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Sommerglück

Sommerglück

Titel: Sommerglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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hatte.

[home]
    7
    Z iemlich hässlich«, sagte Billy, der neben Annie stand. Es war, als spulte sich der Sommer rückwärts statt vorwärts ab: Die volle Blütenpracht schien schon Ende Juni braun zu werden, zu vertrocknen und sich mit welkenden Blumen zu verabschieden, beinahe so, als hätte sie nie existiert. »Früher hatten wir den schönsten Garten weit und breit, jetzt haben wir den grässlichsten.«
    »Das ist nicht Mommys Schuld«, erklärte Peggy. »Sie hat genug damit zu tun, Daddy zu suchen.«
    »Ich hab nie behauptet, es sei Mommys Schuld«, meinte Billy geduldig. »Würdest du bitte mal deine Ohren aufsperren?«
    »Sie sind offen! Was ist los mit dir? Du solltest heute auf mich aufpassen, und ich hätte Little-League-Training gehabt, aber Mommy ist noch nicht zu Hause, und du hast keine Lust, mir die Bälle zuzuwerfen; wie soll ich da üben? Ich hasse dich!«
    »Wenn du ›hassen‹ sagst, meinst du in Wirklichkeit ›lieben‹; du liebst mich also.«
    »Das hättest du wohl gerne.«
    »Veilchen sind blau, und Rosen sind rot; Erde ist doof und Pegeen ein Idiot.«
    »Erde ist nicht doof, sondern intelligent, eine Welt für sich. Deshalb können es die Wurzeln ja kaum erwarten, unter die Erde zu kommen. Und deshalb finden Regenwürmer, dass sie im herrlichsten Palast der Welt leben. Erde ist das Feinste, was es gibt.«
    »Wenn Erde das Feinste ist, was es gibt, haben wir den schönsten Garten am Strand, denn bei uns gibt nichts weiter als Erde und verwelkte Blumen.« Billy nahm Peg den Ball aus der Hand. »Komm, ich spiele dir die Bälle zu. Du kannst üben, auszurutschen und mit dem Gesicht in einem ERDHAUFEN zu landen. Damit du später als Erwachsene einem von diesen bescheuerten Fernsehreportern erzählen kannst, dass du eine schlimme Kindheit hattest. Wenigstens kannst du dann deinem Bruder nicht die Schuld dafür in die Schuhe schieben.«
    »Da finde ich schon einen Weg.« Peg rannte in den Garten hinter dem Haus, wo sie ihren Handschuh und ihr Schlagholz deponiert hatte.
    Das Ganze dauerte nicht länger als dreißig Sekunden, wobei Annie mitten im Geschehen stand, regungslos, als wäre sie gar nicht vorhanden. Als wäre sie eine rundliche Rasen-Skulptur, passend zu den braunen Blumen, und sah zu, wie ihr Bruder und ihre Schwester bei ihren verrückten Schlagübungen hintereinander herrannten, als sei dies eine Art Familientherapie.
    Wenn nur Baseball auch ihr Spaß gemacht hätte, dann wäre sie vielleicht glücklicher gewesen. Sie hatte Billy und Pegeen immer beneidet, die viel schneller über bestimmte Dinge hinwegkamen als sie, wenn sie ihren Frust durch körperliche Betätigung abbauten: Sie taten genau das, was ihr Vater ihr immer geraten hatte.
    »Du wärst glücklicher und gesünder, Annie-Bär, und deine Probleme wären verschwunden, wenn du mehr Sport treiben würdest«, hatte er immer gesagt. Doch mit »gesünder« hatte er natürlich schlanker gemeint, aber dieser Zug war abgefahren, zumindest für diesen Sommer.
    Sie blickte über die Marsch, zu Taras kleinem weißen Haus und dem blühenden Garten hinüber, dessen Farben wie Juwelen leuchteten.
    Blassrosa Fingerhut wogte im Wind, azurblaue Prunkwinden kletterten an den Rankgittern empor. Vielleicht konnte sie ja dazu beitragen, den Garten ihrer Mutter wieder herzurichten …
    Genau in dem Moment, als sie sich niederkauerte, bemüht, die Blumen vom Unkraut zu unterscheiden, bog der Wagen ihrer Mutter in die Auffahrt ein. Annie winkte ihr zu. Ihre Mutter war hübsch und schlank; sie trug Kakishorts und eine verblichene blaue Hemdbluse, ihre Arme und Beine waren gebräunt und voller Sommersprossen.
    »Hallo, Schatz.« Ihre Mutter kam näher. Sie hielt eine Papiertüte an sich gepresst, als befände sich etwas Kostbares darin.
    »Hallo, Mom. Wo warst du?«
    »Ich musste einige Besorgungen machen. Würdest du bitte eine Minute mit ins Haus kommen?«
    Annie nickte, dann streifte sie mit der Hand über die trockenen Blätter. »Der arme Garten. Ich glaube, er braucht eine helfende Hand.«
    »Ich weiß, Annie. Ich habe mich in den letzten Wochen kaum um ihn gekümmert. Tut mir leid.«
    »Du musst dich nicht entschuldigen.« Annie gab ihrer Mutter einen Kuss und umarmte sie, dann trat sie einen Schritt zurück. »So war das nicht gemeint.«
    Ihre Mutter holte tief Luft, versuchte zu lächeln. Die Sonne schien durch das Küchenfenster, verwandelte ihr Haar in eine Kupfermähne.
    »Ach Schatz.« Ihre Mutter strich ihr über das Haar. Sie musterte

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