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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Annie mit einem beklommenen Lächeln, als versuchte sie, ihre Gedanken zu lesen.
    »Was ist passiert, Mom?«
    »Annie …« Ihre Mutter bemühte sich immer noch um ein Lächeln, während sie den Arm um Annies Schultern legte und sie ins Haus lotste. Annies Herz begann zu hämmern. Sie war in großer Sorge um ihren Vater gewesen – hatte ihre Mutter etwas Neues über ihn in Erfahrung gebracht? Darum ging es vermutlich nicht. Denn dann würde sie nicht lächeln. Und wenn es gute Neuigkeiten wären, würde sie sicher vor Freude einen Luftsprung machen.
    »Sag schon, Mom. Was ist los?«
    »Setz dich, Annie«, erwiderte ihre Mutter ruhig und legte die Hand auf Annies Arm. »Ich muss mit dir reden. Wo sind die anderen?«
    Oh weh,
dachte Annie. Das verhieß nichts Gutes. Es war nie etwas Gutes dabei herausgekommen, wenn ihre Eltern sie absondern, sie von der Herde trennen wollten. Das war sogar ein sehr, sehr schlechtes Zeichen. Sie fühlte sich sicherer in der Menge – war der Überzeugung, dass Hiobsbotschaften, wenn sie der ganzen Familie mitgeteilt wurden, leichter zu verkraften waren. Ein Gespräch unter vier Augen ließ auf Probleme schließen.
    »Sie spielen Baseball«, erwiderte Annie zögernd und schlich zur Tür. »Vielleicht möchten sie, dass ich mitmache … ich sollte …«
    »Annie«, sagte ihre Mutter lächelnd. »Wir beide müssen uns nichts vormachen …«
    Annie zuckte mit den Schultern und lächelte; sie wusste, dass sich ihre Mutter mit ihr auf der gleichen Wellenlänge befand, was den Sport betraf, insbesondere Sportarten, bei denen ein Ball beteiligt war. Ihr Vater hatte sie dagegen immer gedrängt, jede Chance zu nutzen, in einer Mannschaft mitzuspielen, und ihr Geschichten über seine eigenen Ruhmestaten während der Schulzeit erzählt.
    Die Miene ihrer Mutter war ernst, ihre blauen Augen waren besorgt und liebevoll auf Annie gerichtet. »Schatz, ich muss dir etwas sagen, und etwas zeigen …«
    »Zeigen?« Annies Stimme klang zittrig und schwach.
    Ihre Mutter nickte, und Annie nahm an der Frühstückstheke Platz. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, wie ein Bataillon Soldaten, das im Stechschritt marschierte. Die Tüte stand auf der Frühstückstheke, direkt vor ihrer Mutter, und plötzlich bekam Annie Angst.
    »Was ist da drin, Mom?«
    »Annie, Liebes …«
    »Zeig es mir, Mom.« Annie hatte das Gefühl, als würde sich ihre Haut wie ein Reißverschluss öffnen, so dass sie auf und davon fliegen konnte, wie ein Geist. Sie nahm ihrer Mutter die Tüte aus der Hand und begann, das Papier zu entfernen. Schon auf halbem Weg sah sie, was sich darin verbarg. »Mein Boot!«
    »Annie, ich weiß, du dachtest, dein Vater würde es überallhin mitnehmen …«
    »Ich habe es für ihn gemacht!« Annie weinte und wiegte das kleine grüne Boot in den Armen, hin und her, wie ein Baby, das Liebe und Trost brauchte. »Für Daddy. Er hat gesagt, dass es ihn auf Schritt und Tritt begleiten soll – es hat ihm immer Gesellschaft geleistet. Es war sein Ein und Alles!«
    »Ach Annie.« Ihre Mutter eilte zu ihr, um sie in die Arme zu nehmen. »Ich wusste, dass du dich aufregen würdest. Ich hätte es dir nicht gezeigt, aber dein Vater hat es aus gutem Grund zurückgelassen. Aus einem liebevollen Grund.«
    »Nein«, schluchzte Annie. »Hat er nicht.«
    »Annie, er wollte ein Ruderboot bauen lassen –«
    »Das war sein Ruderboot. Das Einzige, das für ihn zählte. Ich habe es für ihn gebastelt. Er hätte es niemals zurückgelassen.«
    »Er hat es einem Bootsbauer als Vorlage gegeben und ist sogar hingefahren, um zu überprüfen, ob er sich hundertprozentig daran hält.«
    »Er kommt nie mehr wieder«, sagte Annie schaudernd. Sie fröstelte, als sei eine Kaltfront – die Alberta Clipper – aus Kanada über sie hereingebrochen, die das Blut in ihren Adern und das Mark in ihren Knochen gefrieren ließ.
    »Nein, Annie. Das bedeutet nicht –«
    Das Telefon läutete. Annie nahm verschwommen wahr, wie ihre Mutter den Raum durchquerte und abhob.
    »Hallo?«
    Annie drückte das Boot an sich, erinnerte sich, wie sie es gebastelt hatte. Ihre Mutter hatte ihr geholfen – hatte sie zum Bastelladen gefahren, das Balsaholz mit ihr ausgesucht. Annie hatte jedes Stück liebevoll eingeweicht, es entsprechend den anmutig geschwungenen Linien der klassischen Dory aus dem Bootsmagazin gebogen. Sie hatte kleine Sitzbänke und Dollen für die Ruder angebracht. Die Ruder hatte sie selbst geschnitzt. Als der Leim getrocknet war,

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