf, dann schlug er mit voller Wucht auf den nun ramponierten Rumpf. »Du hast dich unter der Persenning versteckt und dich von mir über den Highway kutschieren lassen; die hintere Klappe ist seit Anfang des Sommers kaputt, und du hättest runterfallen können, verdammt noch mal, mitten auf die Straße, und das bei dem Verkehr, Herrgott –«
    »Du sollst den Namen Gottes nicht verunglimpfen«, kam abermals die Stimme, dieses Mal mit einem gefährlichen Unterton.
    »Und du sollst deinem Vater nicht vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat«, erwiderte Dan mit erhobener Stimme und ging zur Leiter, die zum Dachboden führte. »Zuerst darf ich in meinem eigenen Laden nicht fluchen, und jetzt willst du mir auch noch verbieten, den Namen –«
    »Gottes zu verunglimpfen«, ergänzte sie salbungsvoll.
    »Runter da, auf der Stelle«, sagte er, die gebräunten Hände auf der rauen Leiter. »Wehe, wenn ich dich holen muss.«
    »Und? Was ist dann? Was ist dann? Willst du mir eine Tracht Prügel verabreichen? Dein eigen Fleisch und Blut schlagen? Ich glaube, ich sollte um Hilfe rufen. Mr.Crawford wird mich hören und retten. Vielleicht nehmen sie mich dir ja weg. Du hast keine Ahnung, wie man für ein mutterloses Kind sorgt.«
    »Eliza, halt den Mund.«
    »Und JETZT verbietest du mir auch noch den Mund.« Ihre Stimme wurde schrill. Waren die Tränen echt? Dan hatte keine Ahnung. Er war mit seinem Latein am Ende, wusste nicht mehr, wie er sie bändigen sollte – ein Klischee, aber zutreffend. Er dachte an Schiffe, die an die Leine gelegt wurden – bei einem Hurricane, einem steifen Wind aus Nordost, bei Springflut und Ebbe –, Schiffe, die sich aufbäumten und sich ihrer Fesseln zu entledigen suchten.
    »Ich habe es nicht so gemeint«, sagte er langsam, bedächtig.
    »Welchen Teil? Dass ich den Mund halten soll? Oder, dass du mich sonst verprügelst?«
    »Eliza, das habe ich nie getan, und das weißt du. Ich habe lediglich gemeint, lass es nicht so weit kommen, dass ich raufklettern und dich herunterholen muss. Dazu ist es zu heiß, klar? Mach deinem alten Dad das Leben nicht so schwer. Komm runter, dann spendiere ich dir einen Burger bei Dutch.«
    »Dutch ist eine Bar.«
    »Na und?« Dan sehnte sich nach einem Bier. Zu Charlies Lebzeiten hatte er niemals am Tag getrunken, und auch jetzt kam es selten vor, aber der Wunsch, auszubrechen, war stark. Auszubrechen aus den Fängen von Wut und Kummer, die er fast immer empfand, und der Scham, die er begraben wollte, und es gab nichts Besseres als ein Besuch in Dutch’s Tavern, um richtig abzuschalten.
    »Mom würde nicht wollen, dass du mich in einen
Saloon
mitschleppst.«
    »Mom mochte Peter und Martha sehr gerne, und deshalb hätte sie es vermutlich durchgehen lassen.« Dan dachte an die Besitzer des Dutch’s. Die Bar war ein klassisches New-London-Produkt, winzig klein, versteckt in einer Seitenstraße gelegen, in einem alten Gebäude mit Zinndach und zerkratzten Holztischen, an denen angeblich schon Eugene O’Neill gesessen

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